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Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Titel: Im Schlauchboot durch die Unterwelt
Autoren: Stefan Wolf
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der
Herausforderer drosch. Er traf meistens und der Trainer schien zufrieden zu
sein. Die anderen Boxer — die Stallgefährten — waren an den Geräten
beschäftigt.
    TKKG stellten sich in die Menge
am Ring und sahen zu. Tim beobachtete Fausto zum ersten Mal aus der Nähe.
    Der Herausforderer war ziemlich
groß für einen Mittelgewichtler, deutlich über 180 cm, rippenblank wie ein
Windhund, sehnig und schnell. Ein K.o.-Schläger war er nicht. Aber er hatte
sich vorgenommen, pro Runde mindestens 100 Treffer zu landen. Da der WM-Kampf
auf zwölf Runden angesetzt war, musste Charly hangman Flatnose also mit 1200
Kopfnüssen rechnen. Wie weich der Keks dabei wurde, hing sicherlich von der
Wucht der Schläge ab. Böse Zungen behaupteten, Fausto müsse Anlauf nehmen,
wollte er eine Fensterscheibe einschlagen. Von Flatnose sagte man, seine Linke
könne mit einer einzigen Aktion einen Filmstar in Frankenstein verwandeln.
    »Aha! Der Experte ist auch da«,
sagte eine Stimme hinter Tim.
    »Wenn das nicht Juhu ist«,
erwiderte Tim, ohne sich umzudrehen.
    »Juha ist mein Name, du
Mistkerl.«
    »Selber Mistkerl.«
    »Nur zu! Immer frech mit der
Klappe voran, Mister Tim! Und ich werde schreiben, dass du von Kampf zu Kampf
schlechter wirst, dass du schon in jungen Jahren deine Power als Karateka
verschossen hast.«
    »Was soll man anderes erwarten
von der verlogenen Presse.« Grinsend drehte sich der TKKG-Häuptling um und
beide schüttelten sich — echt herzlich — die Hand.
    »Dieser Kerl«, stellte Tim den
jungen Mann seinen Freunden vor, »nennt sich Joachim Juha. Man hat ihn im Verdacht,
dass er früher Juhu hieß, das aber geändert hat. Er ist Sportreporter bei
Sport-Welt, Sport-Europa und Sport-für-Deutschland. Seine Kollegen behaupten,
er hätte von jeder leibesübenden Disziplin etwas Ahnung, aber von keiner
richtig. Immerhin weiß er, was ein K.o. ist. Und deshalb lassen sie ihn hier
rein.«
    Joachim — 31, lang, dünn,
hellblond und Sommersprossen-Gesicht — grinste. Dann beugte er sich zu Gaby und
küsste sie auf die Wange.
    »Heh, Pressemensch«, lachte
Gaby.
    »Ich will nur deinen frechen
Freund ein bisschen ärgern«, grinste Joachim. »Was aber nicht heißen soll, dass
ich das hier ungern tue.«
    »Bis jetzt weiß er nur, was ein
K.o. ist«, sagte Tim. »Gleich erlebt er ihn.«
    »Und wer soll dann die
Schmeicheleien über dein Karate, dein Kung Fu und dein Kickboxen schreiben?«
    »Das kann auch jeder andere,
weil meine Leistungen überzeugen.« Tim klappste ihm auf die Schulter und
stellte nun auch seine Freunde vor. »Aber jetzt mal bierernst, Achim: Du
schreibst ja nicht nur über das Augenscheinliche in der wichtigsten Nebensache
der Welt, dem Sport, sondern auch über Hintergründe. Ich meine Skandale,
Schiebungen, Drogenmissbrauch, Bestechungen, Bedrohungen, Pöstchen-jägerei und
Ämterschachern, über unfähige und kriminelle Funktionäre — kurzum über den ganz
normalen Sumpf, von dem sich Turnvater Jahn noch nichts träumen ließ, als er
mit seinen Zöglingen Kniebeugen übte. Deshalb, Achim, Frage: Was läuft hier?«
    »Du meinst wegen des Babys?«
    »Brodelt denn sonst noch was?«
    »Ein Kidnapping reicht doch,
Tim.«
    »Sage ich ja. Weich meiner
Frage nicht aus.«
    »Hm.« Achim sah sich um. »Kommt
mal beiseite.«
    Sie traten aus der Menge in
eine besucherfreie Ecke, wo eben noch ein Schwergewichtler mit Hüftspeck auf
einer Plastikmatte seine Bauchmuskeln trainiert hatte: mit Crunches in allen
Variationen. Jetzt übte der Vollschlanke Schattenboxen vor dem Spiegel — außer
Hörweite.
    »Von dir weiß ich ja, Tim«,
sagte Achim, »dass deine Freunde genauso verschwiegen sind wie du. Und darum
muss ich auch bitten! Ihr wisst von nichts. Ihr behaltet für euch, was ihr
jetzt erfahrt.«
    »Großes Ehrenwort!«,
versicherte Gaby.
    Achim lächelte sie an, schubste
dann Tim mit der Schulter. »Womit hast du diese Freundin verdient?«
    »Ich schenke ihr jeden Monat
mein ganzes Taschengeld«, erwiderte der TKKG-Häuptling ungerührt.
    »Er lügt«, sagte Gaby.
    »Ich weiß«, nickte Achim.
»Deshalb mag ich ihn ja so. Er könnte Journalist werden.«

    »So sehr lügt er nun auch
wieder nicht«, meinte Gaby.
    »Kann man hier ernsthaft
reden?«, fragte Tim. »Du willst uns doch ein Geheimnis anvertrauen?«
    »Also«, sagte Achim, »da ich
auch für Sport-Welt schreibe, verfüge ich natürlich über weltweite
Verbindungen. Ein amerikanischer Kollege hat für mich recherchiert (nachforschen) und
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