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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung
Autoren: Rebecca Michéle
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Männer entweder tot, verbannt oder bankrott sind, und ich Cedric verloren habe?«, sagte sie scharf und voller Bitterkeit. Instinktiv rückte sie ein Stück von ihrer Mutter ab.
    »Kind, ich bin sicher, das mit dir und Collingford lässt sich wieder in Ordnung bringen«, beschwor Maureen. »Ich werde noch heute in die Cotswolds reisen, ihm die Wahrheit sagen und alles erklären. Wenn er dich wirklich liebt, wird er zurückkommen.«
    Mit vor Wut blitzenden Augen sprang Frederica auf.
    »Meinst du wirklich, du kannst hier einfach auftauchen, und ich falle dir vor lauter Freude um den Hals? Man sagte mir, meine Mutter sei tot. Das zu akzeptieren war schwer, sehr schwer sogar, ich musste und habe mich aber damit abgefunden. In meiner Erinnerung lebte meine Mutter als gütige, verständnisvolle und zärtliche Frau weiter. Ach, ich wünschte bei Gott, das wäre so geblieben!«
    »Frederica, wie kannst du so sprechen? Du versündigst dich!«
    »Ich mich versündigen? Ich ?« Verächtlich zogen sich Fredericas Mundwinkel nach unten. »Erwartest du etwa Verständnis für deine Taten? Ja, es ist furchtbar, was Laura angetan wurde, aber wer glaubst du, bist du, dass du über die Verbrecher richten kannst? Gott im Himmel selbst? Du hattest kein Recht, dich in eine Familie einzuschleichen und Intrigen zu spinnen. Genauso wenig wie Briefe und Unterlagen zu fälschen, um jemanden des Hochverrates anzuklagen.«
    »Aber Kind ...«, versuchte Maureen sie zu beruhigen. Frederica schlug ihre Hand zur Seite.
    »Sei still! Wie du selber sagst, bin ich kein Kind mehr. Wie kannst du einen Nachbarn, mit dem man jahrelang in Freundschaft verbunden war, in den Tod schicken? Gut, David Linnley mag meine Großmutter vergewaltigt haben, es ist aber eine Sünde, ein Verbrechen mit einem anderen sühnen zu wollen. Denk jetzt nicht, ich möchte die Tat beschönigen, nichts liegt mir ferner, aber wie willst du mit der Gewissheit leben, am Tod eines Menschen schuldig zu sein?«
    »Warum sprichst du vom Tod? Ich sah Linnley gestern Abend, da hat er …«
    »Ich … Vater und ich … wir haben Angst, dass er sich etwas antun wird!«, unterbrach Frederica und schlug die Hände vors Gesicht. »Du kennst Linnleys labilen Charakter, hast du nie daran gedacht, dass der Bankrott ihn in den Freitod treiben könnte?«
    Maureen schluckte. Frederica war tatsächlich erwachsen geworden, nichts erinnerte mehr an das verwöhnte Mädchen, von dem Maureen sich in Schottland getrennt hatte. Die letzten Monate hatten aus Frederica eine Frau gemacht, deren Worten Maureen nichts entgegensetzen konnte. Es war ihr gelungen, eine Saite in Maureens Innerem zum Klingen zu bringen, die verschüttet gewesen war. Die Saite hieß Mitleid – Mitleid mit David Linnley.
    »Glaubst du wirklich, er würde diesen Schritt tun?«, fragte sie zögernd und erinnerte sich an seine seltsamen Worte vom vergangenen Abend. Sie hatte den tieferen Sinn aber nicht erkannt oder nicht verstehen wollen.
    »Vielleicht ist er schon tot«, fuhr Frederica bitter fort. »Es gab nichts, das Vater und ich hätten tun können, um es zu verhindern. Ein Gentleman in einer solchen Situation hat keine Wahl, oder glaubst du wirklich, Linnley würde den Rest seines Lebens im Schuldgefängnis verbringen wollen?«
    Es war, als zöge jemand einen Schleier von Maureens Augen, und die Erkenntnis traf sie mit brutalter Macht. »Ich möchte noch einmal den Sonnaufgang sehen.« Linnleys Worte hallten in ihrer Erinnerung wider.
    Die Sonne stand inzwischen beinahe im Zenit. Maureen presste beide Hände auf ihren Bauch, die Krämpfe waren beinahe unerträglich. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Nein, sie würde Frederica nicht sagen, dass sie glaubte, an einer unheilbaren Krankheit zu leiden. Sie hatte die Liebe und den Respekt ihrer Tochter verloren, und wollte es nicht auf der Basis von Mitleid wiedererlangen.
    »Das habe ich nicht gewollt«, flüsterte sie. »Ebenso, wie ich nicht wusste, wer dein Verlobter ist.«
    Traurig stand Frederica vor ihr und kickte mit dem Fuß einen Stein fort.
    »Selbst wenn deine Worte ehrlich gemeint sind – es ist zu spät. Zumindest, was Lord David angeht.«
    Maureen richtete sich mühsam auf. Sie fühlte sich um Jahrzehnte gealtert.
    »Ich werde sofort zu Linnley gehen und ihm alles sagen. Vielleicht kann ich das Schlimmste verhindern, und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, ihm zu helfen.«
    Das Lachen ihrer Tochter war bitter.
    »Wie denn? Hast du etwa
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