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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Wood
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der Ermahnungen ihres Anwalts keifte Zira los: »Und wer hat dich zum Vorstand dieses Haushalts gemacht?«
    »Du – durch deinen Druck auf Elias, sich in die Sklaverei zu verkaufen.«
    Zira winkte ungeduldig ab. »Du und Haushaltsvorstand, das ist unmöglich. Schon weil Elias durchaus noch am Leben sein und zurückkommen kann.«
    »Dennoch stehe ich dem Haus, in dem ich lebe, vor und erhebe deshalb Anspruch darauf.«
    Als erhitzte Diskussionen im Saal ausbrachen und wütende Zwischenrufe zu vernehmen waren, schritten Wachen ein und forderten Ruhe.
    Zira wandte sich an die Richter: »Meine Herren, müssen wir noch mehr Zeit mit diesem Possenspiel vergeuden? Avigail will doch nur etwas aufschieben, das unvermeidbar ist.«
    Einer der anderen Richter pflichtete ihr bei. »Em Yehuda hat recht. Was diese Frau fordert, ist grotesk.«
    »Und überhaupt«, schnappte Zira, »ist Elias seit mehr als vier Jahren fort. Wenn du deine Klage für berechtigt hältst, warum trägst du sie dann erst jetzt vor?«
    »Die Umstände haben sich verändert«, gab Avigail zurück. Sie besann sich darauf, was Faris ihr als zweites von drei Dingen eingeschärft hatte, und wandte sich wieder an die Richter. »Meine Herren, hat nicht der König verfügt, dass jeder männliche Bürger zur Armee eingezogen wird? Hat der König nicht den Kriegszustand ausgerufen?«
    Uriah schürzte die Lippen. »Das hat er.«
    »Und gibt es nicht ein altes Gesetz, dem zufolge in Kriegszeiten, wenn ein Haus seiner Männer beraubt ist und nur noch Frauen darin wohnen, die älteste von ihnen Anspruch auf dieses Haus erheben und es ihr eigenes nennen kann?«
    Uriah sah sie lange und nachdenklich an, die Lippen unter seinem Schnurrbart zuckten. »Es erstaunt mich, dass du das weißt, Avigail Em Elias, zumal dieses Gesetz alt ist und man sich seit langer Zeit nicht mehr darauf berufen hat. Aber auch wenn wir uns eigentlich noch nicht im Krieg befinden, die Männer jedoch bereits aufgefordert wurden, sich zum Kampf zu rüsten, hat dieses Gesetz weiterhin Gültigkeit. Es stammt aus der Zeit, da die Städte Kanaans ständig in Kriegshandlungen verwickelt waren und viele Häuser enteignet wurden, wenn die Männer ihr Leben verloren. Deshalb erging damals die Verfügung, dass sich eine Frau als Haushaltsvorstand bezeichnen kann, schon um dem Aussterben von Blutlinien vorzubeugen. Wie nennt sich das Haus, dem du vorstehst?«
    »Das der Avigail Isha Yosep.«
    »Melde dich zu Wort, Mann«, drängte Zira ihren Anwalt. »Diese Forderungen sind doch lächerlich.«
    Ihr Anwalt räusperte sich. »Sie hat recht, Herrin«, widersprach er ihr. »Ein solches Gesetz existiert tatsächlich.«
    »Und deshalb fordere ich mein Recht auf Einsichtnahme …«
    »Du bist eine Habiru«, keifte Zira. »Nicht einmal eine Kanaaniterin bist du. Du hast vor diesem Gericht keinerlei Rechte.«
    Avigail blickte Zira direkt an und erwiderte: »Wieso behauptest du das, wo doch ganz Ugarit weiß, dass ich von König Ozzediah abstamme? Wenn du den Beweis dafür haben willst, können wir ja aus Jericho die entsprechenden Unterlagen anfordern. König Ozzediah war der Ahnherr meiner Mutter.«
    Zira trat von einem Fuß auf den anderen. »Aber … ganz Ugarit weiß doch, dass du eine Habiru bist!«
    »Worauf stützt sich deine Behauptung?«
    Zira wollte antworten, hielt sich aber gerade noch zurück. Die skandalöse Nachricht von Rakels Beichte auf dem Sterbebett war von dem Sterbepriester, der das Gelübde der Geheimhaltung geschworen hatte, verbreitet worden, und Zira wagte nicht, ihn als ihre Quelle anzugeben. »Das hat sich längst rumgesprochen«, sagte sie gereizt.
    Avigail wandte sich wieder den Richtern zu und brachte mit fester Stimme die dritte Forderung vor, zu der ihr Faris, der lasterhafte Anwalt, geraten hatte. »In meiner Eigenschaft als Vorstand meines eigenen Hauses und als Nachkomme von König Ozzediah fordere ich das Recht, meinen Fall König Shalaaman vorzutragen.«
    »Wage es!«, fauchte Zira.
    Die Zuschauer brachen in Beifallsstürme aus, in aller Eile wurden Wetteinsätze getätigt. Wachen griffen ein und drängten die vordersten Reihen mit ihren Lanzen zurück, während hinten Nobu Esther aufmunternd zulächelte.
    »Sag, dass das nicht möglich ist!«, herrschte Zira ihren Anwalt an.
    Der räusperte sich erneut nervös. »Avigail steht durchaus dieses Recht zu«, raunte er Zira zu. Und zur Richterbank gewandt: »Dürfte ich mich kurz mit meiner Mandantin besprechen?«
    Sie traten beiseite
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