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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten
Autoren: Linda Fairstein
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Zigarettenkippe zu behaupten, dass es sich um denselben Mann handelt?«
    »Wir wissen noch nicht einmal, was genau er ihr angetan hat, Mr Battaglia. Annika war noch nicht in der Lage zu sprechen. Ich weiß nicht, wie er sie bändigen wollte. Vielleicht hat sie wegen des Messers um sich geschlagen und gekämpft, vielleicht hatte er den Strumpf schon in der Hand. Jetzt, wo wir Thalers Informationen haben, kann ich sie bei meinem nächsten Besuch im Krankenhaus fragen, ob sie mir etwas Genaueres sagen kann.«
    »Ich könnte ihr verschiedene Phantomzeichnungen zeigen«, sagte ich. »Vielleicht kann sie den Mann anhand der alten Zeichnung identifizieren.«
    »Und ich kann sie fragen, ob er eine Feinstrumpfhose bei sich hatte. Mit oder ohne Feinstrumpfhose – die Wissenschaft wird es uns mit hundertprozentiger Sicherheit beweisen.«
    »Mercer will, dass ich einen geographischen Profiler anheuere, Paul. Es gibt da jemanden in Vancouver, der bereit wäre zu kommen und –«
    »Ich dachte, Sie halten nichts von dem Profiler-Gewäsch, Alex.«
    »Tu ich auch nicht. Jedenfalls nicht, was das Psychogelabere angeht. ›Ihr Täter ist jemand, der im Alter von neun Jahren schlechte Erfahrungen mit einer Frau gemacht hat, Ms Cooper. Er hat wahrscheinlich Schwierigkeiten, sich Frauen gegenüber normal auszudrücken.‹ ›Was Sie nicht sagen, Doc. Das werde ich mir merken.‹ Diesen Schwachsinn meine ich nicht, Paul.«
    »Dieser Profiler, von dem ich Alex erzählt habe, hat landesweit Serienverbrechen gelöst. Er sieht sich die Tatorte zur gleichen Tageszeit und unter denselben Lichtbedingungen an wie zur Tatzeit«, sagte Mercer. »Dadurch lässt sich herausfinden, wo und wie sich der Täter versteckt, sodass ihn die Frauen erst sehen, wenn sie die Tür aufschließen. Und, was noch wichtiger ist, es gibt uns Hinweise darauf, wie der Täter anschließend entkommen kann, obwohl es in der Gegend von Polizisten nur so wimmelt.«
    »Erinnern Sie sich noch, Paul? Vor vier Jahren hatte die Taskforce alle Patrouillen verstärkt. Hubschrauber standen auf Abruf bereit, innerhalb von Minuten nach jeder Tat waren Hundesuchtrupps unterwegs. Die Polizei bewachte U-Bahn-Eingänge und kurvte in Taxis durch die Gegend. Sogar die Mautstellen an den Brücken und Tunnels haben Autos überprüft.«
    Ich nahm das Brett, das die letzten vier Jahre hinter einem meiner Aktenschränke gestanden hatte, und stellte es auf den Schreibtisch, damit Battaglia es besser sehen konnte. Dann machte ich einen Kreis um die mit Reißzwecken markierten Tatorte. Alle Vergewaltigungen hatten in dem Gebiet zwischen der 66. und 84. Straße, zwischen der Second Avenue und dem East River stattgefunden, zwei langgezogene Straßenzüge östlich der nächstgelegenen U-Bahn-Station.
    »Der Vergewaltiger fühlt sich wohl in diesem Viertel, Boss. Er kennt sich in der Gegend aus, er ist zuversichtlich, dass er zuschlagen und unbehelligt entkommen kann. Er wird mit jedem Mal dreister.«
    »Das heißt?«
    »Dass er wahrscheinlich in der Gegend arbeitet oder wohnt«, sagte Mercer. »Er ist zu schnell verschwunden, um zur U-Bahn-Station in der Lexington Avenue zu laufen. Sein Ausgangspunkt liegt mitten in diesem Viertel, obwohl es eine blütenweiße Gegend ist und seine Hautfarbe so dunkel ist wie meine. Da kommt er her, und dahin kehrt er zurück. Das ist sein Heimathafen.«
    »Und Sie glauben, dass es etwas bringen wird, diesen Experten einzufliegen?«, fragte Battaglia und sah auf seine Uhr. Er ignorierte die Rassenthematik, die sich potenziell zu einem hässlichen Wahlkampfthema auswachsen könnte.
    »Wir haben nichts zu verlieren«, sagte Mercer. »Es ist das erste Mal Blut geflossen. Wenn es ihm gefallen hat, wenn es ihm nichts ausgemacht hat, sein Opfer halb tot zurückzulassen, dann wird er es wieder tun.«
    Ich fischte in der alten Akte nach einem verblichenen Zeitungsausschnitt. Battaglia wandte sich zum Gehen und gab uns grünes Licht, aber ich glaubte zu sehen, wie er zusammenzuckte, als ich ihm die Schlagzeile zeigte, die kurz vor der letzten Wahl erschienen war und an die er sich wahrscheinlich noch gut erinnerte: Löcher im Strumpf – Vergewaltiger geht Staatsanwaltschaft durch die Maschen.
     

3
     
    Mercer nahm seine Lederjacke von der Garderobe und reichte mir Mantel und Schal. »Meinst du das ernst mit morgen? Du willst, dass ich eine Klägerin herbringe, damit sie vor der Grand Jury aussagt?«
    »Ich habe schon eine Stunde in einer Nachmittagsjury reserviert, weil ich
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