Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Tal der Giganten

Im Tal der Giganten

Titel: Im Tal der Giganten
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
von ihnen entfernt, als daß sie seine Worte hätten verstehen können,
aber sie mußten zumindest seinen Schrei gehört haben,
denn Chris hob die Hand und winkte ihm zu. Die
Bewegung weckte Mike endgültig aus seiner Starre. Er
rannte so schnell los, daß er auf dem spiegelglatten Eis
fast das Gleichgewicht verloren hätte und konnte nur
mühsam und mit wild rudernden Armen bei Chris und
dem Mädchen anhalten. Chris grinste breit darüber,
während Serena ihn nur kühl musterte. »Wie zum Teufel
seid ihr hierhergekommen?« keuchte Mike. »Was tut ihr
hier?«
»Ich habe doch gesagt, daß ich mitkomme«, antwortete
Serena in einem Tonfall, der Mike hätte klarmachen
müssen, wie sinnlos es war, ihr zu widersprechen. Aber er
war viel zu erregt und überrascht, um darauf zu achten.
»Bist du völlig verrückt geworden?« fragte er. »Was
glaubst du, was Trautman dir erzählen wird, wenn wir
wieder zurück sind?«
»Ich kann es mir ungefähr vorstellen«, antwortete Serena. »Das wird ihn vielleicht lehren, mich in Zukunft nicht
mehr wie ein kleines Kind zu behandeln. « »Im
Augenblick jedenfalls benimmst du dich so«, sagte Juan.
Er war etwas vorsichtiger als Mike gelaufen, mittlerweile
aber ebenfalls herangekommen. Sein Gesicht, von dem
unter der Pelzkapuze nur wenig sichtbar war, hatte einen
ärgerlichen Ausdruck. »Was ist eigentlich in dich
gefahren? Wenn du dich selbst umbringen willst, dann ist
das ja vielleicht noch dein Problem. Aber was fällt dir ein,
Chris hierherzubringen?« »Das fragst du ihn am besten
selbst«, antwortete Serena. »Der kleine Gauner hat mich
erpreßt. Ich hatte gar keine andere Wahl, als ihn
mitzunehmen. « »Und wieso, bitte schön?« wollte Juan
wissen. »Hat er dich etwa mit vorgehaltener Waffe
gezwungen?« »Nein - aber er hat herausgefunden, was ich
vorhatte, und gedroht, mich bei Trautman zu verpetzen.
Also mußte ich ihn wohl oder übel mitnehmen. Aber ich
hätte ihn vielleicht unterwegs ersäufen sollen. « Chris
grinste. Offensichtlich entsprach Serenas Schilderung den
Tatsachen, und es schien ihn mit einer geradezu
diebischen Freude zu erfüllen, sich ausgerechnet gegen
Serena durchgesetzt zu haben - ein Kunststück, das vor
ihm nur sehr wenigen an Bord der NAUTILUS gelungen
war. Daß er sich damit selbst in Lebensgefahr gebracht
hatte, schien er noch gar nicht begriffen zu haben.
Als hätte Mike noch nicht genug Überraschungen erlebt,
teilte sich der Nebel in diesem Moment hinter Serena und
Chris erneut, und der Kater trat heraus. In seinem
schwarzen Pelz glitzerten Eiskristalle, und er knurrte
gereizt.
»Astaroth!« sagte Mike. Er wußte im ersten Moment
nicht, ob er über den Anblick des Katers erfreut oder
verärgert sein sollte. »Du auch noch! Also wenigstens von
dir hätte ich ein Fünkchen klaren Menschenverstand
erwartet!«
Wenn ich mit einem Menschenverstand geschlagen
wäre, antwortete der Kater mürrisch, würde ich mich
selbst vor die nächste Dogge werfen.
»Du weißt genau, was ich meine!« antwortete Mike.
»Was, verdammt noch mal, tust du hier?« Das, was meine
Aufgabe ist, antwortete der Kater, plötzlich sehr ernst. Ich
passe auf Serena auf. Darauf konnte Mike nichts mehr
erwidern - Astaroth hatte ja völlig recht. In gewissem
Sinne war der Kater für die Atlanterin, was Singh für ihn
war: ein treuer Freund und Beschützer, der diese Aufgabe
übertragen bekommen hatte und sie erfüllen würde, koste
es, was es wolle.
»Also, wenn ihr euch jetzt alle gebührend entrüstet
habt«, sagte Serena fröhlich, »dann könnt ihr mir ja erzählen, was ihr gefunden habt. Wo ist Singh?« Mike hatte
nicht üble Lust, einfach zu schweigen, zum Boot
zurückzugehen und Serena stehenzulassen. Aber natürlich
hatte sie recht - es war nicht der richtige
Zeitpunkt, um beleidigt zu sein. Trautman würde ihr
schon gehörig den Kopf waschen, wenn sie erst wieder
zurück an Bord der NAUTILUS waren. »Oben auf dem
Eis. Er ist allein vorgegangen, um die Stecke zu sichern
und sich umzusehen. « »Waren im Schiff Überlebende?«
Mike schüttelte den Kopf. »Nein. Aber auch keine Toten.
Sie müssen irgendwo dort oben sein, und ich denke -«
»Mike! Juan? Wo seid ihr?!«
Der Schrei hinderte Mike daran, weiterzureden. Er drang
direkt aus dem Nebel vor ihnen - und es war eindeutig
Trautmans Stimme, die ihre Namen gerufen hatte. Einen
Moment später hörten sie Scharren und Schleifen, und
dann platschten hastige Schritte durch das flache Wasser
auf sie zu. Es verging nur noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher