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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts
Autoren: Katarina Fischer
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vor. Die Systemoptimierung war in vollem Gang, und auch wenn wir vielleicht noch auf einer Welle der Anfangseuphorie schwammen, die ganz natürlich irgendwann an Kraft verlieren würde, war ich guter Hoffnung. Denn das Wichtigste war: Ich spürte, dass ich mich mit dem richtigen Menschen am richtigen Platz befand.
    Apropos. »Nehmt Platz!« Mit einer weit ausholenden Armbewegung lud ich die Heimkehrer an den Tisch ein und beobachtete hocherfreut, wie liebevoll Hannes und Lucy miteinander umgingen. Sie saßen nebeneinander auf der Bank, ihre Hand ruhte auf dem Tisch und seine auf ihrer, und es verging keine Minute, in der sie sich nicht verliebt anlächelten. Ja, das war eine sehr zuckrige Angelegenheit, diese ganze Double-Date-Harmonie-Kiste, aber nach der Zeit der zwischenmenschlichen Katastrophen auf dem Weg nach Portugal, wollte ich nichts anderes sehen als Menschen, die zueinander gefunden hatten. Glücksporno, quasi.
    Ich drehte eine kleine Portion Spaghetti auf meine Gabel und führte sie zum Mund. »Und? Wie waren die letzten Tage in Lagos? Habt ihr Betty und Marco getroffen?«
    »Wir haben gar nicht so viel Zeit mit den anderen verbracht, um ehrlich zu sein.« Hannes schenkte Richard ein vielsagendes Grinsen unter Männern, woraufhin ihn Lucy in die Seite knuffte und ergänzte: »Wir hatten viel zu besprechen.«
    »Versteh ich.«
    »Außerdem, na ja …«, ihre Miene verdüsterte sich, »ich wollte Ramon aus dem Weg gehen.«
    Hannes studierte intensiv die Reste auf seinem Teller. Richard räusperte sich. »Aber der war ja eh nicht mehr so lang in der Stadt«, fuhr Lucy betont heiter fort. »Zwei Tage oder so, dann mussten die weiter.«
    »Wer, die?«, fragte Richard.
    Lucy sah ihn überrascht an. »Die Gentle Men?«
    »Hä?«
    »Ach, davon hab ich dir noch gar nicht erzählt«, erklärte ich, verzichtete aber auf eine weitere Ausführung. »Und wie war das für Marco?«, fragte ich stattdessen.
    »Oh, der ist mitgefahren. Leider.« Hannes nahm einen Schluck Wein. »Ich mochte ihn. Hatte einen exzellenten Musikgeschmack.« Es war von vorne herein klar gewesen, dass die beiden sich zumindest auf dieser Ebene gut verstehen würden.
    Lucy lächelte stolz. »Ich hab ihm zum Abschied das Einhorn-Bild geschenkt. Das mochte er doch so gern.«
    »Ich bin mir sicher, da hat er sich sehr gefreut.« Ich räusperte mich und nahm einen Schluck von meinem Wein. »Und Betty?«
    Lucy antwortete. »Alles tippitoppi, sagt sie. Wir sollen dich schön grüßen und dir sagen, dass du kein schlechtes Gewissen haben musst, weil du dich einfach so verpisst hast, du … äh …« Sie zögerte einen Moment und senkte schüchtern den Blick zur Tischplatte. »… fette, hässliche Kuh.« Ich musste lachen. Lucy sah sehr schuldbewusst aus. »Tut mir leid, ich sollte dir das genau so sagen«, beteuerte sie.
    »Schon gut, ich hab das, glaube ich, richtig verstanden.«
    »Dann ist ja gut. Na ja, das Ersatzteil ist auch schon früher gekommen als gedacht«, fuhr sie erleichtert fort. »Der Vater von Ana war gerade dabei, den Bus zu reparieren, als wir Betty gestern bei der Werkstatt abgeholt haben. Wir wollten den Abend alle zusammen in Lagos verbringen, noch mal was trinken gehen und so. Tja, und rate mal, wen wir da getroffen haben.«
    Ich ging im Kopf all die Menschen durch, die wir kannten und die sich möglicherweise in Lagos aufhalten konnten. »Ich hoffe, nicht Felix.«
    »Nee, den nicht. Gott sei Dank.«
    Ja, Gott sei Dank.
    »Aber fast so schlimm«, schaltete sich Hannes ein, und langsam hatte ich so eine Ahnung.
    »Na, sag schon.«
    Lucy war fast ein bisschen peinlich berührt. »Karol und Viktor.«
    »Huch!«
    »Ich kam gerade vom Klo, und da standen die beiden an der Bar. Ich bin voll erschrocken und wusste nicht, ob ich jetzt was sagen soll oder weglaufen oder so. Und bevor ich mich entscheiden konnte, hatte Karol mich schon gesehen und kam zu mir. Und dann hat er versucht, mich zu küssen.« Sie versteckte ihr Gesicht hinter einer Hand.
    »Einfach so?«
    »Na ja, erst hat er mich gefragt, warum wir einfach weggefahren sind und dass sie unseren Bus noch gesehen hatten, als sie gerade auf dem Weg zu uns waren, aber da waren wir schon fast raus aus Biarritz. Ich glaube, das war gelogen, ich hab die gar nicht gesehen.« Ich schon, dachte ich. Aber ich sagte nichts. »Dann hab ich gesagt, dass mir das leidtut und dass ich jetzt aber gehen muss. Und plötzlich hält Karol mich fest und will mich küssen. Ich hab gesagt, er soll mich
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