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Im Bann der Versuchung

Im Bann der Versuchung

Titel: Im Bann der Versuchung
Autoren: Susan King
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umgeschlagen war. Er hatte sich an die Unterseite des Bootes geklammert, gegen die Bewusstlosigkeit angekämpft und sich seiner nassen Kleider entledigt, die ihn in die Tiefe zu ziehen drohten. Doch dann war das Boot gesunken und hatte ihn mit hinabgezogen - bis das Heer der fahlen Rösser ihn an den Fuß des großen Felsens getragen hatte.
    Dougal versuchte aufzustehen, aber erneut schlug eine Welle über ihm zusammen. Er krallte sich an eine Felskante, um nicht zurück ins tosende Wasser gespült zu werden. Doch die Wucht der Brandung war so stark, dass er mit dem Kopf auf den Stein, schlug. Alles um ihn herum versank.
    Als er die Augen schließlich wieder öffnete, blickte er auf ein paar wohlgeformte Füße. Blass und zierlich standen sie dicht neben seinem Gesicht, kleine Zehen und grazile Fußgelenke lugten unter einem weißen, vom Regen durchnässten Kleidersaum hervor.
    Eine Elfe, überlegte Dougal benommen, keine Meerjungfrau, denn dafür hat sie zu verführerische Fesseln.
    Nun kniete sie sich neben ihn; verschwommen nahm er das einfache Hemdchen und das liebreizende Gesicht, umrahmt von nassen Locken, wahr. Das Wesen sprach mit leiser Stimme vor sich hin, während es ein Tuch von den Schultern nahm und ihn damit einhüllte. Die Berührung war wie ein Geschenk des Himmels, die dicke, warme Wolle des Plaids fühlte sich göttlich an.
    Dougal wollte ihr danken, konnte aber nur unverständlich krächzen.
    „Ach, Dhia, schau an, er lebt ja, der da aus dem Meer kommt", sagte sie. Trotz des höllischen Sturms klang ihre Stimme gelassen. „Ich habe hier auf dich gewartet."
    Gälisch. Er verstand ein wenig, aber richtig sprechen konnte er es nicht. Hatte sie wirklich gesagt, dass sie auf ihn gewartet hatte? Dougal nickte unsicher.
    „Du zitterst ja vor Kälte. Sicher hast du dich noch nicht ganz an die menschliche Gestalt gewöhnt." Sie wickelte ihn fester in den Schal ein. „Während ich hier wartete, um unseren uralten Schwur zu erfüllen, stellte ich mir vor, ich würde mich vor dir fürchten - aber nun bist du so schwach wie ein Baby. In deiner Welt magst du ein König sein, aber hier in der unseren brauchst du Hilfe."
    Ein uralter Schwur? Dougal starrte sie verständnislos an. „Ich kam aus dem Meer", versuchte er sich in gebrochenem Gälisch verständlich zu machen. Er war so verwirrt, dass er kaum richtig denken konnte.
    Sie lächelte und schien etwas zu antworten, doch er hörte nur das glockenhelle Lachen einer Elfe, den Rest ihrer Antwort trug der Wind davon. Sie nahm seine Hand, drängte ihn aufzustehen, und während er auf wackeligen Beinen stand, fühlte er sich tatsächlich so schwach wie ein Baby. Dankbar nahm er ihre Hilfe an und stützte sich auf sie, als sie ihre Schulter unter seinen Arm schob. Trotz ihrer elfenhaften Erscheinung fühlte sie sich kräftig und stark an und bot ihm sicheren Halt.
    „Wer bist du ...?" krächzte er, doch der Wind schnitt ihm das Wort ab und machte jegliche weitere Unterhaltung unmöglich. Die Köpfe gegen den Sturm gebeugt, machte sich Dougal mit ihr auf den Weg über den Fels.
    War sie ein menschliches Wesen, das, wie er selbst, an diesem gottverlassenen Ort gestrandet war? Oder hatte sich sein Albtraum in einen wunderbaren Traum verwandelt? Wer oder was auch immer sie sein mochte, er war zutiefst dankbar, dass er nicht mehr allein war. Sie erschien ihm geheimnisvoll und überirdisch, wie ein tanzendes Licht in der Dunkelheit, ein elfenhaftes Wesen, geboren aus Meeresschaum.
    Es war ihm bekannt, dass manche Inselbewohner daran glaubten, die Meere seien von Kelpies und Selkies, von Seerössern und Meerhunden, Meerjungfrauen und Wassernixen, blauen Männchen und ähnlichen sagenhaften Fabelwesen bewohnt. Von Kreaturen, die im Meer lebten und sich in Menschen verwandeln konnten. Und da er selbst in dieser Nacht den Seerössern dieser anderen Welt begegnet war, fand er die Vorstellung, dass dieses Mädchen ein magisches Wesen in menschlicher Gestalt war, durchaus nicht abwegig. Was auch immer sie sein mochte, für ihn war sie eine Wasserfee, denn es hieß, Wasserfeen seien bildschöne, zierliche und sehr hilfsbereite Wesen.
    Die Wellen rollten ohne Unterlass über den Felsen. Ein erneuter Angriff von Wind und Regen zwang die beiden stehen zu bleiben. Dougal zog die grazile Figur nahe zu sich heran unter das Plaid, um sie mit seinem großen, kräftigen Körper zu schützen. Die Arme fest um seine Hüften geschlungen, klammerte sich das Mädchen an ihn. So trotzten
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