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Im Auftrag der Liebe

Im Auftrag der Liebe

Titel: Im Auftrag der Liebe
Autoren: H Webber
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Heiratsvermittlerin. Aber ich war eine Valentine und fest entschlossen, niemanden zu enttäuschen – egal, in welcher Hinsicht. Ich musste da jetzt durch.
    Durch das gemusterte Glasfenster in der dicken Mahagonitür konnte ich nicht erkennen, ob drinnen schon Kunden auf mich warteten oder ob ich noch ein paar Minuten Zeit hatte, mich zu fangen, bevor mein erstes Opfer auftauchte.
    Die Klinke ging meistens ein wenig schwer, also versetzte ich der Tür einen ordentlichen Stoß. Sie flog daraufhin so plötzlich auf, dass sie beinahe gegen die Wand schlug. Suzannah sah vom Fernseher in der Ecke des Raumes auf und strahlte mich an. Außer ihr war niemand da.
    Gott sei Dank, eine Gnadenfrist.
    »Lucy! Wie schön, dich zu sehen!« Suzannah Ruggieri kam auf mich zu und drückte mich fest. Mir wurde plötzlich klar, dass ich genau so eine Umarmung gerade dringend nötig hatte. Suzannah war gut fünf Zentimeter größer als ich und eher übergewichtig als mollig. Sie würde mit Sicherheit keine Probleme haben, irgendwo einen Job als Übergrößenmodel zu finden, wenn mein Vater sie gehen lassen würde.
    Aber das würde er nie tun, denn er betete sie an.
    Sie betrachtete mich prüfend und versprach: »Du brauchst gar nicht nervös zu werden. Wir schaffen das zusammen. Abgesehen von drei Terminen hast du heute nur Nachgespräche mit Leuten, die schon vor einiger Zeit vermittelt wurden. Oscar brüstet sich eben gerne mit seinen Erfolgen. Ich habe ihm schon oft gesagt, dass das kein schöner Charakterzug ist, vor allem, weil die Kunden schließlich nichts von den Auren und so wissen, aber mir hört er ja nicht zu.« Sie holte Luft. »Du siehst toll aus.«
    Ich konnte nicht anders, ihr Überschwang brachte mich zum Lächeln. »Danke, Suz, du auch.«
    Suz war eine der wenigen Eingeweihten, die über das mit dem Aurenlesen Bescheid wussten. Im Laufe der Zeit war sie ein Teil der Familie geworden und mein Vater zahlte ihr gutes Geld, nicht nur, damit sie unsere Geheimnisse bewahrte, sondern auch, weil sie für die Firma einfach unersetzlich war.
    »Wie geht es Teddy?«, fragte ich.
    Ihr zarter Porzellanteint schien plötzlich von innen heraus zu leuchten. »Alles in Ordnung bei ihm.« Ihre blauen Augen strahlten. Sie gab mir einen spielerischen Stoß. »Anders als dein Vater gebe ich mit meinem Glück ja nicht gerne an. Hm, zumindest nicht, wenn er dabei ist, immerhin hat er uns zusammengebracht. Irgendwer muss sein Ego schließlich im Zaum halten.«
    »Ist das überhaupt möglich?«
    »Ich arbeite daran.«
    Der Firmensitz der Valentine Inc. wirkte gar nicht wie ein Büro, sondern eher wie ein gemütliches Zuhause. Im Gaskamin prasselte ein Feuer, seine rustikale Einfassung aus Mahagoni ähnelte der geschnitzten Tür. Zwei kleine rostbraune Sofas waren so arrangiert worden, dass man, saß man auf ihnen, sowohl die Feuerstelle als auch den Park draußen im Blick hatte. Ein zauberhaft gearbeiteter Perserteppich bedeckte den Großteil des Fußbodens. Dahinter ragten Bücherregale auf und stellten einige der liebsten Kunstwerke meines Vaters zur Schau – vor allem Sachen, die ich ihm als Kind geschenkt hatte – jede Menge bunt bemalte Tontöpfe und schiefe Vasen. In einer Ecke hing ein riesiger Plasmafernseher an der Wand, und obgleich der Ton ausgestellt war, wurde ich durch das Logo einer Nachrichtensendung darauf aufmerksam.
    »Was ist denn los?«, fragte ich und deutete auf den Bildschirm.
    »Eine schreckliche Geschichte. Ein Vierjähriger war mit seinem Vater im Wompatuck State Park fischen. Sie haben am Ufer ein Picknick gemacht, dann hatte der Vater einen Anfall und wurde ohnmächtig – und als er wieder zu sich kam, war der Kleine weg. Jetzt suchen sie überall nach ihm.«
    Das war mal wieder so ein Moment, in dem ich meine Gabe vollkommen infrage stellte. Wieso verfügte ich bloß über eine Fähigkeit, die in wahren Notsituationen so wenig weiterhalf?
    Im Laufe der Jahre hatte ich zwei grundlegende Regeln gelernt: Zunächst einmal konnte ich die Information über das verlorene Objekt nur direkt vom Besitzer des Gegenstandes erhalten. Die zweite Regel lautete, dass ich weder Menschen noch Tiere finden konnte. Keine entlaufenen Hunde. Keine vermissten Personen.
    Nur Dinge. Unnütze, leblose Gegenstände.
    Keine kleinen Jungen.
    Suzannah fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ganz furchtbar.«
    Und das war es wirklich. Gut, die Sonne hatte sich endlich durchgesetzt und kam hinter den Wolken hervor, aber es war immer noch
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