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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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seine alte Gelassenheit wiedergefunden. Märchenstunde. »Spechtenhauser war gierig und nachdem es ihm mithilfe seines Anwalts nicht gelungen war, mich um meinen Anteil zu bringen, hatte er kontinuierlich das Interesse an der Sonar verloren. Niederlagen konnte er nur schwer verkraften. Selbstverständlich gibt es Sperrklauseln im Gesellschaftervertrag, die den Verkauf an Dritte erschweren. Darüber haben wir geredet. Einig sind wir uns nicht geworden. Gegen achtzehn Uhr bin ich nach Hause gefahren.«
    »Wie stehen Sie zu Donna Rita?«
    »Ein Fels in der Brandung. Klug und besonnen. Ich schätze sie über alles.«
    »Und Galimberti?«
    »Ein Ersatzrad. Und zwar eines von denen, die sich heute in den Autos befinden und die nur die Fahrt bei reduzierter Geschwindigkeit zur nächsten Werkstatt erlauben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Rita und Franz ihn ähnlich eingeschätzt haben und Galimberti nach ihrer Pfeife tanzen ließen, wie es ihnen gerade nützte. In der Gerichtsverhandlung damals, die ich angestrengt hatte, um meine Anteile zu retten, hatte der Anwalt keine Chance. Franz hat ihm dies sicher nicht verziehen. Galimberti ist ein Knecht, ein Abhängiger, aber er lebt ausgezeichnet davon.«
    »Vor meiner nächsten Frage muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir die Erlaubnis haben, die von Ihnen getätigten Telefonate der letzten Monate zu überprüfen. Sie kennen sich mit solchen Dingen ja selbst bestens aus, Professore. Standen Sie zu Galimberti in direktem Kontakt?«
    Moser schüttelte entschieden den Kopf. Die schlechte Botschaft schien ihn kaltzulassen. »Nur in Ritas Beisein. Vergangenen Sonntag zum Beispiel bei einem Mittagessen, zu dem die Zwillinge eingeladen haben. Ich kann Opportunisten nicht ertragen.«
    »Wir haben auch die Fingerabdrücke von Donna Rita gefunden. Sie war am Samstag ebenfalls bei Spechtenhauser.«
    Moser riss die Augen auf. Selbst das Verletzte hatte sich bewegt. Laurenti war es nicht entgangen.
    »Nicht, als ich dort war, Commissario«, behauptete der Spaltkopf entschieden. »Dazu müssen Sie sie selbst vernehmen.«
    »Befragen, Professore. Wie ich Sie befrage und nicht vernehme. Oder sehen Sie hier etwa jemand, der Protokoll führt?« Er sah keinen Anlass, dem alten Mann reinen Wein einzuschenken. »Und das habe ich bereits getan, bevor ich zu Ihnen kam.«
    »Also?« Moser legte den Kopf zur Seite.
    »Galimberti ist immer noch als Strafverteidiger tätig. Und die Kreise schließen sich manchmal unerwartet, Professore. Manchmal ist die Lehre des Lebens den Wissenschaften überlegen.«
    »Machen Sie’s kurz, Laurenti.«
    »Vor genau zwanzig Jahren hatten Sie einen Studenten, der sein Studium plötzlich im sechsten Semester abbrach. Ein junger Mann aus Kalabrien. Er hieß Emiliano Cassara …« Laurenti legte eine Pause ein.
    »Salvatore, nicht Emiliano«, korrigierte ihn der Professor. »Ein kreativer Kopf, originell, aber kein Wissenschaftler. Seine Beiträge brachten die Kommilitonen oft zum Lachen, mich übrigens auch. Sie nannten ihn Einstein. Leider völlig undiszipliniert und ohne Verständnis für die Wissenschaft. Entweder schrieb er hervorragende Klausuren oder grottenschlechte. Mittelmaß kannte er nicht. Aber weshalb erwähnen Sie ihn?«
    »Er wurde letzte Nacht in Grado verhaftet.«
    »Weshalb?«
    »Er scheint der Boss der Bande zu sein, die auf der A4 Spechtenhausers Gold geraubt hat.«
    »Alle Achtung, dann hat er doch etwas bei mir gelernt. Das war perfekt eingefädelt.«
    »Fast perfekt. Aber darum geht es mir gar nicht. Dafür sind andere zuständig. Ich muss nur einen Mord aufklären«, sagte Laurenti süffisant. »Cassara hat sein Studium deshalb abgebrochen, weil er verhindert war. Er saß wiederholt im Gefängnis. Galimberti war sein Strafverteidiger.«
    Moser war perplex. »Das gibt mir allerdings zu denken«, sagte er nach einer Pause. »Ich gehe davon aus, dass es rein gar nichts im Spechtenhauser’schen Imperium gab, worüber er nicht im Bild war.«
    »Weiß Donna Rita eigentlich, dass der Anwalt ein Verhältnis mit Gertraud Spechtenhauser hat?«
    Moser grunzte. »Da schau her.« Er schwieg und strich sich durch das wirre Haar. Dann zeichnete ein ununterdrückbares Lächeln seine Züge. »Das könnte einiges verändern.«
    »Inwiefern, Professore?«
    »Rein geschäftlich, Commissario.«
    »Wusste Spechtenhauser davon?«
    »Franz kontrollierte alles und jeden.«
     
    In der Nacht hatte der Himmel aufgeklart, es würde ein schöner Tag werden,
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