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Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels
Autoren: Stefan Wolf
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bist!“,
drohte der Halby.

    Er bewegte sich rückwärts. Die
Pistole war auf Tim gerichtet. Zwei Dutzend Schritte wurden zurückgelegt, dann
warf sich der Kerl herum. Er rannte zur Straße, behielt die Waffe in der Hand
und sah sich mehrfach um.
    Keine Verfolgung!, beschloss
Tim. Die Frau braucht Hilfe.
    Im selben Moment richtete sich
die Blondine auf. Und Tim erkannte Irene May. Sie war Serviererin im Café ,Am
Opernplatz 1 und beliebt bei der schulpflichtigen Jugend — besonders
bei den Jungs aus der Internatsschule. Denn Irene stundete schon mal eine
Zeche, ließ sich anpumpen bis zum nächsten Taschengeld-Termin und von ihren
Stammgästen duzen.
    Sie war Mitte Zwanzig und hatte
blaue Kulleraugen im hübschen Puppengesicht.
    Der linke Mundwinkel blutete.
Die Oberlippe schwoll an.
    „O weh!“, meinte Tim. „Von
hinten sahst du nur verängstigt aus. Aber du bist verletzt. Tut’s sehr weh?
Kannst du aufstehen? Kennst du den Kerl?“
    An den Armen zog er sie hoch. Die
junge Frau zitterte. Aber sie konnte stehen, ihr Kreislauf spielte mit. Das
Zittern ließ nach und Tim überlegte, ob er hier nicht doch abkömmlich sei und
den Halby verfolgen könnte.

3. Gefälschte Zehner
     
    Die Kneipe in einer Nebenstraße
der Frömmel Allee hieß ,Zum letzten Schluck’ und hätte ebenso heißen können
,Zum letzten Dreck’.
    Leo Fressner schien sich hier
auszukennen. Er nickte der Frau zu, die hinter der Theke stand und in einer
Zeitschrift blätterte. Keine Gäste. Karierte Deckchen auf den Tischen. Die
dunkle Holztäfelung der Wände war sicherlich aus den Dreißiger Jahren und
seitdem mit keinem Malerpinsel in Berührung gekommen.
    Fressner steuerte einen Tisch
in der hinteren Ecke an. Dort hatte jemand gefrühstückt und die Brotkrümel
lagen noch auf dem Tischtuch.
    Die beiden Männer setzten sich.
Fressner schwieg noch immer. Egon wusste nicht, ob er sich unbehaglich fühlen
sollte oder nur neugierig.
    Die Frau kam. Sie hatte
rotgefärbte Haare, aus denen am Ansatz das Grau herauswuchs. Fressner bestellte
Kaffee und Egon schloss sich an.
    „Der Kaffee ist gut hier“,
sagte Fressner. „Vera nimmt entkalktes Wasser und gibt eine Prise Kakao rein.“
    „Super!“
    Der Kaffee war Egon schnurz.
Ihn interessierte, was dieser Mann von ihm wollte.
    „Ich habe Sie beobachtet, Voigt.
Ich stand in der Einfahrt, wo die rote Backsteinmauer endet. Sie hatten in der
letzten Dreiviertel-Stunde — ich habe mitgezählt — 22 Kunden. Fast alle haben
den Zehner-Einsatz gemacht. 15 haben gewonnen. Nur sieben haben verloren. Sie
haben — ungefähr — 70 Mark eingenommen und 150 ausgezahlt. Wo liegt der
Gewinn?“
    „Es war eine schwache Phase.“
    „Eine sehr schwache.“
    „Sonst läuft es anders.“
    „An anderen Tagen?“
    „An anderen Tagen. Und nachher
— wenn ich weitermache — läuft es auch wieder besser. Da wette ich.“ Egon
lachte, aber dazu musste er sich einen Ruck geben. „Sonst täte ich’s ja nicht.
Sonst wäre ich abgeklunkert, nicht wahr?, stier, schölle, pleite.“
    Fressner nickte.
    Er war ungefähr 40 und hatte
einen Viereck-Schädel, an dem die Knochen vorherrschten. Farblose Augen,
athletische Figur, geschätzte Größe von 185 cm, pelzgefütterter Ledermantel. Im
Mundwinkel blitzte eine Goldkrone.
    Offenbar mochte er Gold, denn
als er nun endlich die Handschuhe auszog, kamen vier Ringe zum Vorschein.
    Er hat Geld, dachte Egon. Aber
er sieht nicht aus, als würde es ihm wirklich gehören.
    „Darf ich mal Ihr Wechselgeld
sehen, Voigt?“
    „Warum?“
    „Nur so zum Spaß.“
    Egon zuckte die Achseln, griff
nach seinem Mantel, der hinter ihm über die Stuhllehne hing, und nahm einen
Zehner aus der rechten Außentasche.
    „Bitte!“
    „Nicht den!“ Fressner grinste.
„Das dicke Zehner-Paket steckt in der linken Tasche.“
    „Hm.“ Egon rührte sich nicht.
    „Also Blüten“, nickte Fressner.
„Ich dachte es mir. Sie zahlen Falschgeld aus und nehmen echtes Geld ein. Ist
zwar nicht die beste Umtauschmethode, aber wenn’s schlecht läuft, können Sie
cool bleiben. Lassen Sie mal sehen!“
    „Sie sind... kein Bulle?“
    „Ich bin kein Bulle.“
    Egon zeigte ihm das
Banknotenbündel. Etwa 200 Zehner, zusammengehalten von einem Gummiband. Alle
Scheine trugen dieselbe Seriennummer.
    Fressner betrachtete einen,
auch die Rückseite.
    „So einen Schund habe ich noch
nie gesehen. Welcher Waschküchenbetrieb hat die hergestellt? Damit können Sie
nur Halbblinde und Matschbirnen
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