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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume
Autoren: Andre Norton
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noch immer mit sich, und so konnte Charis ihre Umgebung nicht eingehender mustern. Er marschierte auf das nächste Schiff los, einem Zwillingsbruder des seinen. Am Fuß der Rampe stand ein Mann mit Offiziersschwingen an der Mütze, aber ohne Uniform; er trug nur einen Arbeitsanzug.
    Er starrte Charis an, als sie mit dem Kapitän näherkam, aber es war ein unpersönliches Starren, als sei sie ein neues Gerät, mit dem der Mann noch nicht umzugehen verstand.
    »Da ist sie.« Der Kapitän schob Charis vor sich her dem Offizier entgegen.
    Der nickte und ging die Rampe hinauf; die beiden folgten ihm. Im Schiff stieg Charis zwischen den beiden Männern die Treppe zur Kommandantenkabine hinauf. Er winkte ihr zu, sie solle sich an einen Klapptisch setzen und schob ein Lesegerät vor sie hin.
    Was nun folgte, war eine Prüfung ihrer Fähigkeiten zur Buchführung, ihres Wissens über XT-Strahlenkontakte und ähnliches. In manchen Fächern war sie ganz unwissend, in anderen schien sie ihren Prüfer zufriedenzustellen.
    »Sie wird genügen.« Der Fremde war sehr wortkarg.
    Wofür würde sie genügen? Diese Frage saß ihr schon auf der Zunge, aber der Fremde sprach dann von sich aus.
    »Ich bin Jagan, freier Händler, und habe eine zeitlich begrenzte Erlaubnis für eine Welt namens Warlock. Schon gehört?«
    Charis schüttelte den Kopf. Es gab ja so viele Welten, und man konnte sich gar nicht alle Namen merken.
    »Wahrscheinlich nicht, ist ja auch weiß Gott wo«, hatte Jagan schon hinzugefügt. »Und die Bevölkerung dort hat ein seltsames System. Bei den Eingeborenen regieren die Frauen und machen alle Kontrakte mit anderen Welten. Mit Männern verhandeln sie nicht gern, auch nicht mit Fremden, wie wir es sind. Also müssen wir eine Frau haben, die mit ihnen redet. Du verstehst einiges von dem XT-Strahlenzeug und bist gebildet genug, daß du auch die Bücher führen kannst. Wenn wir dich in die Niederlassung stecken, werden sie schon mit sich handeln lassen. Ich kaufe deinen Kontrakt. Das war’s also. Hast du’s verstanden, Mädchen?«
    Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schob sie vom Tisch weg. Sie zog sich zur Kabinenwand zurück und beobachtete ihn, als er seinen Daumenabdruck auf das Dokument setzte, das ihren Kontrakt auf ihn übertrug.
    Warlock, eine neue Welt, war noch nicht besiedelt und hatte nur eine Handelsniederlassung. Charis überlegte ihre Lage. Solche Handelsniederlassungen wurden in bestimmten Zeitabständen von Regierungsbeamten besucht. Vielleicht hatte sie die Möglichkeit, ihren Fall einem Inspektor vorzutragen.
    Warlock – was mochte dort auf sie warten?

 
3
     
    »Es ist ganz einfach. Du kriegst heraus, was sie wollen und gibst es ihnen zu einem Preis, den du eben noch kriegen kannst.« Jagan saß am Wandtisch, und Charis hockte auf einem Klappsitz. Aber der Kapitän sah sie nicht an; er starrte an die Kabinenwand, als sei die Antwort auf seine Frage dort mit einem tiefen Griffel eingegraben. »Sie haben das, was wir wollen. Schau mal …« Er zog einen Stoffstreifen von etwa Armlänge und Handbreite aus der Tasche.
    Es war eine Art Stoff von angenehm grüner Farbe mit einer seltsam schimmernden Oberfläche; fast zärtlich ließ sie ihn durch die Finger gleiten. Man konnte diesen Stoff zu einem winzigen Knäuel zusammendrücken, ohne daß auch nur die kleinste Falte zurückblieb, schüttelte man ihn wieder aus.
    »Das Zeug ist wasserdicht«, erklärte Jagan. »Sie machen es. Wir ahnen aber nicht einmal, woraus es besteht.«
    »Machen sie Kleider daraus?« fragte Charis begierig. Dieses Material hatte die Schönheit der sündteuren Askra Spinnenseide.
    »Nein, sie verwenden es als Verpackungsmaterial, für Taschen, Säcke und dergleichen. Die Warlockianer tragen keine Kleider. Sie leben, soviel uns bekannt ist, in der See. Bis jetzt war dies das einzige Zeug, das wir ihnen abkaufen konnten. Wir können nicht zu ihnen gelangen …« Er sah finster drein und schob Bandrollen auf seinem Tisch herum. »Und das ist nun unsere große Chance, die, von der jeder Händler träumt – die Handelserlaubnis auf einer neuentdeckten Welt. Sieh zu, daß du Erfolg hast, und dann könnte …« Aber er ließ den Satz in der Luft hängen; Charis verstand ihn trotzdem.
    Aus solchen Chancen entwickelten sich Handelsreiche und unermeßliche Vermögen. Es war wirklich die Erfüllung eines Traumes vom großen Glück, wenn ein Händler als erster mit einer neuen Welt ins Geschäft kam. Trotzdem rätselte sie noch immer
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