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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual
Autoren: Adam Nevill
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schlingerte und dabei auf jeder Seite ein Stück weit in den dunklen Wald geriet. Ein Scheinwerfer zerbarst. Die Stoßstangen rissen ab, und er spürte mehr, als dass er es hörte, wie die Räder des Wagens darüberrumpelten und das Metallteil verbogen.
    Er trat auf die Bremse, um das Fahrzeug unter Kontrolle zu bekommen. Der Pick-up schleuderte herum und blieb ruckartig stehen. Und wieder wurde er gegen die Windschutzscheibe geworfen.
    Heftig schnaufend lehnte er sich zurück. Der Wagen stand jetzt schräg auf dem Weg. Vor ihm verengte sich der Tunnel aus Bäumen und überhängenden Ästen immer mehr und verhinderte das Eindringen des Tageslichts.
    Rückwärts. Erster Gang. Rückwärts. Erster Gang … Mehr als zehnmal setzte er vor und zurück, um den Wagen wieder gerade zu stellen, dann hörte er auf zu zählen und fing an, verzweifelt vor sich hin zu wimmern.
    Er überlegte, ob er aussteigen sollte, um sich den Weg mit dem Gewehr frei zu schießen. Aber wahrscheinlich wäre es viel sinnvoller, sich das Ende des Laufs in den Mund zu schieben und abzudrücken. Das würde seiner elenden Lage ein schnelles Ende bereiten. Es gab sowieso kein Entrinnen.
    Er war nichts weiter als ein Bündel Angst mit weit aufgerissenen Augen, nackt und armselig.
    Seine Arme und Beine zitterten, seine Hände und Füße fühlten sich an, als wären sie von Tausenden von Nadeln durchstochen. Schließlich gelang es ihm, sich zu bewegen, und er griff nach dem Messer, das zwischen seinen Schenkeln lag, nachdem es vom Armaturenbrett heruntergerutscht war. Mit dem Messer in der Hand fasste er wieder nach dem Lenkrad. Die Klinge war blutverkrustet. Dass er diese Waffe hier im Wagen hatte, gab ihm ein wenig Kraft, als würde sich ein dünner Draht
in seinen Armen anspannen und sie wieder funktionstüchtig machen.
    Ganz langsam lenkte er den Wagen im ersten Gang auf den Weg zurück, weiter hinein in den dunklen schattigen Tunnel, in jene ewige Dämmerung, in die das Tageslicht niemals eindrang. Schneller zu fahren war überhaupt nicht möglich, er konnte gerade einmal in den zweiten Gang hochschalten. Immerhin war es diesem Ding nicht gelungen, in die Fahrerkabine einzudringen. Dazu war es nicht fähig. Vielleicht. Er redete sich ein, dass es ein Leichtes wäre, ganz einfach weiterzufahren und den Ausgang zu finden, so wie ein verängstigter Autofahrer mit einem Platten es in einem Safari-Park tun würde.
    Minuten vergingen. Wie viele, das konnte er schwerlich schätzen. Aber mit jeder kleineren oder größeren Kurve, die er auf diesem schmalen Pfad inmitten des größten zusammenhängenden Urwalds Europas hinter sich brachte, wuchs in ihm die Gewissheit, dass dieser grauenhafte schwarze Tunnel irgendwo enden würde, und die Hoffnung, dass er entkommen konnte, weil dieses Ding, das hinter ihm herjagte, nicht in der Lage war, die Metallhülle des Wagens zu durchdringen und …
    Er lenkte den Wagen im ersten Gang um eine enge Kurve und erkannte im Licht des verbliebenen Scheinwerfers, dass die Spur vor ihm geradeaus verlief. Der Scheinwerfer beleuchtete außerdem noch dieses Ding mit den ungeheuer langen staksigen Beinen, das sich nun langsam aufrichtete.
    Ein großes schmales Etwas mit struppigen Flanken ragte dort drohend in die Höhe. Seine knochigen Arme wirkten wie die Vorderbeine eines kräftigen Hengstes und hingen von dem langgestreckten Oberkörper herab. Es hatte den gigantischen Kopf hoch erhoben, als wollte es Witterung aufnehmen. Es wartete. Wartete auf ihn.
    Die Umrisse des riesigen, zerfetzt und zerklüftet wirkenden Schädels waren schauderhaft. Nun trat das Ding zurück, um eine
günstige Angriffsposition einzunehmen. Die Muskeln seiner angewinkelten Beine spannten sich zum Sprung. Und kurz flackerten zwei gelblich glotzende Augen auf, als sie sich blitzartig durch das Licht des Scheinwerfers bewegten.
    Auf den ersten Blick wirkte das Ding wie ein enorm großer Mensch. Oder wie ein riesenhafter Affe, ein ungewöhnlich dürrer allerdings, der bereit war, sich auf seine Beute zu stürzen wie eine gigantische Katze. Aber als es sich dann duckte, um sich auf ihn zu werfen, hatte er genug Zeit, das urtümliche, eigentlich unmögliche Wesen genauer zu betrachten, seine perversen Proportionen und seine ekelerregende, widerliche Zotteligkeit. Ihm stockte der Atem bei diesem Anblick, und er hatte das Gefühl jeden Moment vor Angst zu ersticken.
    Der haarige Kopf mit der feucht glänzenden, ochsenartigen Schnauze war von einer derartigen
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