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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual
Autoren: Adam Nevill
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Hässlichkeit, dass man den Anblick kaum ertragen konnte. Die beinahe schon menschlich wirkenden Augen warfen ihm einen durchdringenden Blick zu. Augen, die eigenartigerweise mitfühlend wirkten. Die aber gleichzeitig Hinterlist und Tücke signalisierten. Sie nur kurz anzuschauen, nahm ihm jeden Mut. Aber wenn es sich bewegte, wirkte es eher wie eine zu groß geratene Ziege mit dem Kopf eines hässlichen, uralten Ochsen. Die langen Fangzähne, die aus seinem Maul ragten, hätten besser zu einem anders gearteten Raubtier gepasst. Und aus dem brutalen Schädel ragten schaurig lange Hörner, die einer ganz anderen Wirklichkeit anzugehören schienen. Nun kam das Ding näher. Und er fuhr darauf zu.
    Der Motor jaulte auf, als er im ersten Gang Vollgas gab. Dass er auch in den zweiten schalten konnte, war ihm in diesem Moment nicht mehr bewusst. Er brüllte über das Heulen des Motors hinweg so angestrengt, dass er Blut im Mund schmeckte und seine Sicht sich verzerrte.
    Und dann krachte das Ding durch die Windschutzscheibe.
    Die staksigen Gliedmaßen zerschmetterten das Glas in tausend
winzige Stücke. Das Lenkrad wurde in zwei Teile gespalten. Der obere Teil eines mächtigen, unheimlich breiten Schädels schob sich in den Wagen. Die Glassplitter rieselten über Lukes nackten Körper wie Zuckerkristalle. Er hörte ein Geräusch, als würde jemand einen riesigen Ball durchbohren, und sah, wie rechts und links von seinem Kopf die Hörner zustachen und in das Polster der Rückenlehne eindrangen, direkt neben seinen Schultern. Und dann wurde sein Gesicht gegen das ölig glänzende raue Fell gedrückt, das nach vergammeltem Fleisch und vollgeschissenem Stroh stank. Irgendwas in seinem Gesicht knackte, als würde ein Plastikteil zerdrückt. Es war seine Nase, die sowieso schon gebrochen war.
    Wogen von heißem, brandigem Atem, die rochen wie ein ganzer Schwarm verwesender Fische vermischt mit schwefeligem Schweinemist, breiteten sich in der Fahrerkabine aus. Ihm wurde unglaublich schlecht, und er kotzte auf den riesigen haarigen Schädel. Da begann die Kreatur den Kopf hin und her zu werfen.
    Luke hing in seinem Sitz fest, aber das Auto wackelte, als wäre es an einer Kreuzung von einem heranrasenden Lastwagen aufgespießt worden. Dann hoben sich die Vorderräder vom Boden. Die hintere Wand der Fahrerkabine wurde eingedrückt, und es klang, als würden schwere Steine gegeneinander mahlen, als die Hörner immer tiefer in die Karosserie eindrangen. Das Dach des Wagens knirschte und stöhnte wie ein Schiff im Sturm und knickte ein wie eine Papiertüte. Das Ding war eingeklemmt, und es würde wenn nötig die ganze Welt zerfetzen, um wieder frei zu kommen.
    Seine Schnauze drückte gegen seinen Bauch und seinen Unterleib. Sie war feucht und stank nach verfaulten Weichtieren und bewegte sich hin und her. Das war das Schlimmste überhaupt. Die grauenhafte Nähe dieses Monstrums inmitten der alles einengenden Dunkelheit, während er wie festgenagelt in den
Fahrersitz gepresst wurde. Das Maul bewegte sich schmatzend und eine ekelige Flüssigkeit troff heraus. Es wollte nach etwas schnappen, sich festbeißen, den Gegner zerfetzen oder zerreißen wie ein Stück dünnes Papier.
    Ganz kurz kam er zu sich, instinktiv, vielleicht war es auch nur ein Reflex, ein letztes Aufbäumen, wie das seiner Urahnen, die mit letzter Kraft versucht hatten, den Fängen eines übermächtigen Raubtiers zu entgehen, und diese Kraft der Verzweiflung strömte nun in seine rechte Hand. In die Hand, die das Schweizer Messer hielt.
    Sein rechter Arm war seit dem Moment, als das Ding durch die Windschutzscheibe gedrungen war, blockiert. Aber immerhin konnte er ihn noch beugen. Und er konnte die Zähne zusammenbeißen und laut aufschreien. Und während er schrie wie ein Urmensch in Todesangst, drückte er die schmale Messerklinge in die riesige schwarze, zottelige Kehle.
    Ein ohrenbetäubendes brüllendes Bellen war die Antwort, als sich das hässliche Maul des Monsters mit Blut füllte. Er stürzte nach vorn und hörte ein Geräusch, das klang, als würden zwei Schwerter aufeinanderprallen.
    Und dann war das Ding aus seinem Gesicht verschwunden, seine Brust war wieder frei, die Kreatur war aus der Kabine geflüchtet und von der Kühlerhaube gerutscht. Feuchte, modrige Luft drang durch die zerschmetterte Windschutzscheibe und verscheuchte den grauenhaften Gestank, der an eine Abdeckerei erinnerte.
    Stille.
    Dann ein keuchendes Husten irgendwo dort draußen in der ewigen
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