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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes
Autoren: Kristen Callihan
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Liebster«, gelang es ihr hervorzustoßen. »Nicht jetzt. Es ist noch Zeit.«
    Sie ließ sich von ihm ausziehen und half ihm mit seiner Kleidung, während sie schweigend sanfte Küsse tauschten und seine Hände sie zitternd überall berührten, um sich ihren Körper genau einzuprägen. Genauso erforschte sie ihn. Seinen herrlichen starken Körper, der nie alt, nie krank werden würde. Er war das Wunder, das ihr als Mensch nie vergönnt sein würde.
    Langsam erforschten sie einander aufs Neue. Hier, in der Geborgenheit ihres Bettes, mit ihm, seiner Berührung, seinem Geschmack hatte Zeit keine Bedeutung für sie. Sie ward ewiglich. Ganz und gar. Sie hielt an diesem Gefühl fest, bis er schließlich einschlief, obwohl ihre Glieder immer noch miteinander verwoben waren.
    Doch Daisy konnte keine Ruhe finden. Vorsichtig, um Ian nicht zu wecken, schlüpfte sie aus dem Bett und trat auf den Balkon. Im Mondlicht schimmerte ihre Haut marmorweiß. Sie sah ihre nackten Arme an und dachte über ihr Leben nach. Sie hatte nicht so gelebt, wie sie es eigentlich hätte tun sollen. Kalter Zorn kam in ihr hoch, und ihre Hände zitterten. Sie hatte sich nicht um ihre Wünsche und Bedürfnisse gekümmert. Und jetzt würde sie nicht mehr die Gelegenheit bekommen, ihr Glück zu finden. Daisy senkte den Kopf und unterdrückte den Schrei, der in ihr aufsteigen wollte. Doch als ihr Atem sich wieder beruhigte und die innere Ruhe zurückkehrte, kam ihr plötzlich ein Gedanke. Die Möglichkeiten, die damit einhergingen, waren einfach verlockend. Sie richtete sich auf. Könnte das klappen? Könnte sie es tun?
    Ian rührte sich nicht, als sie wieder hereinkam und auf nackten Füßen ins Ankleidezimmer ging. Hoffnung und Furcht ließen das Blut schneller durch ihre Adern fließen, während sie sich fertig machte, um das Haus zu verlassen. Von den beiden Empfindungen war Furcht die Stärkere. Das Unbekannte hatte Daisy immer Angst gemacht, aber jetzt würde sie ihm entgegentreten. Sie hoffte nur inständig, dass Ian es verstehen würde, wenn er erfuhr, was sie getan hatte.

39
    Ian zertrümmerte mit seiner Faust beinahe die Eingangstür von Archer House. Er hämmerte mit all der Furcht und dem Schmerz, die seine Seele gepackt hatten, dagegen.
    »Aufmachen!« Er brüllte so laut, dass seine Kehle dabei rau wurde. »Aufmachen, verflucht noch mal!«
    Ehe er anfangen konnte, zu heulen und die Tür mit seinen Krallen in ihre Einzelteile zu zerlegen, wurde sie aufgerissen.
    Wütend stand Miranda vor ihm. Ihre grünen Augen glitzerten. »Northrup, sind Sie verrückt geworden? Mein Butler hat sich vor Angst im Schrank verkrochen …«
    »Wo ist sie?« Die Notwendigkeit, Daisy zu halten, ließ ihn am ganzen Körper zittern. Das Warten brachte seinen Wolf zum Winseln und seine Muskeln zum Zucken.
    Als Miranda ihn nur verwirrt ansah, wäre er fast in die Knie gegangen. Instinktiv wusste er, dass sie keine Ahnung hatte, wo Daisy sich aufhielt. Als er allein aufgewacht war, hatte er gewusst, dass Daisy für immer gegangen war.
    Bittere Galle stieg in ihm hoch. Seine Knie knallten auf die Bodenfliesen. Sie war fort. Er spürte es, spürte, wie ihre Seele ihm entglitt und ihn eiskalt zurückließ.
Allein.
    Eine Hand berührte seine Schulter. »Ian«, wisperte Miranda rau. »Wo ist meine Schwester?«
    Vor Wut und Verzweiflung bohrten sich die Reißzähne in seine Unterlippe, und er schmeckte Blut. Sie hatte aufgegeben. Schluss mit ihm gemacht. Ein Klageruf hallte durch den Raum. Er merkte, dass er ihn ausgestoßen hatte.
    Die Worte fühlten sich wie Glassplitter in seinem Mund an. »Sie ist ihren eigenen Weg gegangen.«
    Ihre Schritte hallten in der Stille, als Daisy langsam über die Waterloo Bridge lief. Sie hatte Angst, große Angst, und ihr war kalt. Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre weggerannt … zurück zu Ian und seiner Wärme. Mit um den Leib geschlungenen Armen ging sie weiter. Dichter Nebel hüllte die Brücke in einen grauen Schleier, der nur vom geisterhaften Schein der Gaslaternen unterbrochen wurde.
    Sie wollte nicht an ihn denken. An ihre Familie. Ihr Leben. Ihr Schritt stockte. Sie wollte nicht an Maccon denken und was aus ihm geworden war. Ein schrecklich verkrüppeltes Wesen voller Schmerz. Sie zitterte und wurde immer langsamer.
    Das rasende Pochen ihres Herzens übertönte den klagenden Ruf eines Nebelhorns und das Klappern der Bojen. Ihre Lippen bebten, ihre Atemzüge wurden immer kürzer.
    Ich habe Angst. Ich will
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