Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten (German Edition)

Im Schatten (German Edition)

Titel: Im Schatten (German Edition)
Autoren: Dagmar R. Rehberg
Vom Netzwerk:
kurz:
    » Nein, auf mich wartet niemand.«
    Also nahm sie das Angebot dankbar an, denn sie hatte in der Tat Angst vor dem Alleinsein und der Aufgabe, ihrem Bruder von dem schrecklichen Unglück zu berichten. Sie zog sich an, versuchte ihre mittlerweile beinahe trockenen Haare in eine halbwegs akzeptable Form zu bringen, was ihr jedoch nicht gelang, und so band sie sich kurzerhand ein Bandana um den Kopf. Mit ein paar Pinselstrichen betonte sie gekonnt die Vorzüge ihres hübschen Gesichts. Ihre großen hellbraunen Augen hatte sie ebenso wie ihre dunkelbraunen Haare von ihrer Mutter geerbt. Die Nase war zwar ein klein wenig zu groß, als dass Katherine wirklich hätte als Schönheit durchgehen können, doch im Allgemeinen war sie mit ihrem Aussehen zufrieden. Zwar fand sie ihre Hüften ein wenig zu breit, dafür ihren Busen etwas zu flach, doch ihre freche, kokette Art machte diesen Mangel beim Kennen lernen von Männern in der Regel wieder wett.
    Nachdem der ältere Polizist sich verabschiedet und mit dem Streifenwagen auf den Weg zur Wache gemacht hatte, stiegen Katherine und Sven in ihren alten Kleinwagen und machten sich gemeinsam auf den Weg zur Wohnung ihrer Eltern. Unterwegs erzählte Sven, was sich am Vormittag dort zugetragen hatte. Katherines Mutter Valerie Zieglow hatte sich am Morgen unter dem Vorwand, etwas in der Garage suchen zu wollen, nach unten begeben. Als sie auch nach knapp einer Stunde nicht zurückgekommen war, war ihr Mann ihr gefolgt. Dort hatte er sie gefunden und unter Schock laut zu schreien begonnen. Das wiederum hatte ein Nachbar gehört, der sich auf den Weg zum Bäcker machen wollte. Er war zu der Garage gelaufen und hatte die Situation sofort erfasst.
    » Er rief uns mit seinem Handy an. Bis wir dort waren, hatte er Ihren Vater in Schockstellung auf den Boden verfrachtet, Ihre Mutter losgeschnitten und Wiederbelebungsversuche gemacht. Leider vergebens.«
    Der herbeigerufene Notarzt hatte nur noch den Tod der Frau feststellen und sich um ihren Mann kümmern können. Nachdem dieser sich ein klein wenig beruhigt hatte, erfuhren die Polizisten von den zwei Kindern des Ehepaars, Katherine und ihrem Bruder Norman. Dieser war in der Nacht nicht nach Hause gekommen, was jedoch nicht ungewöhnlich war. Er war an den Wochenenden oft mit Freunden aus und schlief bei diesen Gelegenheiten manchmal bei einem Kumpel – oder einem Mädchen.
    Katherine hörte während der ganzen Fahrt schweigend zu. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihrem Bruder die schreckliche Neuigkeit mitteilen sollte oder wie er sie verarbeiten würde. Und was würde sie zu Hause erwarten? Hing der Strick noch in der Garage? Würden die Nachbarn neugierig um sie herumstehen? Ihre Beklemmung wuchs mit jedem Meter, den sie sich der Wohnung näherten. Sie war dankbar für Svens Nähe und hätte am liebsten seine Hand gehalten. Als sie aus dem Auto stiegen, nahm er diese tatsächlich und führte sie langsam zu der Garage ihrer Eltern. Das Tor stand weit offen und die Autos darin, ebenso die Fahrräder. Vom Freitod ihrer Mutter war keine Spur zu sehen, doch ein unangenehmer Fäkaliengeruch lag in der Luft, und Katherine rümpfte die Nase.
    » Das passiert immer. Ich meine, wenn Menschen auf diese Art sterben. Dann entleert sich alles spontan«, sagte Sven leise, als er ihre Abscheu bemerkte.
    » Wie furchtbar!« Katherine konnte nicht verhindern, vor ihrem geistigen Auge ein Bild ihrer Mutter zu sehen, die Augen weit aus den Höhlen getreten, das Gesicht blau angelaufen und von der Hüfte an abwärts mit ihrem eigenen Schmutz besudelt. So froh sie darüber war, es nicht gesehen zu haben, so sehr bedauerte sie ihren Vater, der sie gefunden hatte. Sie wandte sich ab, und beide gingen zusammen zur Haustür. In der Wohnung trafen sie auf Norman, der sie nur kurz begrüßte, dann aber beim Anblick des uniformierten Polizisten innehielt.
    » Oh, neuer Freund?«, fragte er lässig.
    » Nein«, antwortete Katherine knapp.
    » Weißt du, wo die Alten sind? Ich habe Hunger.« Katherine hätte ihrem Bruder für seine Schnoddrigkeit die Ohren lang ziehen können, doch was konnte er dafür? Er wusste schließlich nichts von dem Unglück. Also bat sie ihn mit ins Wohnzimmer, wo sich alle drei hinsetzten und Sven den jungen Mann so behutsam wie möglich aufklärte. Norman wurde kalkweiß im Gesicht, und nach einer kurzen Weile erhob er sich abrupt, lief ins Badezimmer, wo er sich lautstark übergab.
     
    Als Katherine am Montagmorgen das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher