Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
umgab sich stets mit einem Trupp der Kompanie. »Sind die Schlafräume oben?« Ich war noch nie im Papierturm gewesen. Der Hauptmann nickte. »Küchenstockwerk, Lagerstockwerk, zwei Stockwerke mit den Quartieren der Dienerschaft, dann die Familie, dann der Syndikus selbst. Bibliothek und Amtsräume sind ganz oben. Er will es einem schwer machen, zu ihm durchzukommen.« Ich untersuchte die Leiche. »Nicht ganz das gleiche wie bei denen in der Gruft, Tom-Tom. Weder Blut noch Organe fehlen. Wie kommt das?« Er hatte keine Antwort für mich. Einauge ebenfalls nicht. Der Hauptmann spähte in den schattigen Aufgang. »Jetzt wird’s kitzlig. Hellebardiere, im- mer eine Stufe zur Zeit. Haltet die Spitzen niedrig. Armbrüste, ihr bleibt vier, fünf Stufen da- hinter. Schießt auf alles, was sich bewegt. Alle Schwerter raus. Einauge, schick deinen Zauber nach vorne.«
Knister. Leise, leise auf der Treppe. Der Geruch nach Angst. Droiing! Ein Schütze hatte ver- sehentlich seine Armbrust abgefeuert. Der Hauptmann fauchte und grummelte wie ein Vulkan mit schlechter Laune.
Nicht das Geringste war zu sehen.
Die Dienstbotenquartiere. Blut war an die Wände gespritzt. Leichen und Leichenteile lagen überall zwischen zerschmetterten und verwüsteten Möbelstücken herum. In der Kompanie gibt es harte Männer, aber selbst der härteste war betroffen. Selbst ich, der ich als Arzt das Schlimmste gesehen habe, was das Schlachtfeld zu bieten hat. Der Leutnant sagte: »Hauptmann, ich hole den Rest der Kompanie. Dieses Biest kommt hier nicht mehr weg.« Sein Ton duldete keinen Widerspruch. Der Hauptmann nickte nur. Das Gemetzel hatte diese Wirkung auf alle. Die Angst wich etwas zurück. Die meisten von uns beschlossen, daß das Wesen vernichtet werden müßte. Von oben ertönte ein Schrei. Es war wie eine Verspottung, die uns entgegengeschleudert wurde und uns aufforderte, doch näher zu kommen. Mit harten Blicken erstiegen Männer die Treppe. Die Luft knisterte unter dem Zauberbann, der ihnen voranglitt. Tom-Tom und Einau- ge zwangen ihr Grauen nieder. Die Jagd hatte nun erst richtig begonnen. Ein Geier hatte den Adler, der auf dem Papierturm nistete, aus seinem Horst vertrieben, für- wahr ein böses Omen. Ich gab keinen Pfifferling mehr für unseren Auftraggeber. Wir waren fünf Stockwerke hinaufgestiegen. Blutige Spuren zeugten davon, daß die Forva-
    laka jedes davon durchschritten hatte…
Tom-Tom riß die Hand hoch, zeigte nach vorn. Die Forvalaka hielt sich in der Nähe auf. Die Hellebardiere knieten hinter ihren Waffen nieder. Die Armbrustschützen zielten auf Schatten. Tom-Tom wartete eine halbe Minute. Er, Einauge, Schweiger und Goblin neigten sich lauernd vor, lauschten auf etwas, das der Rest der Welt nur erahnen konnte. Dann: »Es wartet auf uns. Seid vorsichtig. Laßt es nicht entkommen.« Ich stellte eine dumme Frage, deren Antwort in jedem Fall zu spät gekommen wäre. »Sollten wir nicht Silberwaffen verwenden? Auf den Bolzenköpfen? An den Klingen?« Tom-Tom sah mich verdutzt an.
»In meiner Heimat sagen die Bauern, daß man Werwölfe mit Silber töten muß.« »Bockmist. Man bringt sie genauso um wie alles andere auch. Du mußt dich nur schneller bewegen und härter zuschlagen, denn mehr als eine Chance bekommst du nicht.« Je mehr er offenbarte, desto weniger furchterregend schien dieses Geschöpf zu werden. Das war fast so wie die Jagd auf einen menschenfressenden Löwen. Wozu die ganze Aufregung? Während ich mich das noch fragte, fielen mir die Dienstbotenquartiere wieder ein. »Bleibt jetzt alle stehen«, sagte Tom-Tom. »Und seid ruhig. Wir werden eine Sendung ver- suchen.« Er und seine Kollegen steckten die Köpfe zusammen. Nach einer Weile gab er uns ein Zeichen, daß wir weitergehen sollten. Wir erreichten einen Treppenabsatz und drängten uns dort wie ein menschliches Stachel- schwein mit stählernen Borsten zusammen. Die Zauberer schickten ihren Bann aus. Aus den Schatten vor uns erklang ein wütendes Aufbrüllen, das von Klauenscharren gefolgt wurde. Etwas regte sich dort. Armbrüste feuerten. Ein weiteres, fast spöttisches Brüllen. Die Zaube- rer steckten wieder die Köpfe zusammen. Weiter unten befahl der Leutnant die Männer in Positionen, an denen die Forvalaka auf ihrer Flucht vorbeikommen mußte. Mit wachsender Anspannung rückten wir weiter in die Dunkelheit vor. Leichen und Blut machten den Boden glitschig. Hastig verrammelten die Männer Türen. Langsam drangen wir in die Amtsräume vor. Zweimal
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher