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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal
Autoren: Hans Baumann
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meine Schläfen brannten. Der Mond wurde silberweiß und legte glänzende Schleier über das Land, so weit ich es übersah.
    Ich war müde, aber ich konnte nicht aufhören zu gehen. Als ich auf einen Weg geriet, blieb ich auf ihm. Mit einem Mal kam in mir die Gewissheit auf, Suru nahe zu sein.
    Und da hörte ich seinen vertrauten Schritt hinter mir. Ich wagte mich nicht umzusehen, aber nun ging ich wieder so, wie ich immer vor Suru hergegangen war   – ohne Hast. Als ich sicher war, dass er hinter mir blieb, begann ich mit ihm zu reden.   – Ich hätte längst mit dir fliehen sollen, warf ich mir vor.
    Er war nicht meiner Meinung.   – Es hätte zu nichts geführt. Hannibal hätte uns Maharbal auf den Hals geschickt. Und selbst wenn die Flucht geglücktwäre   – die Römer hätten uns abgefangen. Und was dann? So aber kann uns niemand etwas anhaben.
    Wohin wirst du gehen?, fragte ich ihn.
    – Das weißt du doch. Ich muss die Fußfessel loswerden und das funkelnde Kreuz über meinem Kopf. Ich gehe den Weg zurück, den ich kam   – über Berge und Flüsse, Wüsten und blühende Länder, bis unter das Dach der Welt.   – Suru bestätigte Wort für Wort, was Silenos mir gesagt hatte.
    Und was dann?, fragte ich.
    – Dann komme ich von neuem, hörte ich Suru sagen. Ich werde mich bei dir melden. Du darfst nur nicht die Geduld verlieren und mir nicht davonlaufen. Ich muss mich erst in die neue Lage finden   – wie du. Du kannst dich auf mich verlassen. Haben sie dir nicht gesagt, dass ich dir nachging, als ich gar nicht mehr die Kraft hatte zu gehen?   –
    Das hat mir Silenos gesagt, bestätigte ich, und auch Hannibal. Ich stockte. Was sagst du zu Hannibal?
    Ich hörte hinter mir ein leises Stöhnen. Alles war leise, was Suru tat, seine Worte und seine Schritte, beinahe unhörbar, und nur einer, der ihn so gut kannte wie ich, konnte mit seinen Worten etwas anfangen.
    Wie ist es mit Hannibal?, fragte ich noch einmal.
    – Zuerst gefiel er mir. Mir gefielen seine Augen und mir gefiel, wie er sprach. Mir gefiel, dass er Barmokar und Myrkan von den Pfählen losbinden ließ und dass er die Angsthasen über den Ebro nachholte. Sehr gefiel mir, wie er sich vor dem Pass hielt und dass er dich aufhob, als du nicht mehr konntest. Vieles gefiel mir an ihm, und am besten, dass er Arbabeim Kälbchen ließ, denn sonst wäre auch Arba   – Nun stockte Suru.
    Aber Sagun und die sechstausend, aus denen er die Römer aussondern ließ!, gab ich zu bedenken.
    – Ich wollte eben darauf kommen. Du tatest gut daran, ihn zu verlassen. Weiter konntest du nicht mitgehen. Außerdem hat er dir viel angetan. Er nahm dir Vater und Mutter und Bruder. Auch mich wollte er dir nehmen, von Anfang an; aber das wusste ich so wenig wie du. So vieles wusste ich nicht. Erst als eines seiner Augen so wurde, dass er mit ihm nichts mehr verbergen konnte, erkannte ich, wie er war. Hannibal wollte, dass ich sein Elefant bliebe. Aber du weißt: Ich bin dein Elefant.
    Es war so leicht, mit Suru zu reden. Er verstand mich, wie nur Silenos mich bisher verstanden hatte   – vielleicht sogar besser. Und wie wird es weitergehen mit dir und mir?
    – Es ist da eine Schwierigkeit, gab Suru unumwunden zu. Ich habe einen weiten Weg zu gehen, aber das ändert nichts daran, dass ich auf dem Wege zu dir bin.
    Das verstehe ich nicht, sagte ich. Du musst es mir erklären, es ist sehr wichtig für mich.
    – Am einfachsten wird sein, wenn du denkst: Es handelt sich um einen Umweg. Du kannst ganz sicher sein, ich komme wieder. Wo du dich auch herumtreiben wirst, ich werde dich finden; ich fand dich doch sogar in den rauchenden Trümmern, als von dir kaum mehr etwas zu sehen war, weißt du noch?
    Da versuchte ich einen verstohlenen Blick auf Suru zu werfen. Ich blickte über meine verwundete Schulter zurück. Er war so nah wie damals und nahm wiederden halben Himmel ein. Nur trug er auf seinem Kopf nicht das Büschel rötlicher Ruten, sondern noch immer das Kreuz mit dem funkelnden Knauf.   – Das wird sich geben, vertröstete mich Suru, als habe er meine Gedanken vernommen.   – Das kalte blitzende Ding wird verschwinden. Du musst nur Geduld mit mir haben, es geht nicht von heute auf morgen.
    Ich war taumelig vom Umsehen und es wurde mir nun schwer, mit Suru Schritt zu halten. Er drängte hinter mir.
    Ich kann nicht mehr, sagte ich ohne Atem, du bist zu rasch.
    Suru entschuldigte sich mit dem weiten Weg, der vor ihm lag.   – Geh nur beiseite! Setz dich an
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