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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr
Autoren: Wadim Koshewnikow
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hielten.
    Schwarzkopf beruhigte sich erst gegen Abend. Als Johann Weiß die von ihm bestellten Geräte brachte, begann er ihm begeistert von geplanten Vorhaben zu erzählen, doch Weiß erinnerte ihn bescheiden daran, daß er nicht genügend gebildet sei und die von Schwarzkopf entwickelten technischen Pläne nicht begriffe.
    Zu Schwarzkopfs Sohn hatte Weiß freundschaftliche Beziehungen, und Heinrich versicherte mehrfach, daß Johann sein wahrer Freund sei. Er nahm ihn öfter zu Professor Goldblatt mit, dessen Tochter Berta sonntags junge Leute um sich versammelte. Berta studierte am Konservatorium und gab bereits Konzerte im Ausland. An den Musikabenden saß Weiß bescheiden irgendwo in der Ecke. Vor dem Abendessen ging er in die Küche und half der Köchin, Aufschnittplatten vorzubereiten, Flaschen zu entkorken, Eis für die Getränke zu zerkleinern.
    Als Heinrich fragte, was Johann von Berta halte, antwortete er:
    "Sie ist schön!"
    „Und?"
    „Sie ist begabt."
    „Ja, weiter!" verlangte Heinrich ungeduldig.
    „Sie wird bestimmt berühmt."
    Heinrich zuckte nervös mit den Schultern und sagte heftig:
    „Genauso! Sie braucht einen Mann, der ihr die Koffer hinterherschleppt. Und Vater verlangt, daß ich diese stolze Jüdin im Interesse seiner Pläne heiraten soll. Er will den Professor zum Mitarbeiter der Firma 'Rudolph Schwarzkopf' machen."
    „Und wieso hältst du sie für stolz?"
    „Weil sie davon träumt, mit ihrem Flügel das Publikum zu beherrschen, so, wie wir Deutschen von der Weltherrschaft träumen." „Das ist doch nicht ein und dasselbe ..."
    Heinrich sagte gereizt:
    „Vater sympathisiert ja wohl nicht allzusehr mit dem Faschismus. Aber Goldblatt will er nur ausnutzen, seine Ideen in Patente zu verwandeln und der alleinige Besitzer der Firma zu werden. Auf diese Weise will er die größten Konzerne der Welt beherrschen."
    „Er ist ein Technokrat und Phantast!"
    „Jedenfalls ist er ein sehr begabter Mensch. Und ich?"
    Weiß zögerte:
    „Du zersplitterst dich zu sehr. Besonders mit dem Sport übertreibst du ein bißchen."
    Mehr sagte Weiß nicht. Überhaupt ging er kaum aus sich heraus, obwohl Heinrich ihn öfter dazu aufforderte, aus seinem Leben zu erzählen.
    Von seiner Kindheit sprach Johann, abgesehen davon, daß er früh Waise wurde, nur ungern. Er hatte auf einem Bauernhof, der einem Emigranten aus Rußland gehörte, gearbeitet. Familienwärme hatte er erst kennengelernt, als er zu einer Tante übersiedelte. Diese Tante half ihm, sich wieder als Deutscher zu fühlen. Sie besaß viele Bücher, aus denen er etwas über sein Vaterland erfuhr, das er liebte, aber nur oberflächlich kannte.
    Im Motorsportklub galt er als persönlicher Mechaniker Heinrichs. Er lehnte es zwar nicht ab, den anderen den Motor für das Rennen vorzubereiten, kleinere Reparaturen an Ort und Stelle vorzunehmen, schrieb aber jedesmal eine Rechnung aus, reichte sie dem Besitzer und lächelte unzufrieden, wenn die Abrechnung sich verzögerte.
    Den Sportlern gegenüber verhielt er sich höflich, aber kurzangebunden. Und obwohl er in seiner enganliegenden Ledermontur den Mädchen gefiel, bändelte er nicht mit ihnen an. Als Heinrich ihn fragte, ob er fürchte, seine Unschuld zu verlieren, antwortete Johann ernsthaft, daß er vor allem fürchte, die Kundschaft zu verlieren, er befolge lediglich die Verhaltensregeln, die ihm Herr Kunz auferlegt hätte.
    Heinrich lächelte spöttisch.
    „An deiner Stelle würde ich mich schon aus dem Gefühl des Klassenprotestes heraus über die Bourgeoisie hinwegsetzen. Umsomehr, als bei dir die äußeren Gründe dafür naheliegen."
    Johann zuckte die Schultern und erklärte, daß, obwohl er augenblicklich tatsächlich Arbeiter sei, das noch keineswegs bedeute, daß er es immer bleiben werde.
    „Aha", sagte Heinrich lächelnd, „du rechnest auf glänzende Aussichten im Reich."
    „Nein", antwortete Johann, „mit besonders glänzenden Aussichten rechne ich nicht. Ich weiß, daß man mich in Deutschland sofort einziehen wird."
    „Und trotzdem willst du fahren."
    „Ich bin doch Deutscher, und die Pflicht steht bei mir an erster Stelle, auch wenn ich weiß, daß das Soldatenleben keine beneidenswerte Sache ist."
    „Kopf hoch, Alter!" Heinrich klopfte ihm herablassend auf die Schulter. „Onkel Willi ist ein großer Mann; ich geb dir einen Brief für ihn mit. Er wird dich schon irgendwohin stecken, wo du warm und sicher sitzt."
    „Dafür wäre ich sehr dankbar", sagte Johann
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