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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese
Autoren: Fred Vargas
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direkt vor sich. Da haben wir’s, dachte er und schloß die Augen, der besagte Sturz, ich bin erledigt. Er schloß die Arme um sie.
    »Laura«, sagte er, »wir sind erledigt.«
    Er nahm sie mit durch die Keller und die Küche des »Garibaldi«, die auf die andere Straßenseite führten. Sie nahmen ein Taxi, um in sein Hotel zu fahren. Valence hielt Lauras Handgelenk fest umschlossen.
    »Wir wechseln morgen den Ort«, sagte er. »Wir werden ihn jeden Tag wechseln.«
    »Du hast mich angelogen wegen Tiberius.«
    »Ja.«
    »Sie werden ihn wegen der beiden Morde anklagen.«
    »Ja.«
    »Ich hänge an dem Jungen.«
    »Das ist denen egal.«
    »Aber dir nicht.«
    »Nein.«
    »Ich weiß etwas, was ich dir nicht sagen kann.«
    »Was?«
    »Gabriella. Ich kann nichts sagen, solange ich nicht sicher bin. Ich denke seit Tagen daran.«
    »Hat es mit den Morden zu tun?«
    »Ja. Ich kann nicht mehr, ich denke nur noch daran.«
    »Laura«, sagte Valence etwas lauter, »ich kann Tiberius nicht retten. Und du auch nicht. Nur er selbst, Tiberius, wird Tiberius retten.«
    »Warum sagst du das plötzlich?«
    »Weil Tiberius Kaiser ist.«
    Laura sah ihn an.
    »Sie haben dich um den Verstand gebracht«, murmelte sie.
    Valence hielt Laura noch immer am Handgelenk gepackt. Auf Dauer würde ihr das vielleicht weh tun. Aber es kam überhaupt nicht in Frage, dieses Handgelenk loszulassen. Er wandte den Kopf und sah durch die Scheiben die dunkle Straße vorbeiziehen. Aufmerksam betrachtete er die Straße, die Straßenlaternen, die heruntergekommenen Häuser, dabei war ihm das alles gleichgültig. Er dachte: Ich liebe sie noch immer.

34
    »Verdammt«, keuchte Tiberius, »verdammt, es ist Freitag.«
    Er erstarrte auf seiner Pritsche und versuchte, so viele Gedanken zu sammeln wie möglich. Es war derartig erschütternd. Unbeweglich starrte er an die Decke und erforschte plötzlich eine Welt von Offensichtlichkeiten, während er ganz behutsam atmete, um die Gedankenketten, die in seinem Kopf geräuschlos Form annahmen, nicht zu erschrecken. Die Erschütterung drückte ihm auf den Magen. Er stand vorsichtig auf, klammerte sich mit den Händen an die Gitterstäbe und brüllte.
    »Kerkermeister!«
    Der Wärter biß die Zähne zusammen. Von Anfang an nannte ihn dieser Kerl hartnäckig »Kerkermeister«, als glaube er sich in einem Gefängnis des 17. Jahrhunderts. Das war ärgerlich, aber Ruggieri hatte ihm befohlen, Tiberius nicht wegen Lappalien zu widersprechen. Es war offensichtlich, daß Ruggieri nicht mehr wußte, wie er mit diesem Heißsporn umgehen sollte.
    »Was gibt es, Gefangener?« fragte er.
    »Kerkermeister, schaff Er mir ohne Zögern den Ruggieri her«, deklamierte Tiberius.
    »Um acht Uhr abends wird der Kommissar nicht ohne zwingenden Grund gestört. Er ist zu Hause.«
    Tiberius rüttelte an den Stäben.
    »Kerkermeister, verdammt! Tu, was ich sage!«
    Der Wärter erinnerte sich an Ruggieris Anweisungen. Ihm Bescheid zu geben, sobald der Häftling ein verändertesVerhalten zeigen oder den Wunsch äußern würde, zu reden, ganz egal, zu welcher Tages- oder Nachtzeit.
    »Halt’s Maul, Gefangener. Wir holen ihn.«
    Tiberius blieb stehen, die Hände um die Stäbe geschlossen, bis Ruggieri eine halbe Stunde später erschien.
    »Sie wollen mit mir reden, Tiberius?«
    »Nein. Ich will, daß Sie mir Richard Valence holen, es ist absolut dringend.«
    »Richard Valence ist nicht mehr in Rom. Er ist gestern abend nach Mailand zurückgefahren.«
    Tiberius krallte sich an die Gitterstäbe. Valence hatte nicht auf ihn gehört und Laura allein der römischen Nacht überlassen. Valence war ein Dreckskerl.
    »Dann holen Sie ihn aus Mailand!« brüllte er. »Worauf warten Sie noch?«
    »Eines Tages wirst du dein Geschimpfe noch bezahlen«, sagte Ruggieri und durchbohrte ihn mit Blicken. »Ich lasse Monsieur Valence benachrichtigen.«
    Tiberius fiel auf die Pritsche zurück und hockte da, den Kopf auf den Armen. Valence war ein Dreckskerl, aber er mußte mit ihm reden.
    Wenige Zeit später wurde die Tür geöffnet. Tiberius atmete auf, als er Valence in die Zelle treten sah.
    »Sind Sie geflogen?« fragte er.
    »Ich bin nicht nach Mailand gefahren«, erwiderte Valence. »Eigentlich nie.«
    »Also … hast du für Laura getan, worum ich dich gebeten hatte?«
    Valence antwortete nicht, und Tiberius wiederholte seine Frage. Sorgfältig suchte Valence nach den passenden Worten.
    »Ich war sehr biblisch mit Laura«, erklärte er.
    Tiberius trat zurück und sah
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