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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose
Autoren: Sarah Lark
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dem Nichts aufgebaut, und sein Sohn mehrte
den Wohlstand und bemühte sich um gesellschaftliches Ansehen.
Dazu hatte auch seine Heirat mit Lucinda Raiford beigetragen, die aus
einer verarmten Adelsfamilie stammte – was vor allem auf die
Vorliebe ihres Vaters für Glücksspiel und Pferderennen
zurückzuführen war, wie man in der feinen Gesellschaft
munkelte. Mit dem bürgerlichen Stand fand Lucinda sich nur
widerwillig ab und neigte als Reaktion auf den gesellschaftlichen
Abstieg ein wenig zum Protzen. So fielen die Empfänge und
Gartenfeste der Greenwoods immer ein wenig üppiger aus als
vergleichbare Ereignisse bei anderen Honoratioren der Londoner
Gesellschaft. Die anderen Damen genossen das, zerrissen sich aber
nichtsdestotrotz die Mäuler darüber.
    Auch heute wieder, zu dem schlichten Abendessen mit der Familie,
hatte Lucinda sich ein wenig zu festlich herausgeputzt. Sie trug ein
elegantes Kleid aus fliederfarbener Seide, und mit ihrer Frisur
musste ihre Zofe stundenlang beschäftigt gewesen sein. Lucinda
plauderte über ein Treffen des Damenkomitees für das
örtliche Waisenhaus, an dem sie an diesem Nachmittag
teilgenommen hatte, doch viel Resonanz erhielt sie nicht; weder Helen
noch Mr. Greenwood waren sonderlich interessiert.
    Â»Und, was habt ihr mit diesem schönen Tag angefangen?«,
wandte Mrs. Greenwood sich schließlich an ihre Familie. »Dich
brauche ich wohl gar nicht erst zu fragen, Robert, vermutlich waren
es wieder nur Geschäfte, Geschäfte, Geschäfte.«
Sie bedachte ihren Mann mit einem Blick, der wohl liebevoll
nachsichtig wirken sollte.
    Mrs. Greenwood war der Meinung, dass ihr und ihren
gesellschaftlichen Verpflichtungen seitens ihres Gatten zu wenig
Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Nun verzog er unwillig das Gesicht.
Wahrscheinlich lag Robert eine unfreundliche Antwort auf der Zunge,
denn seine Geschäfte ernährten nicht nur die Familie,
sondern machten auch Lucindas Mitarbeit in den diversen Damenkomitees
erst möglich. Helen bezweifelte jedenfalls, dass Mrs. Greenwoods
überragende organisatorische Fähigkeiten für ihre Wahl
gesorgt hatten – eher die Spendenfreudigkeit ihres Gatten.
    Â»Ich hatte ein sehr interessantes Gespräch mit einem
Wollproduzenten aus Neuseeland, und ...«, begann Robert mit
Blick auf seinen ältesten Sohn, doch Lucinda sprach einfach
weiter, wobei sie diesmal vor allem William mit ihrem nachsichtigen
Lächeln bedachte.
    Â»Und ihr, meine lieben Söhne? Sicher habt ihr im Garten
gespielt, nicht wahr? Hast du George und Miss Davenport wieder beim
Krocket geschlagen, William, mein Liebling?«
    Helen starrte angestrengt auf ihren Teller, bemerkte aber aus dem
Augenwinkel, wie George in seiner typischen Art gen Himmel zwinkerte,
als riefe er einen verständnisvollen Engel um Beistand an.
Tatsächlich war es William nur ein einziges Mal gelungen, mehr
Punkte zu machen als sein älterer Bruder, und damals war George
schwer erkältet gewesen.Gewöhnlich brachte sogar Helen den
Ball geschickter durch die Toreals William, obwohl sie sich meist
unbeholfener anstellte, als sie war, um den Kleinen gewinnen zu
lassen. Mrs. Greenwood wusste das zu schätzen, während Mr.
Greenwood sie tadelte, wenn er die Täuschung bemerkte.
    Â»Der Junge muss sich daran gewöhnen, dass das Leben
hart mit Versagern umspringt!«, sagte er streng. »Er muss
verlieren lernen, nur dann wird er letztendlich siegen!«
    Helen bezweifelte, dass William jemals siegen würde, auf
welchem Gebiet auch immer, doch ihr flüchtiger Anflug von
Mitleid mit dem unglücklichen Kind wurde gleich von dessen
nächster Bemerkung zunichte gemacht.
    Â»Ach, Mummy, Miss Davenport hat uns gar nicht spielen
lassen!«, sagte William mit kummervoller Miene. »Wir
haben den ganzen Tag im Haus gesessen und gelernt, gelernt, gelernt.«
    Natürlich warf Mrs. Greenwood Helen sofort einen
missbilligenden Blick zu. »Ist das wahr, Miss Davenport? Sie
wissen doch, dass die Kinder frische Luft brauchen! In diesem Alter
können sie noch nicht den ganzen Tag über den Büchern
sitzen!«
    In Helen kochte es, doch sie durfte William nicht der Lüge
bezichtigen. Zu ihrer Erleichterung mischte George sich ein.
    Â»Das stimmt doch gar nicht. William hatte wie jeden Tag
seinen Spaziergang nach dem Mittagessen.Aber da hat es gerade ein
bisschen geregnet, und er mochte nicht rausgehen. Die Nanny hat
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