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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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zum wilden Kampf gegen den Pomeranzenschnaps ansetzte.
    Der Major schloss die Augen. Es kam ziemlich schlimm. Seine Hände schwitzten, das Herz flimmerte in der Brust, Schweiß trat ihm auf die Stirn. Plötzlich krampfte sich sein Magen zusammen, er musste aus dem Sessel aufspringen und zur Toilette laufen. Er erbrach seinen ganzen Mageninhalt, putzte sich die Zähne, spülte den Mund mit Leitungswasser aus, presste die Hand auf die Herzgegend und trocknete sich die triefenden Augen, die wie blutrote Bälle im Gesicht des leidenden Mannsbildes leuchteten. Zwei Turnübungen, die Arme hoch und runter, eine leichte Verbeugung ... und dann zurück zum Pomeranzenschnaps.
    Den neuerlichen Schluck behielt er bereits bei sich. Der schnelle Herzschlag verlangsamte sich sofort. Kein Schweiß floß mehr in stinkenden Rinnsalen über seinen Körper, so wie zuvor. Major Remes kämmte sich sein störrisches dunkles Haar, nahm noch einen schnellen Schluck und verwahrte die Flasche wieder im Schreibtisch.
    »Dann wollen wir mal.«
    Der Major griff sich einen Stapel Papiere, Karten und Verzeichnisse. Er war Kommandeur eines Bataillons, was normalerweise nicht viel Arbeitsaufwand erforderte. Doch der Stab der Brigade hatte ihn beauftragt, ein großes Manöver in Lappland vorzubereiten. Eine leidige Angelegenheit. An der Übung würden auch die Brigade sowie Truppen aus anderen Einheiten teilnehmen.
    Major Remes war von seinem Bildungsweg her Pionier und Stabsoffizier, doch hier saß er nun, als Kommandeur eines Sandlatscherbataillons an einem abgelegenen Standort. Sein richtiger Platz wäre in einem Pionierbataillon gewesen, in einer Spezialeinheit, oder vielleicht noch besser im Generalstab. Doch aus unerfindlichen Gründen hatte seine Laufbahn hier, an diesem unbedeutenden Schreibtisch, ihr vorläufiges Ende gefunden.
    Zerstreut skizzierte der Major auf der Karte die vorgesehenen Übungsgebiete. Die Konzentrierungsräume, die Angriffsrichtungen und Hinterhalte, die Nachschubwege der Truppen, die Versorgungspunkte. Normale Routine, mit der jeder x-beliebige Leutnant oder Hauptmann genauso gut fertig geworden wäre. Doch der Oberst hatte ihm diese leidige Aufgabe übertragen. Demütigende Büroarbeit, wenn man es recht bedachte. Manchmal hatte er Lust, Oberst Hanninen die Faust ins Gesicht zu donnern.
    Der Major sah auf seine zur Faust geballte Hand. Sie war ein Schlagwerkzeug, das nur allzu leicht zum Einsatz kam. Mit dieser Faust hatten schon viele etwas aufs Maul gekriegt. Es war ein Knochengebilde, das sich automatisch zusammenballte, wenn Remes betrunken war.
    Major Remes befahl den Schreiber in sein Büro. Der Obergefreite nahm nur lasch Haltung an. Remes hätte dem Burschen am liebsten eine Maulschelle verpasst, doch so etwas war in der Armee natürlich nicht erlaubt. Er übergab dem jungen Mann einen schmutzigen Zehner und befahl:
    »Laufen Sie mal zum Soldatenklub rüber, Obergefreiter, und holen Sie zwei Flaschen von einer kohlensäurehaltigen Limonade! Ich habe ein wenig Sodbrennen.«
    »Jawohl, Herr Major, Sie haben ja immer Sodbrennen«, antwortete der Schreiber und machte, dass er wegkam.
    Verdammter Flegel, dachte Major Remes. Warum, zum Teufel, musste ich ihm auch eine Begründung geben? Der Kommandeur darf schließlich während seiner Arbeitszeit Limonade trinken, das ist ja wohl nicht verboten.
    Kurz darauf brachte der Schreiber die Getränke. Der Major schnauzte ihn an, er könne wegtreten. Dann goss er Pomeranzenschnaps in ein Zahnputzglas und verdünnte ihn mit Limonade. Ein wenig Eis wäre nicht schlecht gewesen, doch es ging auch so.
    »Leidlich, wenn auch nicht wirklich gut. Auf jeden Fall wirksam.«
    Das Telefon klingelte. Seine Frau, verflucht.
    »Hör mal, Sulo, wir müssen miteinander reden. Unsere Ehe hat überhaupt keinen Sinn mehr.«
    »Ruf mich nicht hier an, ich habe zu tun.«
    »Ich halte das nicht mehr aus, wirklich, Sulo. Ich bin nicht etwa hysterisch, aber du bist so schrecklich, dass meine Kraft eines Tages erschöpft ist.«
    So war es immer. Seine Frau forderte und klagte. Major Remes hielt sich durchaus für einen einigermaßen verständnisvollen Ehemann, der höchstens seiner Frau hin und wieder eine runterhaute. Auch der Bär züchtigt die Seinen, warum dann nicht ein Major. Außerdem hätte er überhaupt nichts dagegen, wenn seine Frau sich von ihm scheiden lassen wollte. Die Kinder, zwei an der Zahl, waren zum Glück schon erwachsen. Junge Frauen, die eine bereits verheiratet, die andere auf
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