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Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Titel: Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
Autoren: Mari Hannah
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wieder. Aber es war sinnlos. Vor ihr wartete ein riesiges schwarzes Loch. Was auch immer darin war, ihre Nackenhaare sträubten sich. Wie ein enormes Maul, das sie ganz zu verschlingen drohte, schien es eine Art Höhle zu sein, die in den Stein gehauen worden war. Daniels glaubte, hinter sich jemanden gehört zu haben, und fuhr herum, in der Hoffnung zu sehen, wie Cole auf sie zuwatete. Sie hatte sich geirrt. Da war nichts außer völliger Dunkelheit.
    Aber Jessica war hier, Daniels konnte es spüren, genau wie an dem Morgen, als sie auf ihrem Motorrad gesessen und die Landschaft von der Hauptstraße aus abgesucht hatte. Alles, was sie jetzt noch wollte, war, sie zu finden und so schnell wie nur menschenmöglich hier rauszukommen. Sie stolperte vorwärts, bemühte sich, etwas zu sehen, und ihre Augen suchten die Wände nach einem Anzeichen dafür ab, dass kürzlich jemand hier gewesen war, irgendetwas, das sie glauben machen konnte, auf der richtigen Spur zu sein. Aber alles sah aus, als wäre seit Jahrzehnten kein Mensch mehr hier vorbeigekommen.
    Sie ging weiter, hielt sich an den Gurten ihres Rucksacks fest und fragte sich, wie es Cole wohl erging, hoffte, dass er mehr Glück hatte als sie. Ihr Herz klopfte vor schierer Erschöpfung, als sie endlich die Höhle erreichte. Jetzt oder nie. Sie bückte sich und trat ein.
    Auf der anderen Seite konnte sie zum ersten Mal, seit sie die Mine betreten hatte, wieder aufrecht stehen. Es bedurfte all ihrer Willenskraft, um ihren nassen, schmerzenden Körper vom Boden aufzurichten. Aber als sie den Kopf hob und die Taschenlampe hochhielt, gefror ihr das Blut in den Adern.
    Sie stieß ein Röcheln aus.
    Nein!
    Sie trat einen kleinen Schritt zurück und fiel auf die Knie, wodurch sie den Eingang blockierte. Ein Wimmern hallte durch den Raum. Das war nicht Jessica, die da um Hilfe rief, sondern der Klang ihrer eigenen Stimme.
    Zwei Ratten paddelten vorbei, ihre Knopfaugen glühten im Dunkeln. Diesmal zuckte Daniels nicht zusammen, schlug nicht um sich oder schrie. Sie war zu traumatisiert von dem Anblick vor ihr, um ihnen irgendwelche Beachtung zu schenken.
    »Kate!«
    Eine weit entfernte Stimme rief nach ihr.
    Sie klang ruhig, nicht über Gebühr alarmiert, eine Männerstimme, dachte sie. Vielleicht Cole? Die Spezialeinheit? Ob es real war oder ob sie es sich nur einbildete, konnte Daniels nicht sagen. Es kümmerte sie nicht mehr. Sich um Menschen zu sorgen war ihr bisher nie gut bekommen: Mum, Dad, Jo, Jessica … all die Opfer, die davor gestorben waren. Auf verschiedene Arten hatte sie sich um alle gesorgt, um manche persönlich, um andere im Verlauf eines sogenannten Traumberufs.
    Detective bei der Mordkommission zu sein gab ihr manchmal einen Adrenalinschub, meistens aber nicht. Wenn sie ehrlich war, war es den Großteil der Zeit widerlich – gnadenlos, grausam, abstoßend – und ganz und gar unerträglich. Jetzt gerade wollte sie am liebsten ihre Bevollmächtigung zurückgeben und weggehen.
    »Kate?«
    Sie drehte sich um und blickte über die Schulter.
    Im Tunnel blieb Cole urplötzlich stehen, als er sie sah, die Tränen, die ihr über das Gesicht liefen, und die Taschenlampe, die in ihrer blutverschmierten Hand zitterte.
    »Sie wollen da nicht reingehen«, sagte sie sanft.

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    »Sie atmet kaum noch.« Daniels wischte sich die Nase an ihrem durchweichten Ärmel ab und hörte auf zu schniefen. »Wir müssen sie sofort hier rausbringen!«
    »Wollen Sie, dass ich zurückgehe und per Funk Kontakt aufnehme?«
    »Keine Zeit. Holen Sie die Axt raus. Schnell!«
    Sie wandte ihm den Rücken zu und blieb am Eingang der Höhle, womit sie das Innere für Cole verdunkelte, und fragte sich, ob sie ihn hineinlassen sollte. Schließlich war es ein Tatort. Ein wichtiger. Sie schob den Gedanken von sich. Jessica am Leben zu erhalten war ihre oberste Priorität, und sie brauchte seine Hilfe. Um das Sichern von Spuren und Beweismaterial konnte sie sich später kümmern.
    Cole machte ihren Rucksack wieder zu und blies auf seine Hände.
    Daniels drehte sich um. »Sind Sie bereit?«, fragte sie.
    Er sah zwar nicht bereit aus, nickte aber trotzdem.
    Sie krochen in den Raum, Daniels voran.
    Als sie dann aufrecht standen, leuchtete sie mit der Taschenlampe die Wand an.
    Coles Reaktion war vorhersehbar für einen Zivilisten, der nie zuvor eine so schreckliche Szene erblickt hatte. Daniels hatte das bereits hinter sich, leider. Einen Augenblick lang stand er da und konnte seine Augen nicht von dem
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