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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes
Autoren: Susan Hastings
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schlanke Taille. Selbstverständlich muss sie geschnürt werden.« Sie legte Désirée mehrere Korsetts vor. »Der Glockenrock ist hinten gerafft, sodass er gefällige Falten wirft.« Sie kramte aus den überdimensionalen Schachteln einen breiten Hut mit Straußenfedern hervor. »Das ist die neueste Mode in Paris. Dank unserer Kolonien können wir ja die begehrten Straußenfedern ins Mutterland senden. Aber diese hier«, sie lächelte verschmitzt, »sind aus erster Hand. Sie haben noch keinen weiten Transport hinter sich. Schauen Sie nur die Qualität.« Madame spitzte die Lippen. »Damit sind Sie ganz en vogue . Dazu einen hellen Sonnenschirm, voilà !«
    Aus einem Stapel Schuhkartons suchte sie wildlederne Schnürstiefel heraus. »Dies hier ist ein besonders schönes Paar«, pries sie sie an.
    Désirée schwieg und starrte nur auf die Berge von Kleidern, Schuhen, Hüten, Korsetts und Wäsche, als sähe sie das alles zum ersten Mal in ihrem Leben.
    »Ach ja, ich Dummerchen!« Madame kicherte albern. »Die ›Unaussprechlichen‹ dürfen wir nicht vergessen. Oder wählen Sie lieber diese Hemdhose, die unten zu knöpfen ist? Sie hat ebenfalls Spitzenstickerei an den Beinabschlüssen und diese knöpfbare Lasche für bestimmte Bedürfnisse.«
    Sie gackerte wieder wie ein übereifriges Huhn. Die Garderobe lag auf allen Stühlen und dem Bett ausgebreitet. Vier Figurinen standen im Zimmer, und auf dem Fußboden stapelten sich Schuh- und Hutschachteln. Désirée saß auf der Kante des einzigen unbelegten Stuhles und verfolgte Madames hektische Aktivitäten mit Erstaunen.
    »Nun, wofür entscheiden Sie sich?«, fragte sie die Modistin schließlich.
    Désirée hob den Blick. »Haben Sie kein Reformkleid?«
    Einen Moment war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Dann schnappte Madame nach Luft. »Reformkleid?«, würgte sie hervor, und das blanke Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ja, um Gottes Willen, wie kommen Sie denn darauf? Das ist ja der Gipfel der Geschmacklosigkeit und Unmoral. Sie wollen Ihre Taille nicht schnüren?«
    »Nein«, erwiderte Désirée. »Und in diesen Breiten ist es geradezu lebensgefährlich, wenn die Lungen nicht frei atmen können.«
    »Ihr Gatte sagte mir, dass Sie unverzüglich nach Paris zurückkehren werden«, erwiderte die Modistin gekränkt. »Ich biete Ihnen die perfekte Garderobe, mit der Sie sich in jedem Pariser Salon sehen lassen können.«
    Désirée neigte verwundert den Kopf. »Mein Gatte?«
    »Selbstverständlich. Ich unterhielt mich mit ihm, kurz bevor ich zu Ihnen kam. Er erklärte mir, worauf er Wert legt.«
    »Worauf er Wert legt«, wiederholte Désirée leise. »Das ist offensichtlich nicht dasselbe, worauf ich Wert lege. Das Kleid muss bequem sein. Und ein Korsett trage ich schon gar nicht.«
    Die Modistin schaute sie verständnislos an. Dann schüttelte sie entschieden den Kopf. »Das, was Sie wollen, ist unmoralisch«, sagte sie pikiert und raffte alle ausgebreiteten Sachen zusammen. »Ich glaube nicht, dass ich Ihnen helfen kann.«
    Es klopfte zaghaft an der Tür. »Darf ich hereinkommen?«, fragte Philippe.
    Die Modistin riss die Tür auf. »Ich bin ohnehin dabei, zu packen«, schnaufte sie wütend. »Und dabei habe ich alles mitgebracht, was nach dem neuesten Pariser Schick geschneidert ist. Alles in Handarbeit, mit den schönsten Straußenfedern.« Sie war den Tränen nah. »Aber Ihrer Gattin gefällt das alles nicht. Sie verlangt nach einem Reformkleid!« Sie schluchzte nun endgültig auf. »Aber das kann ich leider nicht bieten. Wir sind ein anständiger Modesalon.« Sie funkelte Philippe an. »Dabei machten Sie mir so einen überaus seriösen Eindruck. Ich wusste nicht, dass so die Verkommenheit aussieht.«
    »Warten Sie, warten Sie«, versuchte er die aufgeregte Frau zu beruhigen. »Sicher beruht das nur auf einem Missverständnis. Natürlich wird sich meine Frau ein Kleid aussuchen, und wenn sie es nicht tut, dann tue ich es.«
    Er warf Désirée einen tadelnden Blick zu, den sie jedoch ignorierte.
    Hastig wühlte er in den Kleidern, die auf einem Stapel lagen. »Dieses hier als Toilette de Voyage und dieses hier als Toilette de Promenade . Die Hüte können Sie selbst dazu bestimmen.« Er wandte sich zu Désirée um, die immer noch reglos auf ihrem Stuhl saß. »Dein kindischer Trotz wird dir in diesem Fall nicht weiterhelfen.«
    Madame hüstelte verlegen. »Und was ist mit dem Korsett und der Unterkleidung?«
    »Herrje, suchen Sie
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