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Im Schloss des spanischen Grafen

Im Schloss des spanischen Grafen

Titel: Im Schloss des spanischen Grafen
Autoren: LYNNE GRAHAM
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war. Die Ansässigen scherzten immer, dass der Kirchenchor vor dem Aus gestanden hatte, bis Jemima Mitglied wurde und sich plötzlich eine Unmenge von jungen Männern ebenfalls einschrieb. Nicht, dass die Herren auch nur einen Schritt weitergekommen wären, dachte Flora trocken. Aufgrund der Erfahrung mit ihrer schiefgegangenen Ehe zog Jemima platonische Freundschaften vor und konzentrierte ihre Energien allein auf ihren Sohn und ihr Geschäft.
    „Welche Art von Fragen?“ Jemimas Magen zog sich ungut zusammen.
    „Nun, ob du ständig hier lebst und wie alt Alfie ist. Der Typ war wohl jung und attraktiv. Maurice von der Post meinte, dass er vielleicht auf Brautschau gewesen sei …“
    „Ein Spanier?“
    Flora schüttelte den Kopf. Sie nahm der Freundin die Kaffeekanne aus der Hand, um endlich ihren Kaffee zu bekommen. „Nein, Maurice meinte, ein Londoner.“
    „Letzte Woche war kein einziger junger attraktiver Mann im Laden“, grübelte Jemima.
    „Vielleicht hat er ja das Interesse verloren, sobald er erfuhr, dass du ein Kind hast.“ Flora zuckte die Schultern. „Hätte ich gewusst, dass du dich so aufregst, hätte ich es dir gar nicht gesagt. Warum rufst du nicht einfach deinen Mann an – wie heißt er noch? – und sagst ihm, dass es Zeit für einen sauberen Schlussstrich ist und du die Scheidung willst?“
    „Er heißt Alejandro“, erwiderte Jemima gepresst. „Und er lässt sich von niemandem sagen, was er zu tun hat. Er ist derjenige, der die Anweisungen gibt. Wenn er von Alfie erfährt, wird alles nur noch komplizierter.“
    „Dann geh zu einem Rechtsanwalt und beschreibe ihm, was für ein lausiger Ehemann dein Alejandro war.“
    „Er hat weder getrunken, noch ist er gewalttätig geworden.“
    Flora zog eine Grimasse. „Warum die Messlatte so hoch anlegen? Es gibt andere Gründe für eine Scheidung. Zum Beispiel seelische Grausamkeit und Vernachlässigung. Er hat dich der Gnade seiner grässlichen Familie ausgeliefert.“
    „Seine Mutter war grässlich, sein Bruder und seine Schwester nicht.“ Wie immer versuchte Jemima, fair zu bleiben. „Wirklich grausam war er auch nicht zu mir.“
    Floras Temperament war ebenso feurig wie ihr Haar. „Alejandro hat jeden Schritt von dir kritisiert, hat dich ständig allein gelassen und dir ein Kind gemacht, bevor du bereit dazu warst.“
    Jemima lief bis in die Haarspitzen rot an. Wie hatte sie nur so offen zu Flora sein und ihr all das erzählen können? Sie wusste, warum. In den ersten Wochen ihrer Freundschaft hatte sie so unter Druck gestanden, dass sie sich einfach Luft verschaffen und mit jemandem reden musste. Glücklicherweise hatte sie die schlimmsten Geheimnisse aber für sich behalten. „Ich war schlicht nicht gut genug für ihn …“
    So sah sie es zumindest. Für ihre Eltern war sie auch nie gut genug gewesen. Ihre Mutter hatte sie bei Schönheitswettbewerben für Kinder angemeldet, doch Jemima war zu schüchtern gewesen, um vor der Kamera zu posieren. Bei den Interviews hatte sie auch keinesfalls geglänzt, sondern vielmehr kein Wort herausbekommen. Als gelangweilter Teenager hatte sie ebenso schlecht bei dem Sekretärinnenkurs abgeschnitten, für den ihre Mutter sie ebenfalls angemeldet hatte – in der Hoffnung, ein millionenschwerer Tycoon würde die Tochter in irgendeinem Vorstandsbüro sehen und sich Hals über Kopf in sie verlieben. Die mit Alkohol getränkte Fantasiewelt war der Mutter wohl die einzige Fluchtmöglichkeit aus einer jämmerlichen Ehe gewesen.
    Jemimas Vater, dessen Ehrgeiz es immer gewesen war, so viel Geld wie möglich zu machen, ohne auch nur einen Finger zu krümmen, hatte sich eine Model-Karriere für seine Tochter vorgestellt, doch für die Modewelt war Jemima leider nicht groß genug, und für andere Optionen in diese Richtung fehlten ihr die üppigen Kurven. Nach dem Tod der Mutter hatte er aus ihr eine Tänzerin in einem Nachtklub einer seiner Freunde machen wollen und sie aus dem Haus geworfen, als sie sich weigerte, sich in dem dürftigen Outfit vor aller Augen zu zeigen. Jahre waren vergangen, bevor sie ihren Vater wiedergesehen hatte, und dann war es unter Umständen geschehen, an die sie lieber nicht zurückdachte.
    Ja, schon in frühen Jahren hatte Jemima gelernt, dass die Leute immer mehr von ihr erwarteten, als sie zustande brachte. Ihre Ehe hatte da keine Ausnahme gebildet. Doch jetzt hatte sie mit dem eigenen Geschäft auch die eigenen Erwartungen übertroffen.
    Als sie Alejandro begegnet war,
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