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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition)
Autoren: Dieter Reitze
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die Sache stand auf Messers Schneide. Schnell hatte sich Cedric erholt und wartete nun seinerseits den Angriff des Lechtenberger Knappen ab. Der ließ sich nicht lange bitten und holte mit einer geschickten Körperdrehung Schwung für einen diagonalen Hieb von unten. Dem Herrn sei Dank, denn Cedric drehte pfeilschnell nach rechts ab und entging so diesem Streich. Ehe der andere den Arm wieder heben konnte, erkannte Cedric die sich nun ergebende Blöße und rammte dem armen Jungen die lange Parierstange seines Schwertes direkt in den Bauch. Der Rotschopf brach wie vom Blitz getroffen zusammen und Cedric stand siegreich über ihm.
Dietrich befiel ein derartiges Hochgefühl, dass er einige Zeit brauchte, um seine Worte an Ritter von Lechtenberg zu richten:
»Die Sache hat einen Ausgang gefunden, Herr Ritter. Sicher nicht den, den Ihr gewünscht habt, aber dennoch war es ein bemerkenswerter Kampf.«
»Ich gratuliere Euch zu Eurem Knappen«, brummte der von Lechtenberg, »und werde meine Schuld noch in dieser Stunde begleichen.«
Nun war die Kriegskasse des Dietrich von Seidenpfad wieder angemessen gefüllt, und dieser Knappe hatte wahrlich aus der Not eine Tugend gemacht. Dietrich wollte lieber nicht darüber nachdenken, was geschehen wäre, wenn der andere den Sieg davongetragen hätte.
Noch am selben Tage ritten sie nach Vernon zurück, um Junker Jörg von diesen außerordentlichen Erfolgen zu berichten, aber auch, um von seinem Heilungsfortschritt zu erfahren. Als sie das große, schwere Haupttor der Stadtmauer passierten, erblickte Dietrich den verletzten Stadtsoldaten, der am Abend seiner Ankunft das Tor geöffnet hatte. Seine Wunden hatten sich gebessert und er lächelte den beiden zu.
»Gut so, tapferer Kerl!«, rief Dietrich ihm zu. »Und schützt fürderhin Euer Gesicht mit einer Helmspange!«
Es war ein wirklich schöner Tag und viel Volk lief geschäftig durch die Gassen. Die Blumenweiber boten lautstark ihre Ware feil und die Vogelhändler hatten überall ihre kleinen Käfige aufgestellt. Es zwitscherte und wisperte und über allem hing ein Duft von süßem Honig.
Hoch zu Ross ritt Dietrich gemächlich seinem Ziel entgegen und auch sein Hengst Arcon ließ durch lautes Schnauben sein Wohlbehagen vernehmen. Sein Anblick erweckte auch bei der Damenwelt reges Interesse und so fanden sich auch schnell einige Jungfern, die kichernd und flüsternd ihre Fantasien austauschten. Über den Marktplatz mit seinen unzähligen Ständen, vorbei an der Schmiede, führte sie ihr Weg hinüber zum Wirtshaus.
An der Herberge angekommen, sahen sie ihren Patienten bereits im Garten vor dem Hause sitzen. Einige Männer, aber auch eine schöne Frau, saßen dicht bei ihm und lauschten seinen Erzählungen. Man sah bereits aus einiger Entfernung, wie er seine Berichte mit eindrucksvollen Gesten beschrieb und seine Zuhörer zum Erstaunen brachte. Als sie dann direkt vor dem alten Eisenschild des Wirtshauses die Pferde zügelten, erkannte Jörg seinen alten Kämpen und rief: »Seht her, dieser hier kann mein Erzähltes bezeugen, denn er war es, der fast zwanzig Mauren in einem Kampf erschlug.« Seine Zuhörer wandten sich gespannt zu Dietrich um. Ein Lächeln spielte um dessen Mund, als er mit ruhiger Stimme entgegnete: »Ja, so war es, und die anderen zwanzig Mauren gehen auf seine Kappe.« Die Zuhörer brachen in wildes Gelächter aus und schlugen dem Junker auf die Schulter. »Vorsicht, ihr Narren«, rief dieser mit strengem Blick, »ihr werdet noch meine Wunde aufbrechen!«
Als sie etwas später alle beieinandersaßen und der Wein seine Wirkung nicht verfehlte, raunte Dietrich Jörg ins Ohr: »Diese Schwedenkräuter haben wohl ihre Wirkung getan, mein Lieber. Du bist ja auch schon wieder mit den Damen zugange. Wer ist denn dieses schöne Kind von vorhin?«
»Ihr Name ist Angelique und ihr Vater ein reicher Pfeffersack aus der Bretagne. Da meine Geldmittel fast erschöpft sind, kommt mir ihre Unterstützung in jeder Beziehung recht«, sprach Jörg mit aufgesetzter Unschuldsmine.
Beide lachten und Dietrich berichtete von seiner Ernennung durch den Vetter des Königs zum Hundertschaftsführer, welche er dank des Empfehlungsschreibens bekommen hatte, und bedankte sich artig dafür. Auch der Kampf zwischen den Knappen und das von Ulrich erstrittene Sümmchen entzückten die Zuhörer. Jörgs Männer, voran dieser Riese, wollten sogleich das Gefecht nachstellen. Dietrich aber stand auf und herrschte die Kerle an, denn nach diesem üppigen
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