Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
ruhig, »werde ich Rom aus Rache niederbrennen.«
    Valence wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Er war sich sicher, daß Nero dachte, was er sagte.
    Eilig kehrte er in sein Hotel zurück.
    »Machen Sie meine Rechnung fertig«, sagte er, als er den Schlüssel nahm, »ich reise heute abend ab.«

32
    Valence ging im Bahnhof auf und ab, während er darauf wartete, daß der 21-Uhr-10-Zug nach Mailand zusammengestellt wäre. Er war fast zwei Stunden zu früh da, weil er im Hotel nicht mehr wußte, was er hätte tun sollen. Im Bahnhof ging es besser. Er sah zu, wie Hunderte von Leuten an ihm vorübergingen, die nie etwas vom Fall Valhubert gehört hatten, die nie an ihn gedacht hatten und nie an ihn denken würden. Er hörte Unmengen von Leuten reden, die nie vom Fall Valhubert gepeinigt worden waren und denen er vollkommen egal war, denen er immer egal sein würde. Das tat ihm gut. Es gelang ihm sogar, daran zu denken, was er in Mailand zu tun hatte. Ganz bestimmt würde er sich morgen für die Akten interessieren, die er hatte stehenund liegenlassen, für seinen Bericht über die Präventivmaßnahmen der Stadt gegen das Milieu. Er hatte mehrere Termine in der Schwebe gelassen und würde eine gedrängte Woche haben.
    Als der Zug endlich den Bahnhof verließ, sah er die antennengespickten Dächer Roms verschwinden und atmete durch. Mein Gott, was für ein Chaos, diese Dächer. Er setzte sich und schloß die Augen, ohne die Zeit zu haben, es zu bemerken.
    Schweißgebadet wachte er auf. Neben ihm saßen Leute, die hereingekommen waren, während er schlief, fünf Menschen, die nichts über den Fall Valhubert wußten, der ihnen vollkommen egal war. Fünf uninteressante Personen, dienicht ständig an den Fall Valhubert dachten. Valence haßte sie. Ihm graute vor ihrer Unkenntnis. Die hübsche Frau ihm gegenüber würde womöglich versuchen, mit ihm zu reden, dabei kannte sie doch kein Wort vom Fall Valhubert. Er stand auf und wich ein paar Schritte in den Gang zurück. Er fröstelte, dieses Fenster blies zuviel Luft auf sein schweißnasses Hemd. Er müßte das Hemd wechseln, er müßte sich beruhigen.
    Der Zug bremste, man war in einem Bahnhof. Es war ein belangloser Bahnhof, fast sofort fuhr der Zug langsam, ruckartig wieder an. Valence schnappte seinen Koffer und sein Jackett. Er hatte gerade noch Zeit, auf den Bahnsteig zu springen, bevor der Zug beschleunigte.
    »Das ist verboten«, rief ein sich nähernder Bahnangestellter.
    »Franzose …«, erwiderte Valence als Entschuldigung. »Wie weit sind wir von Rom? Wieviel Kilometer?«
    »Achtzig, fünfundachtzig … Das kommt drauf an, von wo aus man zählt.«
    »Wann geht der nächste Zug?«
    »Nicht vor anderthalb Stunden.«
    Valence rannte aus dem Bahnhof. Er fand ein Taxi, als er aufs Geratewohl eine große Straße entlanglief.
    Er machte es sich auf der Rückbank bequem und schloß die Augen. Er fror in seinem nassen Hemd. Sie verließen die Stadt und nahmen die Autobahn. Rom, siebenundsiebzig Kilometer.

33
    Er ließ sich vorm »Garibaldi« absetzen. Das beste wäre es, Laura Valhubert wissen zu lassen, daß er sich für den Fall, daß ihre Gaunerbande einen härteren Ton anschlagen würde, zu ihrer Verfügung hielte. Jetzt, wo er wieder in Rom war, fühlte er sich ruhiger. Man bringt niemanden um, nur weil er den Bullen ein bißchen zu nahe kommt. Obwohl Laura im Grunde das gesamte Netz abservieren konnte. Trotzdem machte Valence eine Runde durch die schmalen Straßen, die das »Garibaldi« umgaben.
    Die Zimmer, die nach hinten hinausgingen, waren fast alle dunkel. Der Treppe nach zu schließen, die sie neulich hinaufgegangen war, mußte ihr Zimmer nach hinten gehen. Er versuchte, sich an die Schlüsselnummer zu erinnern, die er neben ihrem Glas gesehen hatte. Er war sicher, daß sie mit einer 2 anfing, zweiter Stock also. Er ging unter den Fenstern entlang, von denen die meisten der Hitze wegen offen standen. Gegenüber dem »Garibaldi« befand sich ein sehr viel bescheideneres kleines Hotel, und auf einem der Balkone stand jemand. Ein bißchen von der Stille der Straße gepackt, ein bißchen gespannt blieb Valence stehen und beobachtete die Silhouette aus einer Entfernung von etwa fünfzehn Metern. Tatsächlich war die Gestalt kaum zu sehen, da im Zimmer kein Licht brannte. Man konnte nur ahnen, daß es sich um einen Mann handelte. Valence rührte sich nicht mehr. Es gefiel ihm nicht, daß die Silhouette keinerlei Bewegung machte, und es gefiel ihm nicht, daß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher