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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Helene Tursten
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bleich und angespannt. Vermutlich stand er ebenso unter Schock wie alle anderen. Irene zwang sich, ihm aufmunternd zuzulächeln, merkte aber selbst, dass es ein kläglicher Versuch war. Ihr fehlte die Kraft zum Sprechen. Langsam kam ihr Gehör zurück, obwohl sie immer noch ein lautes, irritierendes Rauschen in den Ohren hatte.
    Eine bekannte Stimme drang zu ihr durch:
    »Sie sollten den Beruf wechseln, Frau Huss, der Polizeiberuf scheint nicht bekömmlich zu sein.«
    Der sachliche Dr. Enkvist stand in der Tür des Untersuchungszimmers. Irene wollte ihn gerade bitten, sich zum Teufel zu scheren, da stand der Arzt bereits vor ihr. Sein Gesicht wirkte noch zerfurchter und noch mitgenommener als bei der letzten Begegnung, aber die schmalen Lippen waren zu so etwas wie einem Lächeln verzogen, wie Irene erstaunt feststellte. Meine Güte, der Typ versucht, Witze zu reißen! Der Anlass hätte nicht unpassender sein können, aber Irene hatte nicht die Kraft, ihn darauf hinzuweisen. Stattdessen schloss sie einfach die Augen. Im nächsten Augenblick war sie auf der Liege eingeschlafen.
    »… Prellungen am ganzen Körper, aber keine Frakturen. Wie durch ein Wunder scheint der Kopf unverletzt. Dass sie eingeschlafen ist, beruht auf ihrem Erschöpfungszustand, nicht auf einer erneuten Gehirnerschütterung.«
    Aha, Dr. Enkvist war immer noch da. Irene öffnete die Lider einen Spalt und sah Tommy neben ihrem Bett stehen und sich mit dem Arzt unterhalten. Bett? Doch, sie lag wirklich in einem Bett. Als sie die Augen ganz öffnete, sah sie, dass sie sich nicht mehr im Untersuchungszimmer befand, sondern in einem normalen Patientenzimmer. Na, da muss ich dieses Mal nicht auf einer Pritsche schlafen, dachte sie, schloss die Augen und schlief wieder ein.
    Irene erwachte vom Klappern des Essenswagens auf dem Korridor. Sie hatte seit dem Frühstück nichts zu sich genommen und einen Riesenhunger. Eine junge Krankenschwester öffnete jetzt die Tür und fragte, ob sie etwas essen wolle.
    »Ja, danke. Eine große Portion, egal was. Und ganz viel Wasser. Vielen Dank.«
    Als die Schwester nach einer Weile mit einem Tablett zurückkehrte, fragte Irene:
    »Wie spät ist es?«
    »Kurz vor fünf. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut, so lange ich nicht darüber nachdenke.«
    Denn es waren die Schmerzen gewesen, die sie geweckt hatten. Ihr ganzer Körper war ein einziger pochender Bluterguss. Etwas juckte auf ihrer Wange. Als Irene die Wange betastete, fühlte sie dort eine Kompresse, die von einem großen Pflaster gehalten wurde. Wahrscheinlich hatte sie sich die Wange aufgeschürft, als sie sich mit dem Jungen zu Boden geworfen hatte. Sie konnte sich überhaupt an keine Schmerzen erinnern. Das war wahrscheinlich das Adrenalin gewesen.
    »Wissen Sie, wie es dem kleinen Jungen auf dem Fahrrad ergangen ist?«, fragte Irene.
    »Gut. Er ist unverletzt, steht aber unter Schock«, antwortete die Schwester lächelnd.
    Irene konnte sich vorstellen, wie die Nachricht von dem Bombenanschlag von allen Medien verbreitet wurde. Vermutlich gehörte sie zu den wenigen, die nicht wussten, was nach dem Knall geschehen war.
    »Weiß man, wie viele Tote und Verletzte es gegeben hat?«, fragte sie und begann hungrig zu essen: Gebratene Fleischwurst und Makkaroni in Mehlschwitze.
    Etwas derart himmlisch Leckeres hatte sie schon lange nicht mehr gegessen.
    »Nein. Es heißt nur, dass Leute im Haus waren, aber nicht, wie viele.«
    Mit einem aufmunternden Lächeln verschwand die Schwester aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Eine Stunde später tauchte Tommy auf.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »In Anbetracht der Umstände ganz ordentlich. Ich will nach Hause«, sagte Irene.
    Er sah sie erstaunt an.
    »Wäre es nicht besser, wenn du über Nacht hierbleiben würdest?«
    »Dieses Mal nicht. Ich habe viele Prellungen, bin aber nicht ernsthaft verletzt. Ich will nach Hause in meine Wohnung und in meinem eigenen Bett schlafen«, sagte Irene mit Nachdruck.
    »Okay. Ich rede mit den Schwestern. Dann fahre ich dich nach Hause.«
    »Sicher haben sie ohnehin zu wenige Betten und sind nur froh, dass ich entlassen werden will.«
    Es dauerte eine knappe halbe Stunde, dann hatte der Stationsarzt sie entlassen.
    »Der Konsum ist noch auf«, stellte Irene fest, als sie auf den Gästeparkplatz in ihrer Straße einbogen.
    »Okay. Ich gehe ein paar Sachen einkaufen, dann kannst du so lange duschen und dich frischmachen«, meinte Tommy.
    Er lächelte sie an, und Irene dachte, dass
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