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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen
Autoren: Fritz Mertens
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»Ja, sie können mir mal den Wagen zuschließen und mir die Türe zum Eingang aufmachen, damit es schneller geht«, entgegnete Pappa. Der Fremde tat das, was Pappa zu ihm sagte und verschwand dann wieder, bevor Pappa sich bei ihm bedanken konnte für seine Hilfe. Oben im Wartezimmer im zweiten Stock setzte mich Pappa dann auf einen Stuhl und er selbst stellte sich neben mich, weil das Wartezimmer fast voll war, und er in meiner Nähe bleiben wollte. Ich angelte mir ein Asterixheft vom Tisch, der vor mir stand und begann darin zu blättern, damit keinem meine Nervosität auffiel, und ich mich selber beruhigen konnte damit.
    Der Arzt kam ins Wartezimmer und sah mich dort sitzen, er kam auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen, die ich nahm, und ebenfalls begrüßte er meinen Vater, mit einem kräftigen Guten Morgen.
    »So mein Kleiner, wie geht es uns denn heute, so, wie du aussiehst, nicht schlecht. Ich werde mich beeilen, damit du schnell rankommst und nicht so lange hier sitzen mußt«, erzählte mir der Arzt und verschwand auch gleich wieder im Behandlungszimmer, bevor ich ihm seine Frage beantworten konnte. Pappa schaute mich an und fragte: »Ist der immer so?«
    »Ja«, entgegnete ich kurz. »Ist aber ein netter Arzt, da habe ich schon ganz andere kennengelernt, die machen aus einem einen kompletten Idioten, und fertigen einen ab wie am Fließband, als wenn man eine Waschmaschine wäre in Reparatur.«
    »Ja, er ist schon nett, aber er hat mich schon zweimal eingegipst, was ich nicht gerne habe, aber jetzt hab ich ihn auch schon ein bißchen gerne«, sagte ich zu Pappa.
    Wir warteten ungefähr noch eine halbe Stunde, als die Arzthelferin in den Warteraum kam, einen Rollstuhl vor sich herschob und auf mich zulief. Mein Vater setzte mich wie selbstverständlich in den Stuhl und wir gingen dann zu dritt ins Behandlungszimmer, also Pappa, ich und die Arzthelferin, für die Pappa eine besondere Aufmerksamkeit zu haben schien, wie ich feststellte, denn er sah sie die ganze Zeit an und wäre fast über den kleinen Dackel gestolpert, der in der Nähe der Tür zum Behandlungszimmer lag. Ich widmete dem aber keine Aufmerksamkeit, sondern dachte nur daran, jetzt kann ich bald wieder laufen, der Arzt gibt mir heute bestimmt die Erlaubnis.
    Nun saß ich vor dem Arzt und blickte erwartungsvoll zu ihm auf und bemerkte erst jetzt, daß er bereits mit meinem Vater sprach. Als er fertig war, widmete er sich mir. »So, hast du in der letzten Zeit irgendwelche Beschwerden gehabt? Damit meine ich Schmerzen oder sowas?« fragte der Arzt mich.
    »Nein«, antwortete ich. »Nun dann werden wir dich mal röntgen gehen und dann werde ich nachschauen, was dein Hüftgelenk macht.« Nach dem Röntgen und der Untersuchung saß ich wieder im Behandlungszimmer und wartete auf den Arzt. Als er hereinkam hatte er zwei Krücken unter dem Arm und lächelte mich an. »So, die sind für dich, und damit wirst du jetzt mal ca. drei Wochen herumhüpfen können, bis wir die genauen Tests aus der Klinik haben und wissen, was wir dann machen.« Er drückte mir die Krücken in die Hand und forderte mich auf, einmal mit den Krücken aufzustehen, ohne auf das linke, also das kranke Bein zu stehen. Ich versuchte es und es gelang mir auch einwandfrei. Der Arzt verabschiedete sich von uns und sagte zu mir, als wir schon an der Tür waren, also ich auf dem Arm von meinem Vater, wegen der Treppen: »Junge, Kopf hoch, es wird schon wieder werden, du wirst sehen, bald kannst du wieder laufen, wir machen das Beste, um dir zu helfen.« »Danke Herr Doktor, ich weiß es«, entgegnete ich und wir gingen aus der Praxis zu unserem Auto.
    Als ich dann wieder im Auto saß, und mein Vater neben mir, schaute er mir in die Augen und sah wahrscheinlich Tränen darin.
    »Du wirst schon wieder laufen können, wenn du den festen Willen hast und immer das machst, was der Arzt gesagt hat. Zu Hause übst du dann erst einmal, mit den Krücken zu laufen, und du wirst sehen, daß es besser ist als der Rollstuhl, den wir jetzt noch auf die AOK fahren müssen. Und weißt du, was wir dann machen? Wir gehen ein großes Eis essen, und jetzt sei tapfer und weine nicht, ein Mann darf nicht weinen, das sieht nicht gut aus.«
    »Ja, ist in Ordnung, es wird alles wieder gut werden«, antwortete ich, und mein Gesicht sah wieder fröhlicher aus.
    Wir erledigten die ganzen Sachen, die wir noch zu tun hatten, so z. B. Einkaufen, an der Reinigung vorbeifahren und das Eis uns zu Gemüte führen
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