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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese
Autoren: Fred Vargas
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Sie nicht fähig, mir einfach zu glauben? Sie sind nicht sicher, Sie zögern … Sie zögern zwischen Ruggieris Überzeugung und meiner, Sie hätten gern Fakten. Natürlich, Fakten … ist ja auch viel einfacher. Nun, ich habe nicht nur nicht die Mittel, es Ihnen zu beweisen, ich würde es auch gar nicht versuchen. Kommen Sie mit Ihrem Gewissen, Ihrer Intuition undIhrem Gefühl zurecht, ich werde Ihnen nicht dabei helfen. Und ich will nicht mehr darüber reden. Ich hatte Sie gewarnt, daß ich sehr biblisch werden würde.«
    »Gut«, sagte Valence und stand ebenfalls auf.
    »Was werden Sie tun?«
    »Ich fahre zurück. Ich glaube, jetzt fahre ich wirklich zurück.«
    »Warten Sie.«
    »Was?«
    »Du darfst nicht sofort fahren. Ich muß dich noch um etwas bitten.«
    »Worum?«
    »Um etwas, das du nicht schätzen wirst, das du aber für mich tun wirst, Valence.«
    »Was weißt du darüber?«
    »Setzen Sie sich hierher, Valence. Ein bißchen weiter weg vom Kerkermeister.«
    Tiberius zögerte, bevor er fortfuhr.
    »So«, sagte er. »Jetzt bin ich etwas gequält – Sie wissen, daß ich wegen dieser Diebstähle, allein wegen dieser Diebstähle keine Hoffnung habe, mit weniger als sechs Jahren davonzukommen. Sechs Jahre, Valence, sechs Jahre im Dunkeln, und die täglichen Runden im Karree. Jetzt, wo ich mich ganz allein in Fesseln gelegt habe, werden Sie etwas für mich tun, da Sie noch draußen sind. Laura war gestern hier. Es tut sich etwas Bedrohliches.«
    »Ist sie nicht nach Paris zurückgefahren?«
    »Leider noch nicht. Seit sie einer polizeilichen Ermittlung zu nahe gekommen ist, haben der Doryphorus und vor allem seine Bande kein Vertrauen mehr in sie. Sie befürchten, daß sie redet oder daß sie als Preis dafür, nicht verfolgt zu werden, als Spitzel fungiert. In diesem Milieu zögert man nicht, sich Komparsen, die in die Hände der Bullen gefallen sind, vom Hals zu schaffen. Sie wissen, wie das geht. Gesternmorgen fand sie eine Nachricht im ›Garibaldi‹, so etwas wie: ›Komm den Bullen nicht zu nah, oder wir erledigen dich.‹ Ich garantiere nicht für die genauen Worte, aber so war der Inhalt. Aber Laura hält mich hartnäckig für unschuldig an den Morden und läßt bei Ruggieri nicht locker. Sie bedrängt ihn. Sie ist den Bullen zu nahe, Valence. Ich habe sie angefleht, es sein zu lassen und nach Paris zurückzufahren, aber sie hat diese Idee im Kopf. Außerdem sagt sie, daß sie vom Doryphorus nichts zu befürchten hat, daß er sich beruhigen wird, daß sie mich nicht einfach so fallenlassen wird. Sie hat in Frankreich politische Unterstützung, sie glaubt, daß sie mir helfen kann.«
    »Und was willst du von mir? Soll ich sie einsperren?«
    »Das wird dir nicht gelingen. Ich will, daß du sie überwachst.«
    »Ich will sie nicht überwachen.«
    »Bitte, überwach sie. Du wirst dich an ihre Fersen heften und sie beschützen. Du wirst es tun, weil ich eingesperrt bin und es nicht tun kann. Diese Bande greift nur nachts an, aber wenn sie sich entschließen, sind sie schnell. Du mußt es tun, solange bis ich Laura überzeugt habe, nach Paris zurückzukehren. Dazu brauche ich sicher ein paar Tage. Ich hoffe, Sonntag ist sie abgereist.«
    »Ich kann nicht, Tiberius. Ich habe dir gesagt, daß ich nach Hause zurückfahren werde.«
    »Ich bitte dich, Valence, tu es für mich.«
    »Ich tue nichts für andere.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Du hast unrecht.«
    »Dann tu es für dich.«
    »Nein.«
    Der Wärter öffnete die Tür und gab Valence ein Zeichen.
    »Ihre Zeit ist beendet«, sagte er. »Wenn Sie wollen, können Sie morgen wiederkommen.«
    Valence folgte ihm. Am Ende des Ganges hörte er Tiberius rufen:
    »Valence, mein Gott, versuch doch ein wenig biblisch zu sein!«
    Er ging nicht noch einmal in Ruggieris Büro vorbei, dazu fühlte er sich nicht in der Lage. Er bedauerte die Diskussion mit Tiberius, und er bedauerte es, ihn flehen gesehen zu haben. Möglich, daß Kaiser Tiberius jetzt heulte, derlei Dinge störten ihn nicht.
    Er begegnete Claudius und Nero, die sicherlich gekommen waren, um Neuigkeiten zu erfahren. Es gelang ihm nicht, ungesehen an ihnen vorbeizugehen. Keiner von ihnen hatte das Bedürfnis zu reden.
    »Kommen Sie von ihm?« fragte Nero.
    Valence nickte. Zum erstenmal sah er Nero mit ernstem Gesicht, was kein sehr beruhigendes Zeichen war.
    »Glauben Sie ihm?« fragte Claudius.
    »Ja«, erwiderte Valence, ohne nachzudenken.
    »Wenn man ihn wegen der beiden Morde anklagt«, erklärte Nero
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