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Imagon

Imagon

Titel: Imagon
Autoren: Michael Marrak
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digital in die Aufnahmen hineinretuschiert.«
    »Hineinre…?!« Ich sah erst ihn, dann Broberg entgeistert an. »Soll das heißen …?«
    Broberg legte mir mahnend eine Hand auf den Unterarm. Ich verschluckte den Rest meiner Frage, während Mertens geduldig seine Kaffeetasse auf dem Tisch im Kreis drehte. Niemand im Raum außer mir schien ernsthaft überrascht zu sein.
    »Es waren Fälschungen, Dr. Silis, richtig. Ebenso die Angaben über das Einschlagsgebiet. Zu einem Großteil auch jene über den Stand der Nachforschungen von Professor DeFries und seiner Mannschaft.«
    »Auf wessen Anweisung?«
    »Auf Professor Brobergs, Oberst Richards und meine, als ausführende Instanz, Dr. Silis. In Übereinkunft mit Dr. Chapmann, dem AMES-Institut und der Moskauer Akademie der Wissenschaften. Professor …«
    Broberg öffnete eine neue, durch mehrere Passwörter geschützte Datei. Alle Markierungen verschwanden daraufhin vom Bildschirm.
    »Der Großteil der nun folgenden Aufnahmen wurde uns von Dr. Jorgensen via Satellit übermittelt«, erklärte Mertens. »Wie schon erwähnt, hatten wir ihn heute persönlich erwartet, um das Material zu kommentieren und über den aktuellen Stand der Untersuchungen zu berichten.« Militärisch korrektes Räuspern. Sein ›leider‹ und ›aber‹ vollzog sich im Geiste. »Der tatsächliche Verlauf der Dinge verhält sich wie folgt: Vor knapp zehn Wochen registrierten die Helicorder einer für die Größe des Objekts verhältnismäßig geringen Anzahl von Erdbebenwarten in Island, Kanada, Grönland, Sibirien und Spitzbergen ein seismologisches Ereignis. Es handelte sich um einen Erdstoß der Stärke 3,8 RS in der Region König Christian Land, zweihundertzwanzig Meilen nordwestlich von Scoresbysund im Landesinneren Grönlands. Das Epizentrum lag in unmittelbarer Nähe des Alvermanns Bjerg und ist hier auf der Karte nun als roter Punkt markiert.
    Die Tatsache dieser Erschütterung war bemerkenswert, denn es gibt auf der gesamten Insel kaum Vulkanismus oder tektonische Verwerfungen, die durch ihre Aktivität ein Beben dieser Stärke rechtfertigen, und so vermutete man anfangs den Einsturz eines riesigen unterirdischen Hohlraumes. Da das Karstvorkommen auf Grönland jedoch sehr unbedeutend ist und Felshöhlen, die einen solchen Einsturz verursachen könnten, nicht existieren, wurde diese Theorie von einer deutlich extremeren Hypothese abgelöst.
    Amerikanische, europäische und russische Satelliten hatten im Augenblick des Erdstoßes einen intensiven Lichtblitz über Ostgrönland aufgezeichnet, dessen Koordinaten sich mit denen des Epizentrums deckten.«
    Ein Satellitenbild mit einer deutlich sichtbaren Lichterscheinung ersetzte die Landkarte.
    »Russland vermutete anhand seines Bildmaterials und der Auswertung seiner Daten einen oberirdischen Atomtest und warf den Vereinigten Staaten einen Bruch der Genfer Konvention und des Moskauer Drei-Mächte-Abkommens vor. Die USA dementierten dies energisch und äußerten – angesichts des desolaten Zustands der russischen Atomdepots – ihrerseits die Vermutung, dass eine absichtlich oder unabsichtlich ›auf der Strecke gebliebene‹ Topol-M auf ihrer ›Reise‹ in die Vereinigten Staaten über Ostgrönland schlappgemacht habe. Die Russen versicherten empört, alle Zielcodes gegen westliche Staaten gemäß ihrem Versprechen auf dem Pariser NATO-Gipfel deaktiviert zu haben. Ein solches ›Versehen‹ habe somit überhaupt nicht stattfinden können. Als nach längeren internen Untersuchungen und diplomatischen Spannungen die Befürchtungen einer Nuklearexplosion ausgeräumt werden konnten, entwickelte sich die weitaus vernünftigere Theorie eines Kometen- oder Meteoriteneinschlags. Ein erster Beleg für diese Theorie war das Satellitenbild eines unmittelbar an der Südflanke des Mount Breva liegenden Einschlagskraters.«
    Eine Satellitenaufnahme erschien auf dem Monitor. Sie zeigte rechts eine von Fjorden zerklüftete Küste, in der sich gewaltige Gletscher zum Meer schoben, und ein Gebirgsmassiv, das nach Osten in eine geschlossene Eisdecke überging. Die linke Bildschirmhälfte war fast vollständig weiß und konturlos. In der Übergangsregion vom Gebirge zum Inlandeis befand sich jedoch eine geometrische Form, die in diesem Terrain keinerlei Existenzberechtigung besaß, aber unzweifelhaft vorhanden war; eine gewaltige, fast kreisrunde Mulde, die nur im Norden von einem Bergmassiv angeschnitten wurde. Auf dem Bildschirm war die Senke nicht sonderlich
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