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Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Titel: Im Namen der Gerechtigkeit - Roman
Autoren: Nagel & Kimche AG
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hauptsächlich zu sozialen Themen. Die Zeitschrift A-Zone (die er nicht kannte) vermerkte sie als Mitarbeiterin.
    Doni scrollte weiter. Er erfuhr, dass die Journalistin es mit einer kleinen Untersuchung über die Schwarzbauten in der Gegend vom Viale Fulvio Testi auf die Webseite des Espresso geschafft hatte. Flüchtig las Doni die erste Zeile, dann klickte er auf die Rubrik Bilder . Nur ein Foto schien zu ihr zu passen. Die Auflösung war gering, viel war nicht zu erkennen, Elena hatte blondes, lockiges Haar, das ihr auf die Schultern fiel, und sie lächelte nicht.
    Doni löschte die Mail und warf noch einen Blick auf die ANSA -Seite. Ein Mord in der Emilia. Streitereien im Parlament. Angriffe auf Richter und Staatsanwälte im Allgemeinen und auf die in Mailand im Besonderen.
    Er schaltete den Rechner aus, nahm seine Jacke und ging nach Hause.

3
    DONI WOHNTE IN der Via Orti, hinter dem Corso Porta Romana. Von seiner Wohnung bis zum Justizpalast war es nicht weit, zu Fuß in dem Rhythmus, den er in den Lauf der Jahre graviert hatte, genau zwölf Minuten.
    Auf dem Hinweg ging er durch die Via della Commenda, am Hauptkrankenhaus mit seiner roten Backsteinmauer entlang, die ihm eine Londoner Prägung gab, und mit den Rettungswagen auf dem Parkplatz. Dann kam die Piazza Umanitaria und gegenüber ein reizender Palazzo in Beige. Manchmal, wenn er zu früh aus dem Haus gegangen war, hielt Doni einen Moment inne, um ein besonderes Vergnügen zu genießen: mitten in Mailand unter Bäumen auf einer Bank zu sitzen. Dann war er nicht mehr dort, sondern in einer Stadt in Mitteleuropa, in einer kühlen, würdevollen Metropole – Wien, München, Paris –, wo Form und Gedächtnis im Schatten einer Abkürzung vereint waren.
    Schließlich bog er in die Via Daverio, wo bereits die Rückseite des Justizpalastes zu sehen war, das erhöhte, schwarze Dach mit den in den achtziger Jahren hinzugefügten Stockwerken, die zur Ermüdung der Steinplatten geführt hatten. Von hier aus wirkte der Palazzo wie eine gestrandete Galeone.
    Auf dem Rückweg, so wie jetzt, änderte er seine Route und ging durch die Via Pace. Dieselben Straßen, derselbe Schritt, hin und zurück: zwölf Minuten.
    So war es nicht immer gewesen.
    Einige Jahre zuvor hatte er weiter südlich gewohnt, am Außenring. In einer Querstraße zum Viale Liguria. Im Sommer war er samstags mit Claudia und Elisa an den Navigli, den Kanälen Mailands, frühstücken gegangen. Bei Tee und Gebäck schauten sie auf das langsam dahinfließende Wasser. Dann machte Elisa einen Bummel durch die Buchhandlungen und Boutiquen am Kanal, kaufte einen Armreif aus Holz oder eine Kette, und zu dritt kehrten sie wieder nach Hause zurück – eine Familie.
    Und davor? Die Wohnung seiner Eltern, zwei Jahre in Apulien, fünf Jahre in den Marken, wo er sich von unten hochgearbeitet hatte, und dann weitere zehn in Gallarate – die schlimmsten –, in dieser Kleinstadt, die in die Mailänder Gegend geschleudert war wie ein Satellit; hin und zurück im Auto, anderthalb Stunden im Stau, Auseinandersetzungen mit Claudia, weil es so nicht weitergehen konnte in jener Zeit, die ihnen wie ein einziger, langer November erschien.
    Doch das war vorbei. Staatsanwalt in Mailand und schließlich Oberstaatsanwalt.
    Doni nahm die Treppe, statt mit dem Aufzug hinaufzufahren, und betrat die Wohnung. Claudia war noch nicht zu Hause oder war noch einmal weggegangen.
    Da er seine Diät zum Mittag ohnehin schon nicht eingehalten hatte, nahm Doni eine Flasche Müller-Thurgau und einige Gourmetpäckchen aus dem Kühlschrank. Er stellte einen Teller mit drei Scheiben spanischem Knochenschinken, zwei Röllchen Butter, einigen marinierten Sardellen, etwas geraspeltem Parmesan und einigen gefüllten Kirschpaprika zusammen. Bewundernd betrachtete er das Ergebnis.
    Dann nahm er ein Weinglas aus der Anrichte und goss sich ein. Er trug alles ins Wohnzimmer und schaltete die Stereoanlage ein. Im CD -Player lag noch die Fünfte von Mahler, und Doni beließ es dabei.
    Er stellte den Teller auf den niedrigen Glastisch, trank einen Schluck und ließ den Kopf gegen die Rückenlehne fallen.
    Er erwachte vom Klappen der Tür. Nacheinander setzten sich die Stückchen des Abends wieder zusammen. Mahler war nun beim Rondo, der Teller vor ihm war noch unangetastet, und Claudia war nach Hause gekommen.
    «Hallo», sagte sie hinter ihm.
    «Ciao», sagte Doni vorsichtig.
    «Entschuldige, ich war mit der Tür etwas zu laut. Hast du gerade Mahler
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