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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel
Autoren: C Gref
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Fünfzig und zog sich am Fenstersims hoch, das in Augenhöhe lag. Der Angesprochene verschränkte die Finger und bildete mit seinen Händen eine improvisierte Stufe. Ächzend schob sich der dicke Mann näher an das zerbrochene Glas und schlug die scharfkantigen Scherben aus dem Kitt. Dann wuchtete er sich in den dahinterliegenden Raum und half dem nächsten Mann hinein. Nach und nach kletterten die Angreifer durch das Fenster. Elena und Richard indes hielten sich immer noch versteckt und beobachteten das Geschehen.
    Als es mehrere Minuten still blieb, wagten auch sie einen Vorstoß.
    Elena konnte kaum laufen. Sie fürchtete sich vor dem, was sie im Haus erwartete. Doppelbilder erschienen auf ihren Netzhäuten, die Realität wurde von Madame Hazards Traumgespinst überlagert.
    »Richard, was immer sie da drinnen macht, es wird uns vernichten.«
    Richard maß sie mit einem Blick aus goldenen Pupillen. Elena schrie auf und bedeckte ihre Augen mit den Händen. »Bitte, wehre dich dagegen.«
    »Es gilt nicht dir. Aber die Kraft ist da«, raunte er. »Los, wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Er zog sie mit sich. Wie die Meute des Reverend zuvor, nahmen auch sie den Eingang durch das zerstörte Fenster. Der Raum war leer, nur die schmutzigen Fußabdrücke der Männer zeigten sich deutlich auf den hellen Teppichen. Sie schlichen zur Tür, die halb offen stand. Plötzlich zerriss ein Schrei die Luft. Gedämpftes Schimpfen folgte, dann ein Poltern. Elena verharrte. Alle Härchen stellten sich auf. Richard blieb ruhig. Er nahm sie auch jetzt bei der Hand und führte sie zur Treppe ins Obergeschoss. Auf den Stufen fanden sie den ersten Toten. Blut war aus Nase, Mund und Augen gelaufen. Er sah aus, als hätte man ihm alle Innereien zerquetscht. Auf der Galerie lagen zwei weitere Männer mit blauen Lippen und Augen, die aus den Höhlen hervortraten. Einer umklammerte im Tod seine Kehle, als wolle er Luft schöpfen.
    »Du bleibst hinter mir und siehst sie nicht an, was immer auch geschieht«, befahl Richard flüsternd.
    Elena nickte und versuchte ihre zitternden Knie unter Kontrolle zu bekommen. Sie packte den Revolver fester. Ihre Hand war eiskalt und schien an dem Griffstück festzufrieren.
    Ein dünner Schrei wies ihnen den Weg. Mit dem Rücken zu ihnen stand ein Mann, der mit ausgebreiteten Armen um sein Gleichgewicht kämpfte. Eine unsichtbare Kraft riss ihn herum. Er landete hart auf der Seite. Sein Gesicht wurde von gewaltigen Kräften auf den Boden gedrückt. Es knackte und Blut sickerte unter seinem Kopf hervor. Sein Röcheln erstarb.
    Elena zwang sich, Richard anzusehen. Nur ihn. Keineswegs wollte sie in den Raum blicken, wo Madame Hazard lauerte und auf ihr nächstes Opfer wartete.
    »Amenatos, wie schön«, Die Stimme war wie flüssiger Samt und hüllte Elenas Geist behaglich ein.
    Du darfst ihr nicht zuhören, schrie etwas in Elena auf. Sie hielt sich die Ohren zu.
    Richard machte einen großen Schritt über den Toten hinweg und blieb stehen, die Arme in die Seiten gestützt. Elena versteckte sich hinter seinem breiten Rücken.
    Elena sah, wie er den Kopf schüttelte. Das Blut rauschte in ihren Ohren und sie spürte die Kraft, die von Richard ausging.
    »Ich heiße nicht Amenatos«, gab er zurück.
    Madame Hazard war schön, aber Richard war endlich in der Lage, den Dämon hinter der lasziven Fassade zu entdecken. Auch fühlte er, wie sie alles daran setzte, ihn geistig zu manipulieren, ihre gierigen Finger tasteten nach seinem Verstand. Aber Elenas Liebe umhüllte ihn wie ein schützender Kokon. Es gelang Madame Hazard nicht, ihn zu durchbrechen. Noch nicht jedenfalls.
    »Ich könnte dich ohne Weiteres töten«, sagte sie und heuchelte Bedauern.
    Richard lächelte breiter. »Dann tu’s doch.«
    Auch in ihren Augen glomm nun goldenes Feuer auf. Zeitgleich blätterten die Tapeten von den Wänden und der Raum begann in Sekundenschnelle zu altern. Pflanzen verdorrten in ihren Töpfen und Staub flirrte in der Luft. Das goldene Leuchten griff auf den Körper von Madame Hazard über und bald schien es, als trüge sie ein Kleid aus Sonnenstrahlen. Richard sah, dass sich das Haus veränderte, es wurde zu Madame Hazards mentalem Zufluchtsort. Dem Ort seiner Engelwerdung.
    Elena schluchzte hinter seinem Rücken auf. Der Boden unter ihren Füßen knirschte. Richard verlagerte vorsichtig sein Gewicht, behielt Madame Hazard allerdings im Blick. Sie strich sich verlangend über die Brüste. Richard schluckte.
    Es ist nur ein
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