Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
doch bereit, ihre Rasse willkommen zu heißen – bis der weiße Tod zugeschlagen hatte. Vielleicht deshalb, weil es keine Rasse von Eingeborenen hatte? Oder weil Geräusche, Gerüche, Farben und das ganze Erscheinungsbild dem der Erde glichen? Charis hatte erst begonnen, den Unterschied zwischen diesen beiden Welten zu begreifen, ihre ersten Gefühle für Warlock zu analysieren, als Jagan weiterging.
    Er führte sie einen schmalen Pfad entlang, der aus dem gewachsenen Felsen herausgesprengt worden war.
    Um die Niederlassung herum hatte man das Dickicht gerodet, so daß sich vor der Kuppel eine große, freie Fläche aus blauer Erde und grauem Sand breitete. Das war eine grundsätzliche Verteidigungsmaßnahme, die überall eingehalten wurde. Charis fing einen zarten Duft auf, der von einem Busch kam, dessen blau-rosa Blütenbälle sich im Wind wiegten. Das war das erste schöne Bild, das sich ihr in dieser zerklüfteten, rauhen Landschaft bot.
    Als sie vor der Niederlassung stand, sah sie, daß die Kuppel viel größer war, als sie von oben ausgesehen hatte. Kein Fenster durchbrach die glatte Fläche. Wahrscheinlich vermittelten Sichtschirme innen ein Bild dessen, was außen vorging. Aber an der seewärts gelegenen Seite zeigten sich die Umrisse einer Tür. Jagan ging darauf zu, und Charis, die nun schon jedes Mienenspiel des Händlers zu deuten wußte, bemerkte den Ausdruck eines fast bestürzten Staunens. Er trat auf die Tür zu und schlug, anscheinend verblüfft, mit beiden Handflächen dagegen.
    Die Tür ging auf, und sie standen in einem weitläufigen Vorraum. Charis sah sich um. Sie bemerkte einen langen Tisch, eigentlich nur eine flache, glatte Platte, die auf passend zugeschnittene Rohrstücke gelegt war; ähnlich primitiv sahen die Regale aus, die der langgezogenen Biegung der Kuppelwölbung folgten und mit Handelsgütern vollgestopft waren. Sie reichten von der Tür bis etwa zur halben Kuppeltiefe und trennten so diesen Teil vom Rest des Gebäudes ab.
    Ungefähr in der Mitte der Innenwand befand sich eine zweite Tür; der Mann, der dort stand, mußte Gellir, Jagans Lademeister und jetziger Niederlassungsleiter sein. Sein Gesicht wies die tiefe Bräune der Raumleute auf, aber sein schmales Gesicht mit dem scharfen Kinn und der dünnen Nase zeigte Spuren von Müdigkeit. Von seinem Mund gingen scharfe Falten aus, und unter den Augen hatte er tiefdunkle Schatten. Charis hatte den Eindruck, daß dieser Mann allzu großen Belastungen ausgesetzt war. Er trug eine Waffe in der Hand. Er schien nicht seinen Kapitän erwartet zu haben, sondern eine Gefahr, von der er nicht wußte, ob er sie würde meistern können.
    »Dann hast du’s also doch geschafft.« Der Gruß war die erleichterte Feststellung einer Tatsache. Dann erst bemerkte er Charis, und der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde nun zu einer Mischung aus Staunen, Angst und Abwehr. »Warum …« Er schwieg abrupt, vielleicht auf ein Zeichen von Jagan hin, das dem Mädchen entgangen war.
    »Hier durch«, sagte der Kapitän schnell. Er stieß sie fast an Gellir vorbei in einen so schmalen Gang, daß die Schultern ihrer Begleiter fast die Plastawände streiften. Am Ende der Kuppel, dort, wo deren Wölbung sich zu einer niederen, senkrechten Wand niederbog, öffnete er eine weitere Tür. »Hier hinein«, befahl er.
    Charis ging hinein, aber als sie sich umdrehte, war die Tür schon wieder geschlossen.
    Enttäuscht sah Charis sich um. Unter der Wölbung der Wand stand ein Feldbett. Sie würde immer sehr vorsichtig sein müssen, wenn sie sich nicht ständig den Kopf anstoßen wollte. Dort, wo der Raum ein wenig höher war, stand ein Raumerfrischer. An der Wand hing ein Klapptisch mit einem Ausziehsitz, und am Boden unter dem Feldbett fand sie eine Kiste, die wohl zur Aufbewahrung persönlicher Habseligkeiten bestimmt war.
    Dieser Raum glich in seiner Kargheit eher einer Zelle als einem Wohnraum. Wahrscheinlich aber sah er auch nicht anders aus als die übrigen Wohnräume der ganzen Niederlassung. Schließlich mußte man ja so viel Platz sparen wie nur möglich. Wie viel Leute mußte Jagan wohl hier beschäftigen? Gellir hatte die Leitung der Niederlassung, wenn Jagan den Planeten verließ, und vielleicht war dann außer ihm niemand mehr da; es wäre nur allzu verständlich, wenn Gellir dann nervös wurde, sobald eine Gefahr auf ihn zukam. Ein Handelsschiff aus der Klasse der freien Händler hatte normalerweise an Personal einen Kapitän, einen Lademeister, einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher