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Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt

Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt

Titel: Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt
Autoren: Cecily von Ziegesar
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wir heute noch vorhaben, dachte sie, und ein wohlig erregter
Schauer lief ihr über den Rücken. Sie stieß mit ihrem Vater an und leerte das
halbe Glas auf einen Schluck.
    »Danke, Daddy. Echt nett, dass du extra meinetwegen
aus Frankreich gekommen bist.«
    Mr Waldorf setzte sein Glas ab und betupfte sich mit
der
    Leinenserviette die Lippen. Seine polierten
Fingernägel glänzten seidig. »Aber ich bin nicht nur deinetwegen gekommen,
mein Mäuschen. Ich wollte mich mal wieder bewundern lassen.« Er neigte kokett
den Kopf und spitzte die Lippen zum Schmollmund. »Sehe ich nicht blendend aus?«
    Blair verkrallte die Nägel in Nates Oberschenkel. Es
war nicht abzustreiten. Ihr Vater sah in der Tat blendend aus. Er hatte
bestimmt zehn Kilo abgenommen, war braun gebrannt, trug elegante französische
Designermode und wirkte rundum glücklich und gelöst. Blair war trotzdem froh
darüber, dass er seinen Liebhaber in ihrem gemeinsamen Chäteau in Frankreich
gelassen hatte. Der Anblick ihres Vaters beim öffentlichen Austausch von
Zärtlichkeiten mit einem Mann - egal, wie gut er aussah - hätte sie derzeit
noch überfordert.
    Sie griff nach der Speisekarte. »Wisst ihr schon, was
ihr wollt?«
    »Ich nehme das Steak«, sagte Nate, der kein großes Aufheben
um das Essen machen, sondern es schnellstmöglich hinter sich bringen wollte.
Nicht dass er was gegen Blairs schwulen Vater gehabt hätte - im Gegenteil, er
fand es sogar ziemlich faszinierend zu beobachten, wie offen er sein
Schwulsein jetzt auslebte sondern weil er so bald wie möglich mit Blair nach
Hause wollte. Blair und er würden nachher zum ersten Mal miteinander schlafen.
Es wurde aber auch langsam mal Zeit.
    »Ja, nehm ich auch.« Blair klappte die Karte zu, in
die sie nur einen flüchtigen Blick geworfen hatte. »Steak.« Sie würde sowieso
nicht viel essen. Nicht heute Abend. Nate hatte ihr geschworen, die Geschichte
mit Serena van der Woodsen, Blairs Schul- und ehemals auch bester Freundin, sei
definitiv vorbei. Von jetzt an würde seine ungeteilte Aufmerksamkeit Blair
gehören. Ob sie Steak, Miesmuscheln oder Hirn zu Abend aß, war ihr egal - sie
würde sich nachher von Nate entjungfern lassen. Endlich!
    »Dann lasst uns einen flotten Dreier machen«, witzelte
Mr Waldorf, wandte sich an den Ober und sagte in akzentfreiem Französisch: »Trois steak au poivre - und die Adresse Ihres
Frisörs. Ihr Haarschnitt ist umwerfend.«
    Blair lief knallrot an. Sie nahm ein Grissino aus dem
Brotkörbchen auf dem Tisch und biss hinein. In den neun Monaten, die sie
ihren Vater nicht gesehen hatte, hatte er sich vollkommen verändert. Er redete
und bewegte sich jetzt ganz anders. Mr Waldorf war ein angesehener Anwalt
gewesen und hatte auch genauso ausgesehen: konservativ, immer im gediegenen
Dreiteiler. Absolut korrekt. Jetzt zupfte er sich die Augenbrauen und trug
fliederfarbene Hemden mit farblich passenden Strümpfen. Total schwuchtelig.
Richtig peinlich. Immerhin war dieser Mann ihr Vater.
    Sein überraschendes Coming-out und die nachfolgende
Scheidung ihrer Eltern waren letztes Jahr das New Yorker Stadtgespräch gewesen. Mittlerweile hatten sich die Wogen etwas
geglättet und Mr Waldorf konnte sein hübsches Gesicht wieder in der
Öffentlichkeit zeigen. Was allerdings nicht bedeutete, dass die übrigen Gäste
im »Le Giraffe« keine Notiz von ihm nahmen. Das taten sie durchaus.
    »Sind dir seine Strümpfe aufgefallen?«, raunte eine
welke Millionenerbin ihrem angeödeten Ehemann zu. »Argyle- Karo in Grau und Rosa.«
    »Guck dir nur diese affige Gelfrisur an. Für wen hält
er sich - Brad Pitt? «, fragte ein erfolgreicher Strafverteidiger seine Gattin.
    »Eins muss man ihm lassen, verglichen mit seiner Ex
hat er den knackigeren Arsch«, bemerkte einer der Kellner zu einem Kollegen.
    Alle amüsierten sich königlich - nur Blair nicht.
Natürlich gönnte sie ihrem Vater sein Glück, und wenn es ihm Spaß machte,
konnte er schwul sein, so lange er wollte. Aber musste man es ihm gleich derart
ansehen?
    Sie guckte zum Fenster hinaus. Es war ein frostiger
Novemberabend. In der Dunkelheit funkelten die Straßenlaternen und Rauch quoll
aus den Kaminen der eleganten Stadtvillen auf der 65. Straße.
    Endlich wurde der Salat serviert.
    »Und nächstes Jahr geht es nach Yale, was?« Mr Waldorf
spießte ein Endivienblatt auf. »Du wolltest doch immer auf meiner alten Alma
Mater studieren - ist das noch aktuell?«
    Blair legte ihre Salatgabel auf den Teller, lehnte
sich im Stuhl
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