Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Rausch dieser Nacht

Im Rausch dieser Nacht

Titel: Im Rausch dieser Nacht
Autoren: Annette Broadrick
Vom Netzwerk:
sah. Er hätte sie nicht wiedererkannt. Sie lag ganz ruhig da. Ihr Gesicht war geschwollen und leichenblass. An einigen Stellen hatte es Schürfwunden und Blutergüsse. Sie war an eine Infusion und wohl an ein Dutzend Kabel angeschlossen. Über ihrem Kopfende stand ein Monitor, der ihre Körperfunktionen aufzeichnete.
    Greg wunderte sich, wie klein und zerbrechlich sie in ihrem Bett aussah. Er trat näher. Sherri hatte die Augen geschlossen. Er stellte fest, dass sie ihr langes Haar hatte kürzer schneiden lassen. Vorsichtig nahm er ihre Hand.
    „Was machst du nur für Sachen, Sherri?“, fragte er leise.
    Ihre Lider zuckten, aber ihre Augen blieben geschlossen.
    Die Nachtschwester kehrte zurück. „Sie müssen jetzt gehen“, sagte sie. „Morgen können Sie bestimmt mit ihr sprechen.“
    Um punkt sieben Uhr fand sich Greg am anderen Morgen in der Klinik ein. Auch dieses Mal schlief Sherri noch, als er ihr Zimmer betrat.
    „Wie geht es ihr?“, fragte Greg die Schwester, die ihn hereinführte, leise.
    „Den Umständen entsprechend erstaunlich gut. Sie ist einige Male aufgewacht heute Nacht, aber gleich wieder eingeschlafen. Schlaf ist im Augenblick auch das, was sie am dringendsten braucht.“
    Wie aus weiter Entfernung hörte Sherri die beiden miteinander sprechen. Ihr erster Gedanke war, dass sie weggehen und sie in Ruhe weiterschlafen lassen sollten. Was hatten diese Menschen überhaupt hier bei ihr zu suchen? Ihr Wecker hatte noch nicht einmal geklingelt. Allmählich wurde ihr dann bewusst, dass ihr eine der beiden Stimmen bekannt vorkam. Es war eine tiefe, sonore Männerstimme, und sie erinnerte sich, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, da allein der Klang dieser Stimme genügte, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen.
    „Greg?“, flüsterte sie. Aber wie sollte Greg hierherkommen?
    „Ich bin hier, Sherri“, antwortete er, nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie die Augen öffnete. „Greg?“ Sie verstand noch immer nicht, was vorging. Wie kam er hierher? Was wollte er hier?
    Greg nickte ihr mit einem ermunternden Lächeln zu. „Wie fühlst du dich?“ Er holte sich einen Stuhl heran und setzte sich neben sie ans Bett.
    Sherri blickte auf ihre Hand, die er noch immer hielt. „Das gibt es doch nicht. Das träume ich doch nur, oder?“
    „Nein, nein. Ich bin es wirklich. Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht.“
    Sherri hatte Mühe zu sprechen. Ihr Mund war wie ausgedörrt. Greg reichte ihr eine Flasche Wasser mit einem Strohhalm. Sie trank in kleinen Schlucken und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.
    Er strich ihr über die Stirn. „Du hast dir die Haare kürzer schneiden lassen.“
    „Ja. Es ist praktischer so.“
    Eine Weile schwiegen sie. Sosehr sich Sherri auch anstrengte, es gelang ihr nur unvollständig, einen logischen Zusammenhang in das Durcheinander zu bringen, das in ihrem Kopf herrschte.
    „Kannst du dich an den Unfall erinnern?“, fragte Greg vorsichtig.
    „Nein. Es muss ganz schön gekracht haben.“
    „Ja. Wenn man dich so ansieht – Arm gebrochen, Bein gebrochen, ein paar innere Verletzungen … Spricht alles dafür.“
    „Der Arzt sagte mir, sie mussten mir die Milz entfernen. Und auf meine Morgengymnastik muss ich die nächste Zeit wohl auch verzichten.“ Sie merkte selbst, dass es ein ziemlich lahmer Scherz war, mit dem sie versuchte, ihre Unsicherheit zu überspielen. Sherri konnte es noch immer nicht fassen, dass Greg da war. Fast zwei Jahre war es her, dass sie sich zuletzt gesehen und miteinander gesprochen hatten. Der Gedanke ließ sie einfach nicht los. „Es ist so seltsam“, sagte sie schließlich. „Was machst du hier?“
    „Das habe ich dir doch gesagt. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“
    „Und wie hast du von meinem Unfall erfahren?“
    „Ein Kollege von der Leitstelle, den ich kenne, ist bei der Feststellung der Fahrzeughalter über deinen Namen gestolpert und hat darauf bei uns in der Mordkommission Bescheid gesagt. Sie haben mir dann auch deine Brieftasche mit deinen Papieren mitgegeben. Ich habe sie gestern Nacht mitgebracht, als ich hier war, und sie zu deinen anderen Sachen getan.“
    Sherri schloss einen Moment lang die Augen. „Es ist schwierig für mich, mich zu konzentrieren. Ich habe das Gefühl, in meinem Kopf dreht sich alles.“
    „Das kommt von den Medikamenten, die sie dir gegeben haben. Das gibt sich wieder. Die Schwester hat mir gesagt, du machst dich großartig und kommst bald wieder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher