Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
zwanzig Minuten vergingen. Dann sah er, wie ihr schnittiger Sportwagen in der Nähe hielt. Verdammter Mist. Ich beweg mich keinen Millimeter, dachte er, soll sie doch gefälligst zu mir kommen. Die Arme angriffslustig über der Brust verschränkt, blieb er regungslos im Auto sitzen.
Nach einer Minute klopfte Lisel, die in ihrer Lederjacke, Hose und Stiefel äußerst sexy aussah, an das Beifahrerfenster. Sie öffnete die Tür und kletterte ins Auto. Dann kräuselte sie die Nase. »Puh, du stinkst ja wie ein Bär.«
»Das würdest du auch tun, wenn du dich in der Nähe
eines Feuers aufhieltest«, erwiderte er mürrisch. »Du hast ja ziemlich lange gebraucht, hier aufzutauchen.«
»Ich hatte eine Verabredung.«
Sextolle Schlampe. Denk nicht daran, was sie gemacht hat, maßregelte er sich, sonst wirst du nur geil. Er zuckte die Schultern und konzentrierte sich auf das Ende seiner Mission. »Hast du das Geld?«
»Was? Kein Smalltalk, keine Nachbesprechung?« Ihr Ton war sarkastisch. Er war ein Schwein, aber er hatte ihrem Zweck gedient. »Ist es gut gelaufen?«
»Wie am Schnürchen. Tran und Angie waren nicht zu Hause, aber die anderen waren da und schliefen bereits.«
Lisel nickte zufrieden. Sie wollte, sie wäre da gewesen und hätte Carla dabei zusehen können, wie sie in Rauch und Flammen verschmurgelte. Seit sie klein gewesen war, hatte Lisel eine Vorliebe für Feuer und beobachtete gerne, wie die Flammen züngelten und alles verschlangen. Sie liebte auch die Farben, die rotgelbe Glut, die sich kräuselnden Rauchfahnen. »Und du hast dir ein Alibi verschafft?«
Er knurrte sie an, als er den misstrauischen Unterton in ihrer Stimme hörte. »Scheiße, ja. Ich sagte doch, es lief wie am Schnürchen.«
Lisel griff in ihre Tasche und holte einen dicken Umschlag daraus hervor, den sie ihm reichte. »Genau die Summe, die wir abgemacht hatten. Ich werde allerdings nicht warten, bis du es gezählt hast.« Nachdem das erledigt war, fragte sie abschließend: »Wann fährst du ins Hunter Valley?«
»Morgen. Nachdem ich gepackt habe. Mein Kündigungsschreiben liegt auf Lukes Schreibtisch.«
»Man wird dich vermissen.« Sie zollte Menschen nur ungern Anerkennung. »Dennoch, es ist besser, wenn du gehst.« Aus zwei Gründen wollte sie nicht, dass er im Valley blieb. Erstens befürchtete sie, dass er eines Tages gierig
werden könnte und mehr Geld von ihr erpressen würde, und zweitens: Wenn er hierblieb, würde er sie ständig an ihre Tat erinnern. Sie drückte den Türgriff des Autos herunter, um auszusteigen. »Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinem neuen Vorhaben, Josh.«
Er grinste verächtlich. »Klar, danke.«
Es war vorbei. Lisel setzte sich hinter das Steuer des Mercedes und leckte sich genüsslich die Lippen, so als hätte sie gerade eine köstliche Mahlzeit verzehrt. Luke würde nie erfahren, was sie alles unternommen hatte, um seine Zukunft zu sichern. Auch ihr Vater nicht. Sie tastete nach dem Zündschloss, steckte den Schlüssel hinein und startete den Motor. Sie legte den Gang ein. Zwei Jahre der Unsicherheit auf Rhein-Schloss waren vorüber, und das Leben konnte wieder seinen normalen Lauf nehmen. Papa würde über seine Enttäuschung, seine Enkelin und seinen Urenkel verloren zu haben, schnell hinwegkommen und sich wieder darauf konzentrieren, Luke auf die Übernahme von Rhein-Schloss vorzubereiten. Der nächste Punkt auf ihrer Liste war, eine Frau für ihren Neffen zu finden. Es wurde langsam Zeit, dass er eine Familie gründete. Nachdem Carla aus dem Weg geräumt war, konnte sie eine Beziehung zwischen Luke und einer geeigneten Frau organisieren - jemandem, der viel vom Weinbau verstand.
Ja, das würde eine wunderbare Beschäftigung sein.
Das Frühstück in Stenhaus war normalerweise eine ruhige Angelegenheit. Lisel und ihr Vater aßen ihr Müsli mit Fruchtjoghurt, und danach knabberten sie Toast und tranken Kaffee.
Doch heute eilte Greta mit geröteten Wangen ins Zimmer und wandte sich ohne Umschweife an ihren Vater. »Papa, ich habe gerade mit Angie Dupayne telefoniert,
Carlas Winzerin. In Sundown Crossing ist etwas Schreckliches passiert. Gestern Nacht sind sämtliche Gebäude abgebrannt.« Völlig außer Atem, machte sie eine Pause, um Luft zu holen. »Den Weinstöcken ist nichts passiert, aber mit Ausnahme der Weinkellerei liegt alles in Schutt und Asche. Luke ist gerade losgefahren, um sich den Schaden anzusehen.«
Lisel, die an der linken Seite des Tisches saß, von wo aus sie ihren
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