Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immortal 3 - Schwarze Glut

Immortal 3 - Schwarze Glut

Titel: Immortal 3 - Schwarze Glut
Autoren: Joy Nash
Vom Netzwerk:
entlang des Rinnsteins. Der Himmel über ihr war beinahe schwarz.
    Und Christine liebte es.
    Regen tränkte ihren Pullover, wurde von ihrer Jeans aufgesogen und lief ihr in die Stiefel. Genüsslich breitete sie die Arme aus und versuchte, möglichst viel von dem wohligen Nass einzufangen. Was kümmerten sie die merkwürdigen Blicke der Passanten, die mit aufgespannten Regenschirmen an ihr vorbeihuschten? Sie hatten monatelang zu viel Regen abbekommen, während Christine im dürregeplagten Italien geröstet worden war. Für die Briten war Regen ein Fluch, für Christine indessen ein Segen.
    Sie hob das Gesicht gen Himmel. Wundervolle Regentropfen fielen ihr auf die Stirn und die Wangen, kitzelten sie am Kinn und rannen in den Kragen ihres Pullovers. Christine konnte gar nicht anders, als zu lachen.
    Die meisten Hexen wählten sich unter den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde eines aus, das ihnen besonders nahe war, und Wasser war Christines Element. Wassermagie war Lebensmagie, die um sie herum, in sie hinein- und durch sie hindurchfloss. Selbst im düsteren Grau der leidenden Stadt und nach all dem Misstrauen und der Angst, die ihr auf der Reise begegnet waren, fühlte Christine nun, dass alles wieder gut werden könnte. Solange es Leben gab, gab es Magie – und Hoffnung.
    Ein Obdachloser, der unter dem Dachvorsprung des Bahnhofs kauerte, konnte ihre Freude offenbar nicht teilen. Er raunte etwas von Vollidioten und Scheißirren, bevor er sich noch tiefer in seinen Karton verkroch. Die Bahnhofstür schwang auf, und eine Handvoll mürrischer Leute kam heraus. Sie eilten in verschiedene Richtungen davon. Christine seufzte. Sie müsste sich nach einem Zug nach Glasgow oder Edinburgh erkundigen, aber jetzt noch nicht. Zuerst drehte sie sich wieder in den Wind und schloss die Augen, um sich ganz den Regentropfen hinzugeben, die ihr ins Gesicht prasselten.
    Kaum eine Minute später hörte der Regen auf. Jemand oder etwas musste sich direkt vor sie gestellt haben und sie so vom Regen abschirmen.
    Verwundert öffnete sie die Augen.
    Und lüpfte die Brauen. Vor ihr stand ein Junge, der verhalten lächelte. Er konnte nicht älter als sechzehn oder siebzehn sein. Wie Christine trug auch er keinen Regenmantel, hatte allerdings den Kragen seiner schwarzen Lederjacke nach oben geklappt – was wohl kaum viel nützen durfte. Er war genauso durchnässt wie sie, und es schien ihm ebenfalls nichts auszumachen. Das wiederum war interessant.
    Der Junge war groß und schlaksig, hatte dichtes blondes Haar, eine blassblaue Tätowierung auf der linken Wange und meergrüne Augen, die amüsiert wirkten. Drei kleine Silberringe baumelten an seinem linken Ohrläppchen. Über seiner einen Schulter hing ein Rucksack, über der anderen ein Gitarrenkoffer. Weiße Ohrhörerkabel schlängelten sich an seinem Hals hinunter und verschwanden in seinem Kragen.
    Er war einfach zu süß!
    Lächelnd sagte er: »Du hast es wohl gern ein bisschen nass, was?«
    Christine blinzelte. Der Junge hatte einen schottischen Akzent. Solche gedehnten Vokale hatte sie seit dem Tod ihrer Großmutter nicht mehr gehört. Und seine Frage war fast ein Rufen, was entweder an dem Regenprasseln oder an seinen Ohrstöpseln liegen konnte.
    »Ja«, antwortete sie ebenfalls lächelnd. Beide machten keinerlei Anstalten, dem Guss zu entkommen. »Es ist herrlich.«
    Er kräuselte die Stirn. »Wie bitte? Du musst lauter sprechen.«
    Kichernd zeigte Christine auf ihr Ohr. Zunächst sah er sie verständnislos an, aber dann grinste er und nahm seine Ohrstöpsel heraus. Nun hingen sie über seinem Kragen, und die Musik drang in einer unglaublichen Lautstärke aus den winzigen Dingern. Erfreut stellte Christine fest, dass er ihren Lieblingsmusiker hörte.
    »Magst du Manannán?«, fragte sie ihn.
    Er beäugte sie prüfend. »Du denn?«
    »Ich bin sein größter Fan!«
    »Ja, er ist nicht schlecht.«
    »Ich würde sagen, er ist nicht nur nicht schlecht. Der Mann ist ein Genie!«
    Der Junge stieß einen verächtlichen Laut aus. »Na, so weit würde ich nicht gehen.« Er musterte sie von oben bis unten. »Also: Du magst Regen?«
    Sie lachte. »Ja, und du offensichtlich auch.«
    Er antwortete mit einem charmanten Grinsen. »Jap, auf jeden Fall stört er mich nicht.« Er überlegte kurz. »Übrigens, ich bin Mac.«
    »Christine.«
    Für einen Sekundenbruchteil schien zwischen ihnen ein instinktives Einverständnis zu herrschen, und Christine bemerkte, wie seine grünen Augen einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher