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If you leave – Niemals getrennt

If you leave – Niemals getrennt

Titel: If you leave – Niemals getrennt
Autoren: Courtney Cole
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erzählt habe, dass ich einen Brief an Ara Sahars Eltern geschrieben habe, als ich in Therapie war? Es war die Idee des Therapeuten, und ich habe mitgemacht. Ich habe nicht wirklich erwartet, dass dabei viel herauskommt, weil – du meine Güte, ich wusste nicht einmal, ob ihre Eltern noch leben. Aber die Army hat den Brief ins Arabische übersetzen lassen, und man hat ihre Eltern ausfindig gemacht. Sie haben mir geantwortet.« Er hält das Papier hoch.
    Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
    »Kann ich ihn sehen?«, frage ich zögernd und habe fast Angst hinzusehen.
    Er nickt und gibt mir den Brief, und ich schaue auf das zerknitterte Papier.
    Sehr geehrter Lieutenant Vincent,
    vielen Dank für Ihren Brief.
    Zuerst wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, denn unsere Herzen sind so sehr zerbrochen, in eine Million winzige Stücke. Aber Sie sind ein Soldat, der hierhergekommen ist, um Menschen wie mir und Kindern wie Ara zu helfen, und deshalb dachte ich, dass sie ganz sicher eine Antwort verdient haben.
    Auch wenn es meinem Herzen weh tut, mit diesem Stift auf dieses Papier zu schreiben, gibt es einige Dinge, die sie wissen müssen.
    Sie müssen wissen, dass es nicht Ihre Schuld war, dass mir meine Ara genommen wurde. Mein Land ist zerrissen durch schreckliche Dinge, böse Dinge, die allesamt nicht Ihre Schuld und nicht Ihr Werk sind. Jeden Tag erwachte ich in der Angst, dass nun der Tag gekommen sei, an dem jemand Ara verletzen würde. Jetzt, da es schließlich dazu gekommen ist, darf ich mir nicht länger Sorgen machen. Jetzt kann ihr nichts mehr weh tun. Sie ist jetzt sicher und warm in Allahs Händen.
    Sie müssen wissen, dass selbst inmitten des schrecklichsten Bösen doch auch das Gute aufblüht. Sie sind gut. Sie haben sich über das Böse hier erhoben und hart für das Gute gekämpft. Ara wusste das. Sie hat die US-Soldaten beobachtet, wenn sie vorbeikamen, und dann hat sie immer zu mir gesagt: »Sie sind hier, um uns zu beschützen, Mama.« Sie hat das in Ihnen gesehen. In jedem von Ihnen.
    Lieutenant Vincent, Sie müssen wissen, dass Sie mir meine Tochter nicht genommen haben. Nicht einmal das Böse hier hat sie mir genommen, denn sie ist nicht wirklich fort. Sie ist immer noch meine Tochter, und ich bin immer noch ihre Mama. Liebe ist unsterblich, wissen Sie. Und eines Tages werde ich wieder bei ihr sein. Ich werde den süßen Duft ihres Haares riechen, und sie wird mich anlächeln, und dann werde ich wieder unversehrt sein. Eines Tages.
    Lieutenant Vincent, Sie müssen wissen, dass Ara Ihnen keine Schuld gibt. Das weiß ich mit jedem Atemzug, der mir bleibt. So war meine Tochter nicht, und so ist sie nicht. Sie würde Ihnen nichts als Frieden wünschen. Bitte weinen Sie nicht um sie. Ara ist jetzt bei den Engeln. Ich denke, sie wacht nun über Sie, so wie Sie über sie gewacht haben, als Sie hier waren. Auch wenn Sie es nicht wussten, auch wenn Sie sie nicht gekannt haben, haben Sie doch für sie gekämpft.
    Das hat sie gewusst.
    Lieutenant Vincent, Sie müssen wissen, dass Sie sich nicht länger selbst hassen dürfen. Es war nicht Ihre Schuld. Sie müssen sich selbst verzeihen.
    Lieutenant Vincent, Sie müssen wissen, dass ich Ihnen verziehen habe.
    Möge Frieden mit Ihnen sein,
    Pashka Sahar
    Mir bleibt der Atem in der Kehle stecken, und Tränen laufen mir über die Wangen.
    Sie gibt Gabriel keine Schuld. Sogar in ihrem eigenen überwältigenden Schmerz hat sie ihm verziehen.
    In meinem Kopf formt sich das Bild eines kleinen afghanischen Mädchens und seiner trauernden Mutter, und ich muss mich hinsetzen und Pashka Sahars wundervollen Geist inmitten all der Hässlichkeit um sie herum bewundern. Noch einmal lese ich ihre Zeilen, und mit jedem Wort bricht mir das Herz ein Stück mehr.
    »Sie verzeiht dir, Gabe«, sage ich leise zu ihm. »Jetzt musst du dir selbst verzeihen. Es ist an der Zeit.«
    Gabe öffnet den Mund, um etwas zu sagen, dann macht er ihn wieder zu und lässt den Kopf auf seine Arme, die auf dem Tisch liegen, sinken.
    Und dann weint er.
    Trotz allem, was wir durchgestanden haben, habe ich Gabriel noch nie weinen sehen.
    Es bricht mir das Herz, und es ist, als würden alle Dinge der letzten paar Monate um uns herum zerbrechen, als ich über den Boden tappe und ihn in meine Arme ziehe. Ich wiege ihn und lasse ihn weinen.
    Ich weiß, dass er nicht nur wegen des Briefes weint. Sondern wegen allem. Er weint um Ara Sahar, um Mad Dog, um das alte Leben, das er verloren hat, um die
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