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Im Auftrag der Liebe

Im Auftrag der Liebe

Titel: Im Auftrag der Liebe
Autoren: H Webber
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anderen nur ungern die Hand. Umarmungen waren in Ordnung, Küsse ebenfalls. Aber meine besondere Begabung zeigte sich, wenn die Handflächen aufeinandertrafen. Wenn jemand an etwas dachte, was er verloren hatte, und dann meine Hand berührte, konnte ich diesen Gegenstand augenblicklich vor mir sehen.
    Ich konnte nur hoffen, dass die liebreizende Lola in letzter Zeit nichts verloren hatte, und schüttelte ihr rasch die Hand.
    Nichts.
    Gott sei Dank. Es wäre gar nicht so einfach gewesen, ihr zu erklären, woher ich bloß wusste, wohin ihre Lieblingsohrringe verschwunden waren.
    Als wir Platz nahmen, warf ich einen Blick in ihre Mappe. Sie war zweiunddreißig Jahre jung, Finanzberaterin, und arbeitete im John-Hancock-Gebäude. Wenn man dem Persönlichkeitstest glauben durfte, war sie erfolgreich, clever und kontaktfreudig.
    Auf dem Papier sah es so aus, als hätte sie einfach alles.
    Außer der Liebe.
    Alle Frösche der Welt zu küssen, um einen Prinzen darunter zu finden, war beinahe unmöglich. Wenn doch nur jeder Auren lesen könnte.
    Zum Glück kannte ich den Namen ihres Traumprinzen und würde diese Information jetzt an sie weitergeben.
    »Das mit Ihrem Vater tut mir leid«, begann Lola und schlug die Beine übereinander. »Ich glaube nicht eine Sekunde, was die Zeitungen da schreiben. Oscar ist ein anständiger Mensch.«
    Die Wahrheit würde hier wohl nur schaden, also verschwieg ich die Tatsache, dass mein Dad genauso unanständig war, wie es der Boston Herald behauptete. »Vielen Dank. Es geht ihm jetzt schon viel besser.«
    »Kommt er denn bald wieder zurück?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Ich will ganz offen zu Ihnen sein, Ms Valentine. Was befähigt Sie denn dazu, für mich einen Mann zu finden? Darf ich mich nach Ihren akademischen Qualifikationen erkundigen?«
    Am liebsten hätte ich sie auf meinen Besuch der Pequot-Grundschule hingewiesen, hätte damit aber wohl keinen guten Eindruck hinterlassen. »Ich habe meinen Abschluss an der Bridgewater State gemacht«, erklärte ich also.
    Sie schürzte abfällig die Lippen. Okay, es war nicht gerade Harvard, aber trotzdem eine gute Uni – und ich hatte mir das Studium dort mit zwei Jobs selbst finanziert.
    »Einen Abschluss in …?«
    »Wirtschaftswissenschaften, mit Englisch im Nebenfach.« Meine Jobs an der Kaffeetheke, als Erzieherin und Hundeausführerin ließ ich einfach mal unter den Tisch fallen. Die würden eher nicht zu meiner Glaubwürdigkeit beitragen. Obwohl ich zugeben musste, dass jemand, der zehn Hunde auf einmal unter Kontrolle hat, vermutlich auch alles andere auf die Reihe kriegt.
    Was mich daran erinnerte, dass ich eben nie mit zehn Hunden auf einmal klargekommen war. Meine Zeit als Hundesitterin war recht schnell vorbei gewesen.
    Lola Fellows hatte durchaus Grund zur Sorge.
    Sie zog die dunklen Augenbrauen zusammen, und um ihre Mundwinkel bildeten sich unattraktive Fältchen. »Und wie hilft mir das weiter?«
    Wenn sie nicht so eine Zicke wäre, hätte sie vielleicht schon längst einen Mann gefunden. Ich hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie auf den armen Adam hetzen würde.
    Ich straffte meine Schultern. »Meine Gene qualifizieren mich für diese Aufgabe. Schlicht und ergreifend. Ich bin eine Valentine. Wir führen Liebende zusammen, das ist unsere Bestimmung.«
    Raphael wäre stolz auf mich gewesen. Ich glaubte mir ja fast selbst.
    Sie saugte an ihrer blutroten Unterlippe. »Also gut, in Ordnung. Was haben Sie für mich?«
    Ich verbrachte die nächsten dreißig Minuten mit Lola und die nächsten zwei Stunden mit verschiedenen anderen Kunden auf der Suche nach der wahren Liebe. Schwierig waren dabei die neuen Kunden, für die ich noch kein Stoffmuster hatte. Ich packte ihre Unterlagen ein, um zu Hause einen Blick darauf zu werfen. Dabei fragte ich mich, ob ich solche Hausaufgaben wohl als Überstunden abrechnen konnte.
    Als sich Michael Lafferty schließlich mir gegenüber niederließ, fing ich bereits an zu glauben, dass ich vielleicht doch eine ganz gute Heiratsvermittlerin abgab.
    Es gab für ihn sogar schon ein Stück Stoff, in leuchtendem Orange, durchzogen von Rottönen. Ich hatte beim Durchsehen von Dads Aktenschrank nichts in der Art gefunden, was bedeutete, dass ich Michael noch einmal herbestellen musste. Bis dahin hieß es, ihn hinzuhalten.
    Ich stellte ihm die erforderlichen Fragen über seinen familiären Hintergrund (seine beiden älteren Schwestern und er waren von einer alleinstehenden Mutter
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