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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer
Autoren: Frances Fyfield
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hereingeweht werden, da muß man sich vor Feldmäusen in acht nehmen«, fügte sie ironisch hinzu, fest entschlossen, sich zu behaupten und ihn bei der Gelegenheit auch etwas zu foppen. »Aber eigentlich hätte ich ja doch erwartet, daß Katherine sich um diese Dinge kümmert.«
    »In der Regel«, bemerkte er ausweichend. Sie faßte sich ein Herz.
    Es gab eine Reihe Dinge, die sie nicht zur Sprache bringen wollte, aber mußte, und zwar unter vier Augen, ehe Katherine wiederkehrte.
    »David. Wo ist eigentlich Jeanetta?«
    »Jeanetta?« Er wandte ihr langsam den Kopf zu, als müsse er nachdenken, von wem die Rede sei. »Ach so, Jeanetta. Sie ist bei ihrer Großmutter. Vorübergehend.«
    »Bei Sophie?«
    »Ja, natürlich.«
    »Seit wann denn?« Er schaute auf den Tisch hinunter, fuhr mit den Händen über den dampfenden Tee und zog zugleich ein Set darunter, um die polierte Tischplatte zu schonen.
    »Erst seit Dienstag, also seit zwei Tagen. Wir hatten zum Geburtstag eingeladen, weißt du.« Marys steifer Nacken entspannte sich. Seit Dienstag erst. Dann hatte Sophie es heute schlicht vergessen zu er-wähnen, die Schlawinerin. Der Moment der Erleichterung war kurz.
    Sophie hätte es ganz bestimmt erwähnt, selbst eine halb senile Sophie hätte derartige Neuigkeiten nicht für sich behalten können. Ma-ry biß die Zähne zusammen und nippte an ihrem Tee.
    »Nicht gerade dein Lieblingskind, wie?« meinte sie. Davids Blick wanderte zu den offenen Flügeltüren. Draußen spielte auf der schmalen Terrasse Jeremy mit seinen Klötzen, ein Bild kindlicher Hingabe.
    Er war so vertieft, daß er seine Tante weder bemerkt noch begrüßt hatte.
    »Jeanetta?« fragte David. Er schien nicht mehr als ein Wort auf einmal herausbringen zu können, wirkte unsicher, wie ein Spieler auf 346
    der Bühne, dem souffliert werden muß. »Jeanetta ist ja nicht von mir, weißt du. Katherines Angelegenheit, das Kind.« Aha, daher wehte also der Wind, eine Ausrede mußte herhalten für eine Ablehnung, die vermutlich nichts mit dem zu tun hatte, was man greifbare Ursachen nennen konnte, etwa Unansehnlichkeit oder Unbeholfenheit – Mängel, die Marys nur sporadische und selten genaue Beobachtungen erst jetzt zutage förderten, weniger wirklich aus eigener Anschauung denn als Kondensat der beiläufigen Bemerkungen Katherines.
    »Sei doch nicht dumm!« fuhr ihn Mary an. »Natürlich ist sie deine Tochter, du blöder Hornochse!« Sie wurde wieder etwas ruhiger. Die Menschen, hieß es, selbst solche männlichen Geschlechts, waren doch der Vernunft zugänglich, und ihm fehlten offenbar wesentliche Informationen. Diese wollte sie soeben nachliefern, als er wieder ansetzte: »Der blonde Typ, dieser Lover, den sie hatte, als ich sie kennenlernte. Sie haben sich auch danach noch ein- oder zweimal getroffen, verstehst du. Sie hat es mir gesagt, sie sagt mir immer alles. Sie waren zusammen, auch nachher noch, ich weiß es. Nach der Geburt habe ich immer drauf gewartet, daß Jeanetta dunkel wird, wie Jeremy. Bei ihm ging es ganz schnell, dunkel wie ich, aber wer blieb blond und fett, wie ein Albino? Wer wohl? Nein, sie ist nicht von mir. Zu häßlich, wie ein blondes Schweinchen.«
    Mary holte tief Luft und sprach langsam und deutlich, wie zu einem Geistesschwachen: »Katherine hatte eine ganze Reihe Männer, wie du wohl weißt…« Sie betonte ihre Worte mit Bedacht, um ihren Zorn und die Röte, die ihr ins Gesicht steigen wollte, unter Kontrolle zu halten. »…darunter diesen letzten mit dem unmöglichen Namen Claud, ein Mann, den ich dann übernommen habe – in jeder Hinsicht. Claud hat sich vor über zehn Jahren sterilisieren lassen, wenn du es genau wissen willst, und das solltest du, wie mir scheint. Er hätte beim besten Willen kein Kind zeugen können. Er versucht es noch immer. Hörst du mir zu?«
    »Sieh mal einer an.« Er lächelte, und wieder, diesmal stärker noch, fürchtete sie sich. Dann legte sich das beklemmende Gefühl abermals. Er zuckte die Achseln und sagte mit Nachdruck: »Was bist du bloß für ein Flittchen, Mary. Muß in der Familie liegen; es mit einem zu treiben, der nicht einmal Kinder zeugen kann. Es verstehe einer 347
    die Frauen… Sieh mal einer an. Nun, vorbei. Hat nichts mehr mit uns zu tun, wirklich überhaupt nichts. Sie, Du-weißt-schon-wer, war einfach abstoßend. Sie mußte verschwinden. Sie war… ich weiß nicht.«
    »War«, »war«. Die Worte hämmerten ihr in den Ohren, jedes versetzte ihr einen Schlag. »Sie,
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