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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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jemand gefolgt sei.
    Erst im Wohnzimmer wurde er allmählich ruhiger. Er sah das Zeitungsblatt vor sich liegen. Verstört glitten seine Blicke über die schwarzen Lettern, die den Mord an Mark Vereston verkündeten.
    „Hast du etwas damit zu tun?“, fragte Richard Donally hastig. Sein Stiefbruder blieb stumm. Er blickte unruhig in alle Ecken des behaglich eingerichteten Raumes. Dabei machte er den Eindruck, als würde ihm der Boden unter den Füßen brennen. In seinen Augen, seinen Mundwinkeln und Händen war ein verräterisches Zucken.
    „Hast du Angst?“, fragte Richard Donally besorgt. „Fürchtest du das gleiche Schicksal zu erleiden wie Mark Vereston? Schleppst du irgendein tödliches Geheimnis mit dir herum?“
    Es dauerte lange, bis Irving Bacon endlich die Kraft fand, dem anderen Rede und Antwort zu stehen. Über sein fahles Gesicht wanderten dunkle Schatten. Seine Blicke irrten ins Leere. „Bisher“, stammelte er, „hat die Polizei den Mord vertuscht, der sich während unserer Reise in Brasilien ereignete. Man wollte die schmutzige Geschichte nicht an die große Glocke hängen. Die Nachforschungen sollten in aller Stille betrieben werden. Aber das wird nun nicht mehr gehen. Die Presse hat Wind davon beikommen. Man wird uns ins Licht der Öffentlichkeit zerren und uns mit endlosen Verhören quälen, bis wir ein Geständnis ablegen.“
    „Welches Geständnis?“, fragte Richard Donally kopfschüttelnd.
    „Hast du denn auch Blut an deinen Händen? Bist es am Ende du gewesen, der Mark Vereston . . . ?“
    Irving Bacon vergrub stöhnend den Kopf in den Armen. Rasselnde Atemzüge kamen, aus seiner Brust. Er war weit weg mit seinen Gedanken. Seine Erinnerung war wieder bei jener Reise, die sie alle in diese entsetzliche Katastrophe geführt hatte.
    „Wir waren damals“, begann er tonlos zu berichten, „auf einer Farm in der Nähe des Amazonenstroms untergebracht. Diese Farm gehörte einem britischen Auswanderer, der es in Brasilien zu Reichtum und Ansehen gebracht hatte. Er rechnete es sich zur Ehre an, die sieben Abgeordneten aus London aufs Beste zu beherbergen und zu bewirten.“
    „Und?“, fragte Richard Donally heiser.
    „Dieser Mr. Garden, wie er hieß, ließ es uns an nichts fehlen. Wir weilten während unserer ganzen Reise auf seinen Besitzungen. Er hatte riesige Treibhäuser, Plantagen und Zuchtpflanzungen. Vierzehn Tage lang waren wir bei ihm, bis dann am Vorabend unserer Rückreise dieser entsetzliche Mord passierte . . .“
    „Ich weiß nichts von diesem Mord“, sagte Richard Donally gepreßt. „Man hat bisher kein Wort in den Zeitungen gelesen. Könntest du dich nicht näher erklären?“
    Irving Bacon brauchte lange, bis er endlich wieder einen neuen Anfang fand. „An diesem Vorabend unserer Rückreise“, stammelte er, „gab Mr. Garden ein kleines Fest für uns. Außer den Abgeordneten war niemand weiter geladen. Nur seine Frau und seine Tochter waren mit dabei. Zwei wundervolle Frauen, die man für Schwestern hätte halten können. Sie wurden von uns verehrt und bewundert und . . .“
    „Und?“
    „Da waren einige unter uns, die Melanie Garden, die Frau Mr. Garden, noch von London her kannten. Sie war früher Sängerin am Royal-Theater gewesen. In Brasilien gefiel es ihr nur wenig. Sie sehnte sich zurück nach London. Deshalb widmete sie auch ihren Besuchern alle Aufmerksamkeit, und einigen von uns schenkte sie vielleicht mehr Gunst, als es die Höflichkeit vorschrieb. Vor allem zeichnete sie William Dudley besonders aus. Sie war oft stundenlang mit ihm allein zusammen...“
    „Was geschah an diesem letzten Abend?“, fragte Richard Donally in atemloser Hast.
    Irving Bacon zuckte verstört mit den Schultern. „Mr. Garden wurde ermordet, während er draußen auf der Terrasse seines Hauses stand. Es war ein tückischer, lautloser Mord mit einer schallgedämpften Pistole.“
    „Und der Täter?“
    „Der Täter war einer von uns. Hätte ich es damals noch bezweifelt, so wäre ich nach dem Mord an Mark Vereston vollkommen sicher gewesen. Der Täter, der damals so schurkisch handelte, fürchtet seine Mitwisser und Zeugen. Er will sie beseitigen. Er will sie zum Schweigen bringen. Mark Vereston war der erste . . .“
    „Kennst du den Täter? Oder hast du einen gewissen Verdacht?“
    Irving Bacon antwortete mit einem erstickten Stöhnen. Er schweifte ab. Er überging die Frage. „Wir wurden zwei Tage von der brasilianischen Polizei festgehalten und vernommen. Dann ließ man uns
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