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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät
Autoren: Jan Guillou
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Anschließend wurden die Barschfilets unter lautem Lob, wie gut Stan sie geangelt habe, vertilgt. Sie wurden mit einem trockenen Muscadet heruntergespült, um nach dem leicht süßen Beginn eine Unterbrechung zu schaffen, bevor sie zu dem gedünsteten Lachs und dem weißen Burgunder übergingen.
    Inmitten der vollkommenen schwedischen Sommerdämmerung und der guten Laune der Tischgesellschaft läutete das Telefon. Carl und Åke wechselten einen schnellen besorgten Blick, weil der Apparat ohne Anrufbeantworter, über den nur spezielle Gespräche einlaufen konnten, geläutet hatte.
    Bei Tisch gab es so etwas wie einen schnellen Wetterumschwung, als Carl mit düsterem Blick aufstand, um ins Haus zu gehen und im großen Wohnzimmer abzunehmen. Während er eine kurze leise Unterhaltung führte, erstarb das Gespräch am Tisch. Als er wiederkam, blickten ihn vier fragende und unruhige Gesichter in Erwartung einer Nachricht an; auch Stan hatte an der Reaktion der anderen gemerkt, daß dieser Anruf den Rest des Abends ruinieren könnte.
    Carl trat an den Tisch und umfaßte seine Stuhllehne, als wollte er sich sammeln, bevor er etwas sagte. Niemand am Tisch bewegte sich.
    »Nun«, begann er sehr ernst. »Das war der Ministerpräsident. Er bittet übrigens um Entschuldigung für die Störung unseres netten kleinen Essens.«
    Carl überlegte, wie er fortfahren sollte. Doch dann wandte er sich an Stan und zeigte ein schiefes kleines Lächeln.
    »Der Ministerpräsident hat mir mitgeteilt, daß der Präsident der Vereinigten Staaten soeben angerufen hat, um zu sagen, daß man mir das Navy Cross zuerkannt hat. Einige der Anwesenden werden übermorgen in der Botschaft der USA erwartet, wo eine kleine Zeremonie stattfinden wird.«
    Carl zuckte die Schultern und wollte sich gerade wieder setzen, als er zufällig den Gesichtsausdruck des Jungen bemerkte. Natürlich, es war undenkbar, daß ein achtjähriger Amerikaner nicht wußte, was das Navy Cross bedeutet.
    Carl richtete sich auf und sah Stan in die Augen. »Well, junger Mann«, begann er mit gespielter Strenge. »Ich kann verstehen, daß du unter dem Coca-Cola-Verbot bei diesem Essen gelitten hast. Aber«, fuhr er in scherzhaftem Ton fort, »das hier muß natürlich gefeiert werden, und wenn du bisher noch keinen Champagner getrunken hast, ist jetzt eine gute Gelegenheit dazu!«
    »Mit oder ohne Erlaubnis deiner Mutter«, fügte er hinzu und zwinkerte dem Jungen zu. Dann drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten in Richtung Weinkeller.
    *
    SELBSTMORD MIT INDISCHEM SEILTRICK lautete die zynische Schlagzeile der größten Tageszeitung Bristols. Der Artikel war nicht allein aus journalistisch-ethischen Gründen mehr als fragwürdig.
    Der siebenundzwanzigjährige Computerspezialist Ashraf Dajibhai war erstens kein Inder, sondern pakistanischer Herkunft. Zudem waren die Umstände seines Todes dermaßen kurios, daß es eigenartig erscheinen konnte, weshalb die Polizei von Bristol so schnell mit ihrer Schlußfolgerung an die Öffentlichkeit ging, es handle sich um Selbstmord.
    Ashraf Dajibhai sollte sich auf folgende Weise selbst erdrosselt haben: Zunächst verband er vier Abschleppseile aus Kunststoff der Marke Cyclone miteinander, befestigte das eine Ende an einem großen Baum und legte sich das andere um den Hals. Danach sollte er sich ans Lenkrad seines grünen Audi 80 gesetzt haben und ziemlich langsam losgefahren sein, bis das Seil sich streckte und die Schlinge um seinen Hals ihn erdrosselte.
    Auf dem Rücksitz des Wagens lagen zwei Weinflaschen, die er in einer nahe gelegenen Tankstelle gekauft haben sollte. Die eine Flasche war zu zwei Dritteln leergetrunken.
    Schon dieser Umstand hätte genügen müssen, um das Vorliegen eines Verbrechens zu rechtfertigen, also eines arrangierten Selbstmords. Ashraf Dajibhai war gläubiger Moslem, was nicht nur Selbstmord zu einer Todsünde machte. Selbstmord in Verbindung mit Alkoholkonsum erschien zumindest seinen Verwandten als weit jenseits der Grenze zum Bizarren; Ashraf Dajibhai hatte in seinem ganzen Leben keinen Tropfen Alkohol getrunken.
    Nachdem die Polizei von Bristol mit Hilfe ihrer Londoner Kollegen von New Scotland Yard rekonstruiert hatten, was Ashraf Dajibhai in seinen letzen Tagen und Stunden getan hatte, hätte noch weniger für einen Selbstmord sprechen müssen.
    Dajibhai war eins dieser jungen Computergenies, denen es sehr schnell gelungen war, sich in gute finanzielle Verhältnisse emporzuarbeiten. Er war schuldenfrei
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