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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht
Autoren: Linda Howard
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auf einmal zu erledigen, verwarf den Gedanken aber wieder. Es wäre zu kompliziert, das lautlos zu erledigen und ein überzeugendes Szenario zu inszenieren. Er würde sich an seinen ursprünglichen Plan halten und sie nacheinander ausschalten.
    »Du bist früh dran«, sagte Mellor und stand aus seiner geschützten Stellung auf. Er trug einen schweren Mantel und hielt eine Pistole statt eines Gewehres in der Hand. Cal schüttelte im Geist den Kopf darüber, wie sich der Mann überflüssigerweise einem möglichen Schuss aussetzte. Offenbar fühlte er sich nachts sicher und glaubte, dass niemand in Trail Stop ihn sehen konnte.
    »Ich dachte, ich gönne dir eine Pause«, sagte der andere. Cal erkannte ihn ebenfalls. Huxley. »Teague und sein Cousin sitzen im Zelt und pokern, falls du dich vor dem Schlafen noch entspannen willst.« Noch im Reden bückte er sich, hob eine Decke auf, schüttelte sie aus und begann sie zusammenzufalten.
    »Ich spiele nicht Karten.« Mellor drehte ihm den Rücken zu und schaute über das Wasser auf die dunklen Häuser. »Was sind das eigentlich für Menschen?«, fragte er unvermittelt. »Sind die alle bekloppt? Ich an ihrer Stelle hätte herauszufinden versucht, was da läuft, was wir wollen, irgendwas. Die haben sich nur zurückgezogen und alle Schotten dicht gemacht.«
    »Teague sagt, sie wären ...«
    »Scheiß auf Teague. Wenn er wüsste, was er tut, hätten wir den Memorystick und wären längst wieder in Chicago.«
    Ein Memorystick. Das wollten sie also. Aber Cate hatte einen Computer; falls sie ein Speichermedium in Laytons Gepäck gefunden hätte, hätte Cate es erkannt und begriffen, dass sie höchstwahrscheinlich darauf aus waren. Das hatte sie nicht, weil es nicht da war. Der Memorystick war mit Layton zusammen aus dem Fenster geflogen.
    »Ich dachte, man hätte ihn dir empfohlen.« Huxley hatte die zusammengefaltete Decke über den Arm gelegt. Etwas war komisch an der Art, wie er sie hielt und wie seine Hand unter dem Stoff verschwand.
    »Ich habe jemanden angerufen, den ich kenne«, brummte Mellor und drehte sich wieder um. »Ich habe ihm vertr...«
    Huxley feuerte dreimal durch die Decke, die den Knall dämpfte, sodass die Schüsse nicht viel lauter waren als bei einer schallgedämpften Waffe. Mellor begann zu zappeln, als ihn die beiden Schüsse kurz hintereinander in die Brust trafen und dann der absichernde Schuss in die Stirn folgte. Er ging zu Boden wie ein Sack Hafer. Huxley überprüfte nicht, ob er tot war, er gönnte seinem vormaligen Partner keinen zweiten Blick; stattdessen machte er einfach kehrt und ging den Weg, den er gekommen war, zurück.
    War das nicht interessant? Ein Zwist oder ein klammheimliches Doppelspiel? Lautlos folgte ihm Cal, ein Schatten unter Schatten, ein Teil der Nacht selbst. Huxley gab sich keine Mühe, leise zu sein; er marschierte die Straße entlang, als würde er auf einem städtischen Bürgersteig flanieren. Nach einer Kurve bog er von der Straße ab und nach links in einen frisch angelegten Weg ein. Dort hatten sie bestimmt ihre Autos geparkt, dachte Cal; die platt gedrückten Büsche sahen aus, als wäre etwas über sie weggerollt.
    Auf einer Lichtung stand ein Zelt, um das herum fünf Fahrzeuge parkten: vier Pick-ups und ein Tahoe. Im Zelt hing eine Campinglaterne und warf ihr klägliches Licht auf zwei Männer, die gelangweilt Poker spielten. Durch die zurückgeschlagene Zeltklappe konnte Cal mehrere zusammengerollte Schlafsäcke auf dem Zeltboden erkennen.
    »Toxtel hat sich wohl in seinen Posten verliebt?«, fragte ein großer Mann mit einer riesigen, leuchtenden Beule auf der Stirn und sah auf. »Oder glaubt er, dass sie heute Nacht plötzlich zu reden anfangen?«
    »Ich schätze, er ist einfach gewissenhaft«, sagte Huxley und hob im gleichen Moment den Arm, um abzudrücken. Entweder hatte er sich genau zurechtgelegt, wie er die beiden Männer erledigen würde, oder er hatte geübt, bis ihm die Bewegung zur zweiten Natur geworden war. Er hatte beinahe etwas Roboterhaftes an sich: kein Zögern, keine Aufregung, keinerlei Gefühl. Erst zwei Schüsse auf den großen, dann zwei auf den anderen Mann, und zwar so kurz hintereinander, dass dem Zweiten keine Zeit zum Reagieren blieb. Danach schwenkte der Lauf in einer perfekt kontrollierten Bewegung wieder auf den Großen, und es folgte der Schuss zur Absicherung. Wieder zurück auf den Zweiten, noch ein Schuss ohne jedes Gefühl. Taptap, tap-tap, tap, tap. Fast wie ein Stepptanz.
    Huxley
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