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Im Sog der Sinnlichkeit

Im Sog der Sinnlichkeit

Titel: Im Sog der Sinnlichkeit
Autoren: Anne Stuart
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bringen. Aber vorher kommen Sie noch eine Weile herein. Benedick ist noch in Kent, und Sie müssen nicht befürchten, ihm zu begegnen.“
    Damit hatte sie wohl recht. Im Übrigen hatte Melisande bereits die Erfahrung gemacht, dass man sich gegen die Countess of Rochdale nur sehr schwer durchsetzen konnte. Zu ihrer Beschämung wollten ihre Beine sie kaum tragen, als sie die Steinstufen hinaufstieg, und sie musste sich von der schwangeren Countess stützen lassen, statt dass umgekehrt sie ihr eine Hilfe war.
    In der Halle übernahm Miranda augenblicklich das Kommando. „Richmond, lassen Sie bitte ein heißes Bad für Lady Carstairs bereiten. Sie ist voll Staub und hat eine sehr anstrengende Nacht hinter sich. Besteht die Möglichkeit, ein paar meiner alten Kleider irgendwo im Haus aufzutreiben? Ich fürchte, Mylady hat unglücklicherweise ihre Kleider verloren.“
    Der schlohweiße Butler verneigte sich, ohne eine Miene zu verziehen, aber Melisande erinnerte sich gut an den gütigen Diener. „Sehr wohl, Mylady. Ich erledige das umgehend. Vielleicht kann ich Sie mit einer Kanne schönem heißem Tee und Schokoladekeksen erfreuen. Viscount Rohan hat seit Ihrem ersten Besuch die Küche angewiesen, stets einen Vorrat davon bereitzuhalten.“
    Melisande sah ihn einen Moment verständnislos an. Und dann endlich, endlich begannen ihre Tränen zu fließen. Die Countess schloss sie liebevoll in die Arme, und der Butler zog sich hastig zurück. „Schon gut, schon gut, mein Kleines“, murmelte Miranda tröstend, und das Ungeborene im Mutterleib bildete das Dritte in diesem heilsamen Bunde. „Sie haben Schreckliches durchgemacht, ich weiß. Aber ein heißes Bad, frische Kleider und starker Tee werden Ihnen gut tun. Und wenn Benedick zurückkommt, sind Sie wieder bei Kräften und haben die Oberhand, und er muss zu Kreuze kriechen. Ich freue mich schon darauf.“
    Melisande brachte ein dünnes Lächeln zustande.
    „Richmond, wo finden wir Lady Carstairs Freundin?“
    „Sie hat sich verabschiedet und ist in den Taubenschlag … das heißt nach Carstairs House gefahren. Sie hat eine Nachricht für Lady Carstairs hinterlassen und sagte, sie würde verstehen.“
    „Seltsam“, meinte Miranda sinnend. „Und Master Brandon?“
    „Er ist gestürzt. Ich weiß leider nicht, wie das passieren konnte. Mrs Cadbury hat ihn gefunden. Der Doktor hat nach ihm gesehen, aber er scheint so weit in Ordnung zu sein. Er schläft viel und ist wohl noch ein wenig verwirrt.“
    Melisande spürte, wie Miranda sich verkrampfte. „Am besten, ich sehe mal nach und setze mich zu ihm“, erklärte sie gefasst. „Und Sie kümmern sich bitte um Lady Carstairs. „Und das verirrte Lämmchen hier muss schleunigst in ein warmes Bett.“ Betsey war bereits wieder auf einem Sessel im Foyer eingeschlafen.
    „Sehr wohl, Madam.“
    „Ich sollte besser nach Hause …“, begann Melisande erneut, doch die Countess wollte nichts davon hören.
    „Schluss damit!“, erklärte sie mit Nachdruck. „Es war auch für mich eine anstrengende Nacht. Und falls Ihnen das entgangen sein sollte, befinde ich mich in anderen Umständen. Tun Sie mir bitte den Gefallen und überlassen Sie sich Richmonds Fürsorge. Er ist eine Seele von Mensch.“
    Melisande gab auf. Natürlich hatte Miranda recht. Das heiße Bad erwies sich als Wohltat, säuberte sie vom Staub des Einsturzes, löste die Spannungen ihrer verkrampften Muskeln und wusch auch die letzten Spuren der fiebernd hastigen Vereinigung in der unheimlichen Felsenhöhle unter Kersley Hall weg. Sie hatte sich vorgenommen, sich schnell zu waschen, frische Kleider anzuziehen und in ihr Haus zurückzukehren, ehe Viscount Rohan auftauchte. Aber sie fühlte sich zu matt und ausgelaugt, zu keiner Bewegung fähig, und blieb in der Badewanne liegen, bis das Wasser abkühlte.
    Die Zofe der Countess half ihr in ein Kleid, das etwas zu eng war. Melisande war größer und weniger zierlich gebaut als Miranda und hatte nie Wert darauf gelegt, ein geschnürtes Korsett zu tragen. Dennoch fühlte sie sich in dem Kleid wesentlich wohler als in der Kutte. Damenschuhe in ihrer Größe waren nicht aufzutreiben, aber das war die geringste ihrer Sorgen. In der Aufregung der sich überstürzenden Ereignisse hatte sie ihren verletzten Fuß völlig vergessen. Doch jetzt, nach den Anstrengungen der letzten vierundzwanzig Stunden, war der Knöchel stark geschwollen und pochte schmerzhaft. Aber sie hatte auch nicht vor, in nächster Zeit längere
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