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Im Schatten (German Edition)

Im Schatten (German Edition)

Titel: Im Schatten (German Edition)
Autoren: Dagmar R. Rehberg
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Architekturbüro, in dem ihre Mutter als Bauzeichnerin gearbeitet hatte, betrat, spürte sie eine gewisse Beklemmung in sich aufsteigen. Es war Jahre her, dass sie das letzte Mal hier gewesen war, um ihre Mutter zu besuchen. Die anderen Zeichnerinnen waren bereits dort und auch die Sekretärin, von der sie wusste, sie hieß Tina, saß auf ihrem Platz in der Nähe des Eingangs. Katherine sah auf den leeren Stuhl ihrer Mutter, dann wieder zu der Sekretärin und ging zögernd auf diese zu. Bei ihr angekommen, stellte sie sich kurz vor:
    » Hallo, ich bin Katherine Zieglow, Valeries Tochter. Ich muss mit Ihrem Chef sprechen. Ist er da?«
    Tina nickte und stand auf.
    »Ja. Ich sage ihm kurz Bescheid, dass Sie hier sind.«
    Damit ging sie zum Chefbüro, klopfte an die Tür und trat ein. Wenig später bat Tina sie ein. Katherine traf beinahe der Schlag, als sie den jungen Mann sah. Mark Mühlau, Architekt, etwa Mitte dreißig und ihr durchaus bekannt. Er also war seit anderthalb Jahren Valeries Chef.
    » Katherine! Was machst du denn hier? Wolltest du zu deiner Mutter? Sie ist noch nicht da. Keine Ahnung, wo sie heute bleibt. Sie hat sich noch nicht gemeldet, und erreichen kann ich sie auch nicht.« Mark war freundlich lächelnd auf sie zugekommen und hatte ihr zwischenzeitlich die Hand gereicht. Anscheinend wusste er genau, dass Valerie ihre Mutter gewesen war.
    » Ich weiß. Kann ich dich kurz sprechen? Allein, wenn es geht.« Ihre Stimme klang dünn und zittrig, und er hob fragend die Augenbrauen.
    » Ja, natürlich. Christina, würden Sie uns bitte allein lassen?«, forderte er seine Sekretärin auf und bot Katherine einen Platz an, doch sie war zu unruhig zum Sitzen, und so blieb auch er stehen. Als bemerkte er ihre Anspannung, sah er ihr besorgt ins Gesicht, auf dem noch immer die Spuren der Fassungslosigkeit und vieler Tränen zu sehen waren.
    » Ist etwas passiert?«, fragte er nun deutlich nervös.
    » Ja. Meine Mutter ist tot. Sie hat sich umgebracht.« Sie sagte es schnell, aus Angst an den Worten zu ersticken. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
    » Nein. Das ist nicht wahr«, flüsterte er. Seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
    » Doch. Gestern früh. Sie hat sich in der Garage erhängt.«
    Eine Weile stand er reglos, die Hände zu Fäusten geballt, doch dann stieß er ein gequältes »Nein!« zur Decke – oder zum Himmel. Er fuhr sich mit den Händen vors Gesicht, und sie konnte nur noch die hervortretenden Kieferknochen sehen. Mehrere Minuten stand er so, und seine Hände zitterten. Katherine beobachtete in reglos, ließ ihm Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Schließlich zog er seine Hände tiefer, bis nur noch der untere Teil seines Gesichtes verdeckt war. Sie sah Tränen in seinen Augen stehen.
    » Warum? Warum tut sie so etwas?« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
    » Das wissen wir nicht. Sie hat nichts hinterlassen. Keinen Brief oder so. Gab es hier vielleicht Probleme?« Es fiel ihr schwer, nicht selbst wieder in Tränen auszubrechen, doch sie riss sich zusammen.
    Mark schüttelte den Kopf. »Nein. Es war soweit alles … normal.«
    Eine Weile standen sie schweigend, dann sagte er , als würde er sich auf die in solchen Fällen üblichen Formalitäten besinnen:
    » Es tut mir leid. Wenn ich irgendetwas tun kann …«
    » Schon gut. Wir kommen schon klar«, wehrte Katherine ab, doch sie fragte zögernd: »Kann ich ihre persönlichen Sachen mitnehmen?«
    » Ja, natürlich. Ich zeige es dir.«
    Gemeinsam gingen sie aus dem Büro , und Mark bat seine Sekretärin, das Team zusammenzurufen. Als alle da waren, traute sich niemand etwas zu sagen, denn das Unheil, das in der Luft lag, war zu spüren. Marks Stimme war deutlich seine tiefe Betroffenheit anzumerken und er hatte sichtlich Mühe, seine Mitarbeiter zu informieren.
    » Ich … ich muss Ihnen etwas mitteilen«, stammelte er. »Valerie … sie kommt nicht mehr wieder. Sie ist gestern verstorben.« Entsetztes Gemurmel ging durch den Raum, und Mark machte eine kurze Pause. Dann atmete er tief ein und fuhr leise fort: »Sie hat sich das Leben genommen.« Fassungsloses Schweigen trat ein. Nach einer Weile übernahm Katherine das Wort: »Wir wissen noch nicht warum, aber ich hoffe, ich finde es heraus. Die Trauerfeier ist übrigens am Freitag um zehn Uhr.«
    » Aber da ist doch die Besprechung mit Herrn Thalbach«, fiel Tina ein wenig dümmlich ein.
    » Sagen Sie ab«, war Marks knappe Antwort. Nach diesen Worten führte er Katherine zum
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