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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schutzbefohlenen ein und ging.
    Larsen hielt Gull zurück, indem er ihm eine Hand auf den Unterarm legte. »Bleib noch eine Weile sitzen, Franco.«
    Gull: »Warum?«
    Larsen: »Genieß die Luft. Diesen schönen Park. Genieß das Leben.«
    Gull: »Hast du heute keine Patienten mehr?«
    Larsen: »Allerdings.«
    Neunzig Sekunden. Keiner von ihnen sagte etwas.
    Nach hundertneununddreißig Sekunden sagte Sam Diaz: »Ein Mann kommt. Wieder von der Roxbury-Seite.«
    Noch eine Gestalt, ziemlich weit entfernt, durchquerte den Park in westlicher Richtung. Schritt über den Rasen, ging unmittelbar im Norden an dem Spielplatz vorbei und setzte seinen Weg in den Schatten der chinesischen Ulmen fort.
    Diaz richtete die Kamera auf ihn und zoomte ihn heran.
    Ziemlich großer Mann, breitschultrig, gewölbte Brust. Blaues, vom Monitor grünlich verfärbtes Seidenhemd, das er lose über einer Bluejeans hängen hatte.
    Dunkle, glatt nach hinten gekämmte Haare. Grauer Schnurrbart, aber Raymond Degussa hatte sein Unterlippenbärtchen abrasiert.
    Milo sagte: »Ein schlimmer Bursche, Sam, seien Sie auf alles gefasst.«
    Er machte sein Holster auf, zog aber seine Waffe nicht heraus. Dann entriegelte er eine der Hintertüren des Lieferwagens, schlüpfte hinaus und machte die Tür leise wieder zu.
    Ich sah erneut auf den Monitor. Gull und Larsen blieben still. Gull hatte Degussa den Rücken zugewandt, während dieser auf den Picknicktisch zuging. Larsen sah Degussa, gab dies aber nicht zu erkennen.
    Dann drehte sich Franco Gull um und sagte: »Was macht der denn hier?«
    Keine Antwort von Larsen.
    Gull: »Was ist los, Albin - hey, lass meinen Ärmel los, warum hältst du mich fest, lass los, was zum Teufel ist hier los -«
    Degussa ging schnurstracks auf den Tisch zu. Als Gull sich aus Larsens Griff befreite, war er zwei Meter entfernt und griff unter sein Hemd.
    Larsen saß nur da.
    Degussa zog eine kleine Pistole hervor, die wie ein Spielzeug aussah, und richtete sie auf Gull. Vermutlich eine billige 22er, die man nach getaner Arbeit einfach wegwarf - eine neue konnte man sich jederzeit für wenig Geld auf der Straße besorgen.
    Keine zwei Meter von Gull entfernt, ein nettes, sauberes Ziel. Ich dachte an Jack Ruby, wie er Oswald abgeknallt hatte. Wo war Milo?
    Gull duckte sich, schob Larsen zwischen sich und Degussas Waffe und schrie: »Hilfe!«, während er sich ins Gras fallen ließ und wegrollte. Diaz’ Kamera behielt ihn im Bild.
    Degussa ging um Larsen herum, um einen Schuss auf Gull abgeben zu können. Larsen half ihm dabei, indem er sich duckte. Gull hatte versucht aufzustehen, aber er hatte sich verheddert - seine Beine steckten unter der Picknickbank fest, sein Oberkörper war verdreht.
    Er legte die Hände über den Kopf, schuf auf diese Weise einen nutzlosen Schild.
    Degussa lehnte sich über die Bank.
    Zielte.
    Pitsch. Das Geräusch zweier Hände, die einmal klatschten.
    Ein Loch erschien auf Degussas Stirn - ein vom Monitor dunkelbraun getöntes Schwarz, der gleiche Farbton wie die Speziallackierung an Degussas Lincoln. Sein Unterkiefer fiel herunter. Er runzelte die Stirn. Verärgert.
    Er hob den Arm mit der Pistole, versuchte noch immer zu schießen. Ließ ihn wieder sinken. Stürzte mit dem Gesicht voran auf den Tisch. Die 22er flog aus seiner Hand und landete im Dreck. Albin Larsen hechtete danach. Der Mann konnte schnell sein, wenn es sein musste.
    »Oh Mann, ich sollte da draußen sein«, sagte Sam Diaz.
    »Wo ist Milo?«
    »Ich sehe ihn nicht - ich rufe Unterstützung, dann bin ich hier raus, Doc. Sie bleiben drinnen.«
    Er griff nach dem Funkgerät. Ich beobachtete, wie Albin Larsen sich bückte und Degussas Pistole aufhob. Gull hatte seine Beine frei bekommen und trat mit ihnen nach Larsen, verfehlte ihn, sprang auf und rannte los.
    Larsen musterte die Pistole und zielte dann damit auf Gull, wobei er den Rücken der Kamera zuwandte.
    Pitsch. Pitsch. Zweimaliger Beifall. Zwei Löcher entstanden im Rücken von Larsens Sakko, keine drei Zentimeter auseinander, direkt rechts neben der Mittelnaht.
    Diaz sagte: »Gerade ist noch einer zu Boden gegangen, dies ist Code drei plus, mein Freund.«
    Larsen richtete sich auf. Dehnte seinen Nacken, als verspürte er ein plötzliches Stechen. Das Loch in seinem Jackett wurde ein brauner Fleck. Seine rechte Hand griff nach hinten, kratzte an einer juckenden Stelle.
    Er überlegte es sich anders. Drehte sich um und zeigte der Kamera ein Teilprofil.
    Ausdruckslos. Weiterer
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