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Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)

Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)

Titel: Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
Autoren: T.R. Ragan
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eine solche Person sie wirklich brauchen und was zum Teufel würde sie dann machen? Nichts. Aber sie hätte ein schlechtes Gewissen, so viel stand fest. Und ein schlechtes Gewissen zu haben, war genauso, wie wenn man ständig fror oder Angst hatte. Es war beschissen.
    Lizzy ging wieder in das vordere Zimmer. »Hat irgendwer angerufen?«
    »Zwei Leute. Mrs. Kirkpatrick von der Granite Bay High School wollte wissen, ob Sie einen Vortrag vor dreihundert Schülern halten könnten. Und dann war da noch ein Typ namens Victor – einen Nachnamen hat er nicht genannt. Er hat mir einen Haufen Fragen gestellt und gesagt, er sucht jemanden, der seine Frau beschattet. Ich hab ihm gesagt, dass wir so was nicht machen. Aber er ist anscheinend einer von der Sorte, die das Wort
Nein
nicht verstehen.«
    Wir? Dieses Mädchen hatte gerade mal zwanzig Stunden in ihrem Büro auf dem Buckel, und da benutzte sie schon Sätze mit
wir. »Hat er eine Telefonnummer hinterlassen?«
    »Nein. Er hat gesagt, er ruft später noch mal an.«
    Fünf Stunden später war Jessica weg und Lizzy tippte ihren Eintrag für den heutigen Tag in ihr Tagebuch. Eigentlich hatte sie keine Lust, ihre Gefühle niederzuschreiben, aber ihre Schwester hatte sie gebeten, oder vielmehr
angebettelt
, es wenigstens zu versuchen. Schreib einfach, was du willst, hatte Cathy gesagt. Irgendetwas, egal was. Lass es einfach raus.
Okay
, dachte Lizzy,
dann mal los.
    Fünfter Tag: Ich hasse es, in dieses Tagebuch zu schreiben. Heute ist es kalt und neblig. Kein diesiger Nebel, sondern einer von der dichten Sorte, bei dem man nicht einmal die Hand vor Augen sehen kann. Ersterer ist mir lieber.
    Verdammt noch mal, das war kein Tagebuchtext, sondern ein Wetterbericht.
    Das Schild an der Tür, das meine Schwester von einem Profi anfertigen ließ, gefällt mir sehr gut. Es sieht wirklich schön aus.
    Lizzy kaute an ihrem Bleistift und überlegte, was sie als Nächstes schreiben sollte. Dann tippte sie wieder auf die Tastatur ein.
    Da ist dieses Mädchen, das meinen Selbstverteidigungskurs besucht. Sie heißt Hayley Hansen und ist ziemlich zäh. Ich mag sie. Sie ist mir sehr ähnlich. Jemanden wie sie muss ich einfach mögen.
    Sie starrte auf den Bildschirm und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. Sie war wirklich gut darin, mit ihren Fingerspitzen ein regelrechtes Trommelfeuer zu entfachen. Sie seufzte und überwand sich, weiterzutippen.
    Diese Tagebuchschreiberei ist wirklich ätzend. Wie soll ich jemals wieder ein ausgeglichener Mensch werden, wenn ich jeden Tag immer wieder »das ist Scheiße« tippe? War ich überhaupt jemals im Leben ausgeglichen? Wer weiß. Bis demnächst, Liz.
    Lizzy drückte auf
Speichern
, fuhr den Computer herunter und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Auf ihrer Liste der Dinge, die sie verabscheute, kam das Tagebuchschreiben gleich nach dem Alleinsein im Dunkeln.
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    Cathy hatte recht. Lizzy fühlte sich jetzt besser. Nicht, weil sie in ihr Tagebuch geschrieben hatte, sondern weil sie für heute mit dem Schreiben fertig war.
    Lizzy schnaubte und warf den Bleistift in das Gefäß. Plötzlich klingelte das Telefon. Sie nahm ab und hörte, wie ein Mann sagte, er wolle sie sprechen, und dabei ausdrücklich ihren Namen nannte. »Ja, ich bin am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Hmmm. Es war Victor, der Anrufer, den Jessica vorhin erwähnt hatte. Lizzy legte die Füße auf den Schreibtisch. »Ja«, erwiderte sie, »Jessica hat mir ausgerichtet, dass Sie angerufen haben. Ich fürchte allerdings, dass ich Ihnen nicht helfen kann … dreihundert Dollar pro Tag?« Sie nahm die Füße vom Tisch und ließ sie auf den Boden fallen, während sie Victor zuhörte, der von seiner Frau und seiner Tochter erzählte. Lizzy nahm normalerweise keine Aufträge an, die mit Familienangelegenheiten zu tun hatten – hauptsächlich deswegen, weil sie bei ihr unangenehme Gefühle hervorriefen. Sie war auf Ermittlungen im Zusammenhang mit Autounfällen undProdukthaftung spezialisiert. Am liebsten waren ihr sogenannte »Ausrutscher«, Fälle, in denen sie Firmen half, Klagen von Leuten abzuwehren, die kreuz und quer durchs Land fuhren, Öl auf den Boden gossen, absichtlich darauf ausrutschten und hinfielen, damit sie große Firmen auf noch größeren Schadensersatz verklagen konnten.
    Aber sie musste ja von irgendetwas leben. Also wäre es dumm, dreihundert Dollar pro Tag abzulehnen, für die sie nichts weiter tun sollte, als den
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