Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru

Idoru

Titel: Idoru
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
ohne die Flugzeit, weil Rez es nicht geschafft hatte, zu ihr rüberzukommen und sich bei ihr zu bedanken, und Arleigh hatte gesagt, daß es alles in allem besser wäre, wenn sie nach Hause flöge, bevor jemand anfinge, Fragen zu stellen, aber sie würden sie erster Klasse mit Japan Airlines rüberschicken. Also hatte Arleigh sie an diesem Abend nach Narita rausgefahren, aber nicht in ihrem grünen Van, weil der Totalschaden hatte, wie sie sagte. Und Chia hatte sich immer noch so mies gefühlt wegen Zona und war sich so blöd vorgekommen, weil sie das Gefühl hatte, ihre Freundin wäre tot, dabei hatte sie nicht mal wirklich existiert, und dann war da auch noch dieses andere Mädchen in Mexico City, das schreckliche Probleme hatte, und so brach sie schließlich in Tränen aus und erzählte Arleigh alles.
    Und Arleigh sagte, sie solle einfach abwarten. Weil dieses Mädchen in Mexico City mehr als irgend etwas sonst das Bedürfnis habe, jemand anderes zu sein. Und es mache nichts, daß sie nicht Zona gewesen sei, weil sie Zona erfunden habe, und das sei genauso real. Wart nur ab, sagte Arleigh; es werde schon jemand anders auftauchen, jemand Neues, und es werde ihnen vorkommen, als wären sie alte Bekannte. Und Chia hatte neben Arleigh in ihrem schnellen kleinen Wagen gesessen und darüber nachgedacht.
    - Aber ich könnte ihr nie sagen, daß ich es weiß?
    - Das würde alles kaputtmachen.
    Als sie am Flughafen angekommen waren, checkte Arleigh sie bei JAL ein, trieb jemanden auf, der sie in die Lounge brachte (die eine Art Kreuzung zwischen einer Bar und einem -329—
    richtig schicken Büro war), und gab ihr eine Tasche mit einer Lo/Rez-Tourneejacke für Roadies drin. Die Ärmel waren aus transparentem Reyon, und das sichtbare Futter darunter sah wie flüssiges Quecksilber aus. Arleigh meinte, sie sei wirklich müllig, aber vielleicht habe sie einen Freund, dem sie gefallen würde. Sie stammte von ihrer Kombinat-Tour, und auf dem Rücken waren sämtliche Tourneedaten in drei verschiedenen Sprachen eingestickt.
    Sie hatte sie noch nie getragen und sie bisher auch niemandem gezeigt. Sie hing in ihrem Schrank, unter einem Plastiküberzug aus der chemischen Reinigung. In letzter Zeit war sie in der Ortsgruppe nicht mehr so besonders aktiv gewesen. (Kelsey war ganz ausgetreten.) Chia glaubte nicht, daß auch nur ein Mitglied der Ortsgruppe schnallen würde, was passiert war, wenn sie es ihnen zu erzählen versuchte, und dann waren da ja auch all die Sachen, die sie ihnen ohnehin nicht erzählen konnte.
    Aber in erster Linie war es die Stadt, die ihre Zeit beanspruchte, weil Rez und Rei dort waren, Schatten unter den anderen Schatten, aber man konnte sie trotzdem erkennen. Sie arbeiteten an ihrem Projekt.
    Es gab dort viele, denen die Idee nicht gefiel, aber auch etliche, die sie gut fanden. Der Etrusker zum Beispiel. Er sagte, es sei das Verrückteste, seit sie jene erste Killerdatei umgekrempelt hätten.
    Manchmal fragte sich Chia, ob sie alle das wirklich ernst meinten, weil es ihr einfach unmöglich erschien, daß jemand das überhaupt schaffen konnte. Dieses Ding auf einer Insel in der Bucht von Tokio zu erbauen.
    Aber die Idoru sagte, dort wollten sie leben, wo sie doch jetzt verheiratet seien. Also würden sie’s tun.
    Und wenn sie’s tun, dachte Chia und hörte das Zischen der Espressomatic, dann geh ich da hin.
    -330-
    DANK
    Der japanische Regisseur Sogho Ishii zeigte mir Ryuji Miyamotos Fotos von der Ummauerten Stadt von Kaulun.
    Ishii-san hatte die Idee, daß wir dort einen Science Fiction-Film drehen sollten. Daraus wurde nichts, aber die Ummauerte Stadt ließ mich nicht mehr los, obwohl ich nicht mehr über sie wußte, als ich Miyamotos faszinierenden Bildern entnehmen konnte, die schließlich den größten Teil des Materials für die Brücke in meinem Roman ›Virtuelles Licht‹ lieferten.
    Der Architekt Ken Vineberg lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Artikel über die Ummauerte Stadt in der Zeitschrift ›Architectural Review‹, wo ich zum ersten Mal etwas über ›City of Darkness‹ las, die hervorragende Dokumentation von Greg Girard und Ian Lambrot (Watermark, London, 1993; deutsche Ausgabe: Edition Axel Menges, 1993). John Jarrold in London war so freundlich, mir ein Exemplar zu besorgen.
    Alles, was ich über die Zehenabschneiderei weiß, verdanke ich den Memoiren von Mark Brandon ›Chopper‹ Read (›Chopper From The Inside‹, Sly Ink, Australia, 1991). Read ist weitaus unheimlicher als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher