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Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Titel: Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
Autoren: Mari Hannah
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abwenden, was im Grunde eine makabre Kreuzigung war. Er zitterte vor Kälte und wegen des Schocks, und seine blauen Lippen sahen in dem dunklen Raum schwarz aus. Sie zogen sich an den Winkeln herunter, als er darum kämpfte, seine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Aus erster Hand zu sehen, welche Grausamkeit ein Mensch einem anderen zuzufügen imstande war, war immer am schwersten zu ertragen.
    Er wandte den Blick ab, richtete ihn auf die Taschenlampe und seine Aufmerksamkeit auf Daniels.
    Er brauchte einen Moment, um Worte zu finden …
    »Ich habe in der Armee schon eine Menge Scheiße gesehen, aber ich muss Ihnen sagen …«
    Seine Stimme verlor sich.
    Es herrschte unheimliche Stille, abgesehen von dem Tropfen des Wassers über ihnen. Cole war übel von dem, was er gesehen hatte, und er ließ den Kopf eine Sekunde lang hängen. Dann sah er auf und ließ eine Tirade von Schimpfwörtern los, wütend darüber, dass der Mann, der für Jessicas Gefangenschaft verantwortlich war, sich feige davongemacht hatte und sich nicht der Justiz stellen musste. Daniels stimmte ihm zu, gab aber keinen Kommentar ab, zeigte nur auf die Axt in seiner Armbeuge.
    »Ich schütze ihre Hände, Sie holen sie runter.«
    »Nein, warten Sie! Ich muss zuerst noch was machen.«
    Dann begann Cole zu handeln und verbannte jeden Gedanken an Makepeace aus seinem Bewusstsein. Er hatte eine Aufgabe und durfte keine Zeit verschwenden. Er gab ihr seine Taschenlampe und nahm die Arme aus den Schlaufen seines eigenen Rucksacks. Daniels widersprach nicht, hielt nur die Taschenlampe auf ihn gerichtet und ging auf das Mädchen zu.
    Jessicas ausgemergelter Körper hing von den Ketten, die sie fesselten. Ihr Kopf hing schlaff zur Seite, auf ihrem Gesicht lag ein gequälter Ausdruck. Sie sah aus wie tot. Daniels legte ihr sanft zwei Finger an den Hals, spürte einen schwachen Puls und sprach ein paar ermutigende Worte in der Hoffnung, dass sie sie hörte. Komapatienten hatten berichtet, dass sie die Stimmen ihrer Angehörigen gehört hatten. Wenn Jessica wusste, dass man sie nicht im Stich gelassen hatte, könnte das den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
    »Ich hoffe, er schmort in der Hölle.« Cole hatte den Rucksack jetzt offen. »Können Sie das halten?«
    Daniels verließ Jessica, um ihm zu helfen. Unter enormen Schwierigkeiten nahm sie ihm die Tasche ab, wobei ihre verletzte Hand beinahe unter dem Gewicht nachgab. Die Tasche musste über zehn Kilo wiegen. Wie er es geschafft hatte, sie den ganzen Weg vom Eingang bis hierher zu schleppen, war Daniels ein Rätsel.
    Er nahm etwas heraus, das aussah wie eine feste, wasserdichte Tasche und öffnete sie. Darin war ein Block aus gefalteter, fester Plastikplane – orange, gelb und schwarz – und ein paar merkwürdige Blasebälge. Er fing an, hart zu arbeiten, blies auf, was Daniels jetzt als schwimmende Trage erkannte, komplett mit einer Überlebensdecke mit Reißverschluss, um das Opfer warm zu halten. Sie hatte einen Kloß im Hals. »Haben Sie diese Ausrüstung von Ihrem Arbeitgeber gestohlen?«
    Cole tat so, als bemerke er nicht, dass sie den Tränen nahe war.
    »Nee, habe ich auf meinem Weg zu unserem Treffen bei Waitrose mitgenommen. Wollen Sie die Quittung sehen?«
    Daniels gelang ein schwaches Lächeln, bei dem sie Tränen der Erleichterung wegzwinkerte. Cole war ihre allerletzte Hoffnung gewesen, Jessica rechtzeitig zu finden, um ihr Leben zu retten. Er war eingesprungen, wo andere sich hinter Ausflüchten versteckt hätten. Das würde sie ihm nie zurückzahlen können.
    Cole machte eine schwer verdiente Pause. Er war durchnässt und zitterte unkontrolliert. Die Anstrengung, die es brauchte, die Blasebälge zu pumpen, hatte ihn mitgenommen. Er sah ihr in die Augen und begann dann wieder, mit den Armen zu pumpen.
    »Wie zum Teufel schaffen Sie das, Kate?«
    Daniels’ Ton war hart. »Irgendwer muss es ja machen.«
    Und da wusste sie, warum sie es tat. Die kurze Antwort lautete: weil niemand sonst es tun wollte. Jetzt, wo sie ihre Gefühle wieder im Griff hatte, schob sie die Zweifel von sich. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich in Selbstmitleid zu wälzen oder Entscheidungen über ihre künftige Karriere zu treffen. Die Polizei war ihr Leben, das einzige Leben, das lebenswert war, ihrer Meinung nach. Sie wurde häufig verletzt dabei. Aber Verletzungen heilten … irgendwann.
    Sie hoffte, das traf auch auf Jessica zu.
    Cole war jetzt fertig.
    Schweigend lösten sie Jessica aus
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