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Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels
Autoren: Stefan Wolf
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lackieren.“
    „Stimmt. Wenn mal ein
Oberschlauer dabei ist und gewinnt, kriegt er echtes Geld.“
    „Und das hier? Selbstgemacht?“
    „Dafür ist es wieder zu gut. Es
ist immerhin ein Druckerzeugnis.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe es
gefunden. Ist ein Witz, aber ich habe es tatsächlich auf dem Bahnhofsklo
gefunden. Ungefähr 10.000 dieser Fleppen lagen in einem Karton. Ich dachte
erst, es wäre Spielgeld für Kinder. Aber dann habe ich ‘s als Startkapital für
meine Wetterei investiert. Und bisher waren keine Klagen. Im Supermarkt kann
ich damit leider nicht bezahlen. Aber meine Zocker sind meistens nervös. Haben
sie gewonnen, schnappen sie die Zehner und nichts wie weg. Tja, so läuft es.“
    Der Kaffee wurde von Vera
serviert. Er duftete phantastisch.
    Fressner musterte seinen Gast.
Die Augen blieben kalt, aber es war nichts Bedrohliches im Blick.
    „Wie alt sind Sie, Voigt?“
    „39.“
    „Beruf?“
    „Früher war ich Kraftfahrer.
Mit allen Führerscheinklassen und abgeschlossenem Erste-Hilfe-Kurs. Musste sein.
Freiwillig hätte ich Mund-zu-Nase-Beatmung an der Gummipuppe nicht geübt. Ich
fasse Fremde nicht gern an, Männer schon gar nicht.“
    „Was treiben Sie jetzt, wenn
Sie nicht zocken?“
    „Dies und das.
Gelegenheitsarbeiten. Ich kriege noch Alu. Arbeitslosenunterstützung ist ja
immer noch besser als Arbeit. Aber wahrscheinlich muss ich jetzt einen Job als
Aushilfsfahrer annehmen.“
    Den Teufel werde ich, dachte
Egon. Aber er hütete sich, seinen geplanten Coup zu erwähnen. Diesen
Wahnsinns-Coup, der ihm eine satte Million einbringen würde. Nein, dazu wollte
er keinen Mitwisser und keinen Teilhaber.
    „Ich könnte noch einen wie Sie
gebrauchen“, Fressner nippte an seinem Kaffee. „Ist der nicht super! Also?
Interessiert?“
    „Was brauchen Sie? Einen
Fahrer?“
    „Nein! Ich brauche jemanden,
der was vom Zocken versteht und die Übersicht behält. Sie können das. Habe ich
gesehen. Ob einer oder ob zehn um Sie rumstehen — Sie wissen genau, auf den
wievielten Wagen wer gesetzt hat und wie hoch und was.“
    Egon grinste. „Mein Kurzzeitgedächtnis
ist wie ein Computer. Was betreiben Sie? ‘ne Spielhölle?“
    „Könnte man sagen. Aber eine
besondere.“ Fressner schlürfte seinen Mohrentrank. Es klang prollomäßig. „Aber
eine besondere. Denn meine Kunden wetten auf den... Tod.“

4. Birnenlikör
     
    Irene, die nette Serviererin,
machte Anstalten, sich in Tims Arme sinken zu lassen. Aber er hielt sie an den
Schultern, hilfsbereit stützend, und blieb auf Distanz. Tuchfühlung war nicht
angesagt. Das hätte er nur bei Gaby gemacht.
    „Nein, Tim“, beantwortete Irene
seine Frage, „ich kenne den Mistkerl nicht. Keine Ahnung. Nie vorher gesehen.
Ich ging hier spazieren. Auch unsereins braucht mal frische Luft. Im Café wird
ja immer noch geraucht. Und besonders die Stammgäste — die Berufs-Rumsitzer —
die schnorcheln schwere Zigarren, seit die Zigaretten immer mehr out sind. Du
kennst ja die Luft. Aber ihr seid nur kurzzeitig da. Ich reiße zehn Stunden
runter und abends ist mein Hals wie wund. Ja, was wollte ich noch sagen...?“
    „Du gingst hier spazieren.
Und?“
    „Ich hörte Schritte hinter mir.
Dann wurde ich gepackt. Er wollte meine Tasche. Vermute ich mal.“
    „Und?“
    „Ich habe mich gewehrt. Aber..
    Sie hielt inne. Beide hörten:
An der Straße wurde eine schwere Maschine gestartet. Das Donnern zerspellte die
Vormittagsstille und die frostklare Luft. Der Halby putzte die Platte. Sehen
konnten sie ihn allerdings nicht. Zur Straße hin verstellten Bäume die Sicht.
    „Aber er hat mich geschlagen
und zu Boden geworfen.“ Irene schluchzte. Die Erinnerung war noch zu frisch.
„Dann bist du gekommen. Nein, Oskar zuerst. Ach ja, meine Tasche habe ich
festgehalten. An die habe ich mich geklammert.“
    „Der Typ war leider bewaffnet.
Deshalb konnte ich nichts machen.“
    „Du hast mir geholfen. Wofür
entschuldigst du dich?“
    Sie lächelte unter Tränen,
holte ein Taschentuch hervor und säuberte ihr Gesicht.
    Zum Arzt wollte sie nicht. Ein
Pflaster genüge.
    Tim begann zu frieren. Er war
durchgeschwitzt und musste unter die Dusche. Es war nicht mehr weit bis zur Sauerlichschen
Prachtvilla. Er nahm Irene mit. Sie war mit dem Bus gekommen und wollte mit ihm
auch zurückfahren. Denn hier, im Nobelviertel, wohnte sie natürlich nicht. Da
waren die Mietpreise vor.
    Die Jaguar-Limousine, die den
Sauerlichs gehört, stand nicht mehr vor der
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